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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
Spukhaus ist nie 'was Gewöhnliches ... Das ist
das Eine."

"Das Eine? mein Gott, haben Sie noch
etwas?"

"Ja."

"Nun denn, ich bin ganz Ohr. Aber wenn es
sein kann, lassen Sie's 'was Gutes sein."

"Dessen bin ich nicht ganz sicher. Es ist etwas
Heikles, beinah Gewagtes, und ganz besonders vor
Ihren Ohren, gnädigste Frau."

"Das macht mich nur um so neugieriger."

"Gut denn. Also Innstetten, meine gnädigste
Frau, hat außer seinem brennenden Verlangen, es
koste was es wolle, ja, wenn es sein muß unter
Heranziehung eines Spuks, seine Karriere zu machen,
noch eine zweite Passion: er operiert nämlich immer
erzieherisch, ist der geborene Pädagog, und hätte,
links Basedow und rechts Pestalozzi (aber doch kirch¬
licher als beide) eigentlich nach Schnepfenthal oder
Bunzlau hingepaßt."

"Und will er mich auch erziehen? Erziehen
durch Spuk?"

"Erziehen ist vielleicht nicht das richtige Wort.
Aber doch erziehen auf einem Umweg."

"Ich verstehe Sie nicht."

"Eine junge Frau ist eine junge Frau, und ein

Effi Brieſt
Spukhaus iſt nie 'was Gewöhnliches … Das iſt
das Eine.“

„Das Eine? mein Gott, haben Sie noch
etwas?“

„Ja.“

„Nun denn, ich bin ganz Ohr. Aber wenn es
ſein kann, laſſen Sie's 'was Gutes ſein.“

„Deſſen bin ich nicht ganz ſicher. Es iſt etwas
Heikles, beinah Gewagtes, und ganz beſonders vor
Ihren Ohren, gnädigſte Frau.“

„Das macht mich nur um ſo neugieriger.“

„Gut denn. Alſo Innſtetten, meine gnädigſte
Frau, hat außer ſeinem brennenden Verlangen, es
koſte was es wolle, ja, wenn es ſein muß unter
Heranziehung eines Spuks, ſeine Karriere zu machen,
noch eine zweite Paſſion: er operiert nämlich immer
erzieheriſch, iſt der geborene Pädagog, und hätte,
links Baſedow und rechts Peſtalozzi (aber doch kirch¬
licher als beide) eigentlich nach Schnepfenthal oder
Bunzlau hingepaßt.“

„Und will er mich auch erziehen? Erziehen
durch Spuk?“

„Erziehen iſt vielleicht nicht das richtige Wort.
Aber doch erziehen auf einem Umweg.“

„Ich verſtehe Sie nicht.“

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[229/0238] Effi Brieſt Spukhaus iſt nie 'was Gewöhnliches … Das iſt das Eine.“ „Das Eine? mein Gott, haben Sie noch etwas?“ „Ja.“ „Nun denn, ich bin ganz Ohr. Aber wenn es ſein kann, laſſen Sie's 'was Gutes ſein.“ „Deſſen bin ich nicht ganz ſicher. Es iſt etwas Heikles, beinah Gewagtes, und ganz beſonders vor Ihren Ohren, gnädigſte Frau.“ „Das macht mich nur um ſo neugieriger.“ „Gut denn. Alſo Innſtetten, meine gnädigſte Frau, hat außer ſeinem brennenden Verlangen, es koſte was es wolle, ja, wenn es ſein muß unter Heranziehung eines Spuks, ſeine Karriere zu machen, noch eine zweite Paſſion: er operiert nämlich immer erzieheriſch, iſt der geborene Pädagog, und hätte, links Baſedow und rechts Peſtalozzi (aber doch kirch¬ licher als beide) eigentlich nach Schnepfenthal oder Bunzlau hingepaßt.“ „Und will er mich auch erziehen? Erziehen durch Spuk?“ „Erziehen iſt vielleicht nicht das richtige Wort. Aber doch erziehen auf einem Umweg.“ „Ich verſtehe Sie nicht.“ „Eine junge Frau iſt eine junge Frau, und ein

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/238>, abgerufen am 14.05.2024.