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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Das ist recht, daß Sie mir recht geben. Wie
soll man hier leben? Das ist vorläufig die Frage,
das ist wichtiger als alles andere. Gieshübler hat
mir darüber geschrieben, und wenn es nicht indiskret
und eitel wäre, denn es steht noch allerlei nebenher
darin, so zeigte ich Ihnen den Brief ... Innstetten
braucht ihn nicht zu lesen, der hat keinen Sinn für
dergleichen ... beiläufig eine Handschrift wie ge¬
stochen und Ausdrucksformen, als wäre unser Freund
statt am Kessiner Alten-Markt an einem altfranzö¬
sischen Hofe erzogen. Und daß er verwachsen ist
und weiße Jabots trägt wie kein anderer Mensch
mehr -- ich weiß nur nicht, wo er die Plätterin
hernimmt -- das paßt alles so vorzüglich. Nun,
also Gieshübler hat mir von Plänen für die Res¬
sourcenabende geschrieben und von einem Entrepreneur,
Namens Crampas. Sehen Sie, Major, das gefällt
mir besser als der Soldatentod oder gar der andere."

"Mir persönlich nicht minder. Und es muß
ein Prachtwinter werden, wenn wir uns der Unter¬
stützung der gnädigen Frau versichert halten dürfen.
Die Trippelli kommt ..."

"Die Trippelli? Dann bin ich überflüssig."

"Mit nichten, gnädigste Frau. Die Trippelli
kann nicht von Sonntag bis wieder Sonntag singen,
es wäre zu viel für sie und für uns; Abwechslung

Effi Brieſt

„Das iſt recht, daß Sie mir recht geben. Wie
ſoll man hier leben? Das iſt vorläufig die Frage,
das iſt wichtiger als alles andere. Gieshübler hat
mir darüber geſchrieben, und wenn es nicht indiskret
und eitel wäre, denn es ſteht noch allerlei nebenher
darin, ſo zeigte ich Ihnen den Brief … Innſtetten
braucht ihn nicht zu leſen, der hat keinen Sinn für
dergleichen … beiläufig eine Handſchrift wie ge¬
ſtochen und Ausdrucksformen, als wäre unſer Freund
ſtatt am Keſſiner Alten-Markt an einem altfranzö¬
ſiſchen Hofe erzogen. Und daß er verwachſen iſt
und weiße Jabots trägt wie kein anderer Menſch
mehr — ich weiß nur nicht, wo er die Plätterin
hernimmt — das paßt alles ſo vorzüglich. Nun,
alſo Gieshübler hat mir von Plänen für die Reſ¬
ſourcenabende geſchrieben und von einem Entrepreneur,
Namens Crampas. Sehen Sie, Major, das gefällt
mir beſſer als der Soldatentod oder gar der andere.“

„Mir perſönlich nicht minder. Und es muß
ein Prachtwinter werden, wenn wir uns der Unter¬
ſtützung der gnädigen Frau verſichert halten dürfen.
Die Trippelli kommt …“

„Die Trippelli? Dann bin ich überflüſſig.“

„Mit nichten, gnädigſte Frau. Die Trippelli
kann nicht von Sonntag bis wieder Sonntag ſingen,
es wäre zu viel für ſie und für uns; Abwechslung

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[115 [215]/0224] Effi Brieſt „Das iſt recht, daß Sie mir recht geben. Wie ſoll man hier leben? Das iſt vorläufig die Frage, das iſt wichtiger als alles andere. Gieshübler hat mir darüber geſchrieben, und wenn es nicht indiskret und eitel wäre, denn es ſteht noch allerlei nebenher darin, ſo zeigte ich Ihnen den Brief … Innſtetten braucht ihn nicht zu leſen, der hat keinen Sinn für dergleichen … beiläufig eine Handſchrift wie ge¬ ſtochen und Ausdrucksformen, als wäre unſer Freund ſtatt am Keſſiner Alten-Markt an einem altfranzö¬ ſiſchen Hofe erzogen. Und daß er verwachſen iſt und weiße Jabots trägt wie kein anderer Menſch mehr — ich weiß nur nicht, wo er die Plätterin hernimmt — das paßt alles ſo vorzüglich. Nun, alſo Gieshübler hat mir von Plänen für die Reſ¬ ſourcenabende geſchrieben und von einem Entrepreneur, Namens Crampas. Sehen Sie, Major, das gefällt mir beſſer als der Soldatentod oder gar der andere.“ „Mir perſönlich nicht minder. Und es muß ein Prachtwinter werden, wenn wir uns der Unter¬ ſtützung der gnädigen Frau verſichert halten dürfen. Die Trippelli kommt …“ „Die Trippelli? Dann bin ich überflüſſig.“ „Mit nichten, gnädigſte Frau. Die Trippelli kann nicht von Sonntag bis wieder Sonntag ſingen, es wäre zu viel für ſie und für uns; Abwechslung

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 115 [215]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/224>, abgerufen am 25.11.2024.