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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
Dienste zu nehmen. Da schlägt man sich jetzt herum.
Hier ist die Geschichte, glauben Sie mir, auf dreißig
Jahre vorbei, und wer seinen Soldatentod sterben
will ..."

"... Der muß sich erst bei Bismarck einen
Krieg bestellen. Weiß ich alles, Innstetten. Aber
das ist doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben
wir Ende September; in zehn Wochen spätestens ist
der Fürst wieder in Varzin, und da er ein liking
für Sie hat -- mit der volkstümlicheren Wendung
will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren
Pistolenlauf zu kommen -- so werden Sie einem
alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein
bißchen Krieg besorgen können. Der Fürst ist auch
nur ein Mensch, und Zureden hilft."

Effi hatte während dieses Gesprächs einige
Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte sie
zu Figuren zusammen, um so anzuzeigen, daß ihr
ein Wechsel des Themas wünschenswert wäre. Trotz¬
dem schien Innstetten auf Crampas scherzhafte Be¬
merkungen antworten zu wollen, was denn Effi
bestimmte, lieber direkt einzugreifen. "Ich sehe nicht
ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart
beschäftigen sollen; das Leben ist uns näher und
zunächst auch eine viel ernstere Sache."

Crampas nickte.

Effi Brieſt
Dienſte zu nehmen. Da ſchlägt man ſich jetzt herum.
Hier iſt die Geſchichte, glauben Sie mir, auf dreißig
Jahre vorbei, und wer ſeinen Soldatentod ſterben
will …“

„… Der muß ſich erſt bei Bismarck einen
Krieg beſtellen. Weiß ich alles, Innſtetten. Aber
das iſt doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben
wir Ende September; in zehn Wochen ſpäteſtens iſt
der Fürſt wieder in Varzin, und da er ein liking
für Sie hat — mit der volkstümlicheren Wendung
will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren
Piſtolenlauf zu kommen — ſo werden Sie einem
alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein
bißchen Krieg beſorgen können. Der Fürſt iſt auch
nur ein Menſch, und Zureden hilft.“

Effi hatte während dieſes Geſprächs einige
Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte ſie
zu Figuren zuſammen, um ſo anzuzeigen, daß ihr
ein Wechſel des Themas wünſchenswert wäre. Trotz¬
dem ſchien Innſtetten auf Crampas ſcherzhafte Be¬
merkungen antworten zu wollen, was denn Effi
beſtimmte, lieber direkt einzugreifen. „Ich ſehe nicht
ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart
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[214/0223] Effi Brieſt Dienſte zu nehmen. Da ſchlägt man ſich jetzt herum. Hier iſt die Geſchichte, glauben Sie mir, auf dreißig Jahre vorbei, und wer ſeinen Soldatentod ſterben will …“ „… Der muß ſich erſt bei Bismarck einen Krieg beſtellen. Weiß ich alles, Innſtetten. Aber das iſt doch für Sie eine Kleinigkeit. Jetzt haben wir Ende September; in zehn Wochen ſpäteſtens iſt der Fürſt wieder in Varzin, und da er ein liking für Sie hat — mit der volkstümlicheren Wendung will ich zurückhalten, um nicht direkt vor Ihren Piſtolenlauf zu kommen — ſo werden Sie einem alten Kameraden von Vionville her doch wohl ein bißchen Krieg beſorgen können. Der Fürſt iſt auch nur ein Menſch, und Zureden hilft.“ Effi hatte während dieſes Geſprächs einige Brotkügelchen gedreht, würfelte damit und legte ſie zu Figuren zuſammen, um ſo anzuzeigen, daß ihr ein Wechſel des Themas wünſchenswert wäre. Trotz¬ dem ſchien Innſtetten auf Crampas ſcherzhafte Be¬ merkungen antworten zu wollen, was denn Effi beſtimmte, lieber direkt einzugreifen. „Ich ſehe nicht ein, Major, warum wir uns mit Ihrer Todesart beſchäftigen ſollen; das Leben iſt uns näher und zunächſt auch eine viel ernſtere Sache.“ Crampas nickte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 214. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/223>, abgerufen am 25.11.2024.