"Nun, das läßt sich hören. Schicken Sie mir Johanna."
"Gnäd'ge Frau haben befohlen."
"Ja, Johanna. Ich will zu Bett gehen. Es ist eigentlich noch früh. Aber ich bin so allein. Bitte, thun Sie den Brief erst ein, und wenn Sie wieder da sind, nun, dann wird es wohl Zeit sein. Und wenn auch nicht."
Effi nahm die Lampe und ging in ihr Schlaf¬ zimmer hinüber. Richtig, auf der Binsenmatte lag Rollo. Als er Effi kommen sah, erhob er sich, um den Platz frei zu geben, und strich mit seinem Be¬ hang an ihrer Hand hin. Dann legte er sich wieder nieder.
Johanna war inzwischen nach dem Landratsamt hinübergegangen, um da den Brief einzustecken. Sie hatte sich drüben nicht sonderlich beeilt, vielmehr vor¬ gezogen, mit der Frau Paaschen, des Amtsdieners Frau, ein Gespräch zu führen. Natürlich über die junge Frau.
"Wie ist sie denn?" fragte die Paaschen.
"Sehr jung ist sie."
"Nun, das ist kein Unglück, eher umgekehrt.
Effi Brieſt
„Wie ſpät iſt es, Friedrich?“
„Es geht auf neun, gnäd'ge Frau.“
„Nun, das läßt ſich hören. Schicken Sie mir Johanna.“
„Gnäd'ge Frau haben befohlen.“
„Ja, Johanna. Ich will zu Bett gehen. Es iſt eigentlich noch früh. Aber ich bin ſo allein. Bitte, thun Sie den Brief erſt ein, und wenn Sie wieder da ſind, nun, dann wird es wohl Zeit ſein. Und wenn auch nicht.“
Effi nahm die Lampe und ging in ihr Schlaf¬ zimmer hinüber. Richtig, auf der Binſenmatte lag Rollo. Als er Effi kommen ſah, erhob er ſich, um den Platz frei zu geben, und ſtrich mit ſeinem Be¬ hang an ihrer Hand hin. Dann legte er ſich wieder nieder.
Johanna war inzwiſchen nach dem Landratsamt hinübergegangen, um da den Brief einzuſtecken. Sie hatte ſich drüben nicht ſonderlich beeilt, vielmehr vor¬ gezogen, mit der Frau Paaſchen, des Amtsdieners Frau, ein Geſpräch zu führen. Natürlich über die junge Frau.
„Wie iſt ſie denn?“ fragte die Paaſchen.
„Sehr jung iſt ſie.“
„Nun, das iſt kein Unglück, eher umgekehrt.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="118"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw><p>„Wie ſpät iſt es, Friedrich?“</p><lb/><p>„Es geht auf neun, gnäd'ge Frau.“</p><lb/><p>„Nun, das läßt ſich hören. Schicken Sie mir<lb/>
Johanna.“</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>„Gnäd'ge Frau haben befohlen.“</p><lb/><p>„Ja, Johanna. Ich will zu Bett gehen. Es<lb/>
iſt eigentlich noch früh. Aber ich bin ſo allein.<lb/>
Bitte, thun Sie den Brief erſt ein, und wenn Sie<lb/>
wieder da ſind, nun, dann wird es wohl Zeit ſein.<lb/>
Und wenn auch nicht.“</p><lb/><p>Effi nahm die Lampe und ging in ihr Schlaf¬<lb/>
zimmer hinüber. Richtig, auf der Binſenmatte lag<lb/>
Rollo. Als er Effi kommen ſah, erhob er ſich, um<lb/>
den Platz frei zu geben, und ſtrich mit ſeinem Be¬<lb/>
hang an ihrer Hand hin. Dann legte er ſich wieder<lb/>
nieder.</p><lb/><p>Johanna war inzwiſchen nach dem Landratsamt<lb/>
hinübergegangen, um da den Brief einzuſtecken. Sie<lb/>
hatte ſich drüben nicht ſonderlich beeilt, vielmehr vor¬<lb/>
gezogen, mit der Frau Paaſchen, des Amtsdieners<lb/>
Frau, ein Geſpräch zu führen. Natürlich über die<lb/>
junge Frau.</p><lb/><p>„Wie iſt ſie denn?“ fragte die Paaſchen.</p><lb/><p>„Sehr jung iſt ſie.“</p><lb/><p>„Nun, das iſt kein Unglück, eher umgekehrt.<lb/></p></div></body></text></TEI>
[118/0127]
Effi Brieſt
„Wie ſpät iſt es, Friedrich?“
„Es geht auf neun, gnäd'ge Frau.“
„Nun, das läßt ſich hören. Schicken Sie mir
Johanna.“
„Gnäd'ge Frau haben befohlen.“
„Ja, Johanna. Ich will zu Bett gehen. Es
iſt eigentlich noch früh. Aber ich bin ſo allein.
Bitte, thun Sie den Brief erſt ein, und wenn Sie
wieder da ſind, nun, dann wird es wohl Zeit ſein.
Und wenn auch nicht.“
Effi nahm die Lampe und ging in ihr Schlaf¬
zimmer hinüber. Richtig, auf der Binſenmatte lag
Rollo. Als er Effi kommen ſah, erhob er ſich, um
den Platz frei zu geben, und ſtrich mit ſeinem Be¬
hang an ihrer Hand hin. Dann legte er ſich wieder
nieder.
Johanna war inzwiſchen nach dem Landratsamt
hinübergegangen, um da den Brief einzuſtecken. Sie
hatte ſich drüben nicht ſonderlich beeilt, vielmehr vor¬
gezogen, mit der Frau Paaſchen, des Amtsdieners
Frau, ein Geſpräch zu führen. Natürlich über die
junge Frau.
„Wie iſt ſie denn?“ fragte die Paaſchen.
„Sehr jung iſt ſie.“
„Nun, das iſt kein Unglück, eher umgekehrt.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/127>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.