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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
mit seiner Million Unterbilanz, gestatten Sie mir
diese kleine Renommage, unsereins kann sich so 'was
ohne Furcht vor der Götter Eifersucht erlauben.
Und dann muß einen das Sprichwort trösten: ,Wer
für den Strick geboren ist, kann im Wasser nicht
umkommen'."

"Aber, Major, Sie werden sich doch nicht etwas
so Urprosaisches, ich möchte beinah' sagen an den
Hals reden wollen. Allerdings glauben manche,
daß ... ich meine das, wovon Sie eben gesprochen
haben ... daß ihn jeder mehr oder weniger verdiene.
Trotzdem, Major ... für einen Major ..."

"... Ist es keine herkömmliche Todesart. Zu¬
gegeben, meine Gnädigste. Nicht herkömmlich und
in meinem Falle auch nicht einmal sehr wahr¬
scheinlich -- also alles bloß Citat oder noch richtiger
facon de parler. Und doch steckt etwas Aufrichtig¬
gemeintes dahinter, wenn ich da eben sagte, die See
werde mir nichts anhaben. Es steht mir nämlich
fest, daß ich einen richtigen und hoffentlich ehrlichen
Soldatentod sterben werde. Zunächst bloß Zigeuner¬
prophezeiung, aber mit Resonanz im eigenen Ge¬
wissen."

Innstetten lachte. "Das wird seine Schwierig¬
keiten haben, Crampas, wenn Sie nicht vorhaben,
beim Großtürken oder unterm chinesischen Drachen

Effi Brieſt
mit ſeiner Million Unterbilanz, geſtatten Sie mir
dieſe kleine Renommage, unſereins kann ſich ſo 'was
ohne Furcht vor der Götter Eiferſucht erlauben.
Und dann muß einen das Sprichwort tröſten: ,Wer
für den Strick geboren iſt, kann im Waſſer nicht
umkommen‘.“

„Aber, Major, Sie werden ſich doch nicht etwas
ſo Urproſaiſches, ich möchte beinah' ſagen an den
Hals reden wollen. Allerdings glauben manche,
daß … ich meine das, wovon Sie eben geſprochen
haben … daß ihn jeder mehr oder weniger verdiene.
Trotzdem, Major … für einen Major …“

„… Iſt es keine herkömmliche Todesart. Zu¬
gegeben, meine Gnädigſte. Nicht herkömmlich und
in meinem Falle auch nicht einmal ſehr wahr¬
ſcheinlich — alſo alles bloß Citat oder noch richtiger
façon de parler. Und doch ſteckt etwas Aufrichtig¬
gemeintes dahinter, wenn ich da eben ſagte, die See
werde mir nichts anhaben. Es ſteht mir nämlich
feſt, daß ich einen richtigen und hoffentlich ehrlichen
Soldatentod ſterben werde. Zunächſt bloß Zigeuner¬
prophezeiung, aber mit Reſonanz im eigenen Ge¬
wiſſen.“

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[213/0222] Effi Brieſt mit ſeiner Million Unterbilanz, geſtatten Sie mir dieſe kleine Renommage, unſereins kann ſich ſo 'was ohne Furcht vor der Götter Eiferſucht erlauben. Und dann muß einen das Sprichwort tröſten: ,Wer für den Strick geboren iſt, kann im Waſſer nicht umkommen‘.“ „Aber, Major, Sie werden ſich doch nicht etwas ſo Urproſaiſches, ich möchte beinah' ſagen an den Hals reden wollen. Allerdings glauben manche, daß … ich meine das, wovon Sie eben geſprochen haben … daß ihn jeder mehr oder weniger verdiene. Trotzdem, Major … für einen Major …“ „… Iſt es keine herkömmliche Todesart. Zu¬ gegeben, meine Gnädigſte. Nicht herkömmlich und in meinem Falle auch nicht einmal ſehr wahr¬ ſcheinlich — alſo alles bloß Citat oder noch richtiger façon de parler. Und doch ſteckt etwas Aufrichtig¬ gemeintes dahinter, wenn ich da eben ſagte, die See werde mir nichts anhaben. Es ſteht mir nämlich feſt, daß ich einen richtigen und hoffentlich ehrlichen Soldatentod ſterben werde. Zunächſt bloß Zigeuner¬ prophezeiung, aber mit Reſonanz im eigenen Ge¬ wiſſen.“ Innſtetten lachte. „Das wird ſeine Schwierig¬ keiten haben, Crampas, wenn Sie nicht vorhaben, beim Großtürken oder unterm chineſiſchen Drachen

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/222>, abgerufen am 14.05.2024.