Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.Effi Briest und Datteln, Chokoladentafeln in Satineepapier undein rotes Bändchen drum, und wenn etwas be¬ sonders Schönes in seinem Treibhaus blühte, so brachte er es selbst und hatte dann eine glückliche Plauderstunde mit der ihm so sympathischen jungen Frau, für die er alle schönen Liebesgefühle durch- und nebeneinander hatte, die des Vaters und Onkels, des Lehrers und Verehrers. Effi war gerührt von dem allen und schrieb öfters darüber nach Hohen- Cremmen, so daß die Mama sie mit ihrer "Liebe zum Alchymisten" zu necken begann; aber diese wohl¬ gemeinten Neckereien verfehlten ihren Zweck, ja be¬ rührten sie beinahe schmerzlich, weil ihr, wenn auch un¬ klar, dabei zum Bewußtsein kam, was ihr in ihrer Ehe eigentlich fehlte: Huldigungen, Anregungen, kleine Aufmerksamkeiten. Innstetten war lieb und gut, aber ein Liebhaber war er nicht. Er hatte das Ge¬ fühl, Effi zu lieben, und das gute Gewissen, daß es so sei, ließ ihn von besonderen Anstrengungen absehen. Es war fast zur Regel geworden, daß er sich, wenn Friedrich die Lampe brachte, aus seiner Frau Zimmer in sein eigenes zurückzog. "Ich habe da noch eine verzwickte Geschichte zu erledigen." Und damit ging er. Die Portiere blieb freilich zurückgeschlagen, so daß Effi das Blättern in dem Aktenstück oder das Kritzeln seiner Feder hören konnte, aber das war auch Effi Brieſt und Datteln, Chokoladentafeln in Satineepapier undein rotes Bändchen drum, und wenn etwas be¬ ſonders Schönes in ſeinem Treibhaus blühte, ſo brachte er es ſelbſt und hatte dann eine glückliche Plauderſtunde mit der ihm ſo ſympathiſchen jungen Frau, für die er alle ſchönen Liebesgefühle durch- und nebeneinander hatte, die des Vaters und Onkels, des Lehrers und Verehrers. Effi war gerührt von dem allen und ſchrieb öfters darüber nach Hohen- Cremmen, ſo daß die Mama ſie mit ihrer „Liebe zum Alchymiſten“ zu necken begann; aber dieſe wohl¬ gemeinten Neckereien verfehlten ihren Zweck, ja be¬ rührten ſie beinahe ſchmerzlich, weil ihr, wenn auch un¬ klar, dabei zum Bewußtſein kam, was ihr in ihrer Ehe eigentlich fehlte: Huldigungen, Anregungen, kleine Aufmerkſamkeiten. Innſtetten war lieb und gut, aber ein Liebhaber war er nicht. Er hatte das Ge¬ fühl, Effi zu lieben, und das gute Gewiſſen, daß es ſo ſei, ließ ihn von beſonderen Anſtrengungen abſehen. Es war faſt zur Regel geworden, daß er ſich, wenn Friedrich die Lampe brachte, aus ſeiner Frau Zimmer in ſein eigenes zurückzog. „Ich habe da noch eine verzwickte Geſchichte zu erledigen.“ Und damit ging er. Die Portiere blieb freilich zurückgeſchlagen, ſo daß Effi das Blättern in dem Aktenſtück oder das Kritzeln ſeiner Feder hören konnte, aber das war auch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0183" n="174"/><fw place="top" type="header">Effi Brieſt<lb/></fw> und Datteln, Chokoladentafeln in Satineepapier und<lb/> ein rotes Bändchen drum, und wenn etwas be¬<lb/> ſonders Schönes in ſeinem Treibhaus blühte, ſo<lb/> brachte er es ſelbſt und hatte dann eine glückliche<lb/> Plauderſtunde mit der ihm ſo ſympathiſchen jungen<lb/> Frau, für die er alle ſchönen Liebesgefühle durch-<lb/> und nebeneinander hatte, die des Vaters und Onkels,<lb/> des Lehrers und Verehrers. Effi war gerührt von<lb/> dem allen und ſchrieb öfters darüber nach Hohen-<lb/> Cremmen, ſo daß die Mama ſie mit ihrer „Liebe<lb/> zum Alchymiſten“ zu necken begann; aber dieſe wohl¬<lb/> gemeinten Neckereien verfehlten ihren Zweck, ja be¬<lb/> rührten ſie beinahe ſchmerzlich, weil ihr, wenn auch un¬<lb/> klar, dabei zum Bewußtſein kam, was ihr in ihrer<lb/> Ehe eigentlich fehlte: Huldigungen, Anregungen, kleine<lb/> Aufmerkſamkeiten. Innſtetten war lieb und gut,<lb/> aber ein Liebhaber war er nicht. Er hatte das Ge¬<lb/> fühl, Effi zu lieben, und das gute Gewiſſen, daß es<lb/> ſo ſei, ließ ihn von beſonderen Anſtrengungen abſehen.<lb/> Es war faſt zur Regel geworden, daß er ſich, wenn<lb/> Friedrich die Lampe brachte, aus ſeiner Frau Zimmer<lb/> in ſein eigenes zurückzog. „Ich habe da noch eine<lb/> verzwickte Geſchichte zu erledigen.“ Und damit ging<lb/> er. Die Portiere blieb freilich zurückgeſchlagen, ſo<lb/> daß Effi das Blättern in dem Aktenſtück oder das<lb/> Kritzeln ſeiner Feder hören konnte, aber das war auch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [174/0183]
Effi Brieſt
und Datteln, Chokoladentafeln in Satineepapier und
ein rotes Bändchen drum, und wenn etwas be¬
ſonders Schönes in ſeinem Treibhaus blühte, ſo
brachte er es ſelbſt und hatte dann eine glückliche
Plauderſtunde mit der ihm ſo ſympathiſchen jungen
Frau, für die er alle ſchönen Liebesgefühle durch-
und nebeneinander hatte, die des Vaters und Onkels,
des Lehrers und Verehrers. Effi war gerührt von
dem allen und ſchrieb öfters darüber nach Hohen-
Cremmen, ſo daß die Mama ſie mit ihrer „Liebe
zum Alchymiſten“ zu necken begann; aber dieſe wohl¬
gemeinten Neckereien verfehlten ihren Zweck, ja be¬
rührten ſie beinahe ſchmerzlich, weil ihr, wenn auch un¬
klar, dabei zum Bewußtſein kam, was ihr in ihrer
Ehe eigentlich fehlte: Huldigungen, Anregungen, kleine
Aufmerkſamkeiten. Innſtetten war lieb und gut,
aber ein Liebhaber war er nicht. Er hatte das Ge¬
fühl, Effi zu lieben, und das gute Gewiſſen, daß es
ſo ſei, ließ ihn von beſonderen Anſtrengungen abſehen.
Es war faſt zur Regel geworden, daß er ſich, wenn
Friedrich die Lampe brachte, aus ſeiner Frau Zimmer
in ſein eigenes zurückzog. „Ich habe da noch eine
verzwickte Geſchichte zu erledigen.“ Und damit ging
er. Die Portiere blieb freilich zurückgeſchlagen, ſo
daß Effi das Blättern in dem Aktenſtück oder das
Kritzeln ſeiner Feder hören konnte, aber das war auch
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