sam, er war auch ein Neidhammel, oder wenn das Wort für einen König und noch mehr für meine liebenswürdige Zuhörerin, Frau Effi, nicht recht passen sollte, wenigstens ein Neidling -- so beschloß er, den Kalatrava-Ritter für die heimliche Liebe heimlich hinrichten zu lassen."
"Kann ich ihm nicht verdenken."
"Ich weiß doch nicht, meine Gnädigste. Hören Sie nur weiter. Etwas geht schon, aber es war zu viel, der König, find' ich, ging um ein Erkleckliches zu weit. Er heuchelte nämlich, daß er dem Ritter wegen seiner Kriegs- und Heldenthaten ein Fest ver¬ anstalten wolle, und da gab es denn eine lange, lange Tafel, und alle Granden des Reichs saßen an dieser Tafel, und in der Mitte saß der König, und ihm gegenüber war der Platz für den, dem dies alles galt, also für den Kalatrava-Ritter, für den an diesem Tage zu Feiernden. Und weil Der, trotz¬ dem man schon eine ganze Weile seiner gewartet hatte, noch immer nicht kommen wollte, so mußte schließlich die Festlichkeit ohne ihn begonnen werden, und es blieb ein leerer Platz -- ein leerer Platz gerade gegenüber dem König."
"Und nun?"
"Und nun denken Sie, meine gnädigste Frau, wie der König, dieser Pedro, sich eben erheben will,
Effi Brieſt
ſam, er war auch ein Neidhammel, oder wenn das Wort für einen König und noch mehr für meine liebenswürdige Zuhörerin, Frau Effi, nicht recht paſſen ſollte, wenigſtens ein Neidling — ſo beſchloß er, den Kalatrava-Ritter für die heimliche Liebe heimlich hinrichten zu laſſen.“
„Kann ich ihm nicht verdenken.“
„Ich weiß doch nicht, meine Gnädigſte. Hören Sie nur weiter. Etwas geht ſchon, aber es war zu viel, der König, find' ich, ging um ein Erkleckliches zu weit. Er heuchelte nämlich, daß er dem Ritter wegen ſeiner Kriegs- und Heldenthaten ein Feſt ver¬ anſtalten wolle, und da gab es denn eine lange, lange Tafel, und alle Granden des Reichs ſaßen an dieſer Tafel, und in der Mitte ſaß der König, und ihm gegenüber war der Platz für den, dem dies alles galt, alſo für den Kalatrava-Ritter, für den an dieſem Tage zu Feiernden. Und weil Der, trotz¬ dem man ſchon eine ganze Weile ſeiner gewartet hatte, noch immer nicht kommen wollte, ſo mußte ſchließlich die Feſtlichkeit ohne ihn begonnen werden, und es blieb ein leerer Platz — ein leerer Platz gerade gegenüber dem König.“
„Und nun?“
„Und nun denken Sie, meine gnädigſte Frau, wie der König, dieſer Pedro, ſich eben erheben will,
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Effi Brieſt
ſam, er war auch ein Neidhammel, oder wenn das
Wort für einen König und noch mehr für meine
liebenswürdige Zuhörerin, Frau Effi, nicht recht
paſſen ſollte, wenigſtens ein Neidling — ſo beſchloß
er, den Kalatrava-Ritter für die heimliche Liebe
heimlich hinrichten zu laſſen.“
„Kann ich ihm nicht verdenken.“
„Ich weiß doch nicht, meine Gnädigſte. Hören
Sie nur weiter. Etwas geht ſchon, aber es war zu
viel, der König, find' ich, ging um ein Erkleckliches
zu weit. Er heuchelte nämlich, daß er dem Ritter
wegen ſeiner Kriegs- und Heldenthaten ein Feſt ver¬
anſtalten wolle, und da gab es denn eine lange,
lange Tafel, und alle Granden des Reichs ſaßen an
dieſer Tafel, und in der Mitte ſaß der König, und
ihm gegenüber war der Platz für den, dem dies
alles galt, alſo für den Kalatrava-Ritter, für den
an dieſem Tage zu Feiernden. Und weil Der, trotz¬
dem man ſchon eine ganze Weile ſeiner gewartet
hatte, noch immer nicht kommen wollte, ſo mußte
ſchließlich die Feſtlichkeit ohne ihn begonnen werden,
und es blieb ein leerer Platz — ein leerer Platz
gerade gegenüber dem König.“
„Und nun?“
„Und nun denken Sie, meine gnädigſte Frau,
wie der König, dieſer Pedro, ſich eben erheben will,
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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/251>, abgerufen am 22.11.2024.
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