Kruse wandte sich halb herum und sagte: "Der Schloon, gnäd'ge Frau."
"Der Schloon? Was ist das? Ich sehe nichts."
Kruse wiegte den Kopf hin und her, wie wenn er ausdrücken wollte, daß die Frage leichter gestellt als beantwortet sei. Worin er auch recht hatte. Denn was der Schloon sei, das war nicht so mit drei Worten zu sagen. Kruse fand aber in seiner Verlegenheit alsbald Hülfe bei dem gnädigen Fräulein, das hier mit allem Bescheid wußte und natürlich auch mit dem Schloon.
"Ja, meine gnädigste Frau," sagte Sidonie, "da steht es schlimm. Für mich hat es nicht viel auf sich, ich komme bequem durch; denn wenn erst die Wagen heran sind, die haben hohe Räder, und unsere Pferde sind außerdem daran gewöhnt. Aber mit solchem Schlitten ist es 'was anderes; die ver¬ sinken im Schloon, und Sie werden wohl oder übel einen Umweg machen müssen."
"Versinken! Ich bitte Sie, mein gnädigstes Fräulein, ich sehe noch immer nicht klar. Ist denn der Schloon ein Abgrund oder irgend 'was, drin man mit Mann und Maus zu Grunde gehen muß? Ich kann mir so 'was hier zu Lande gar nicht denken."
"Und doch ist es so 'was, nur freilich im kleinen;
Kruſe wiegte den Kopf hin und her, wie wenn er ausdrücken wollte, daß die Frage leichter geſtellt als beantwortet ſei. Worin er auch recht hatte. Denn was der Schloon ſei, das war nicht ſo mit drei Worten zu ſagen. Kruſe fand aber in ſeiner Verlegenheit alsbald Hülfe bei dem gnädigen Fräulein, das hier mit allem Beſcheid wußte und natürlich auch mit dem Schloon.
„Ja, meine gnädigſte Frau,“ ſagte Sidonie, „da ſteht es ſchlimm. Für mich hat es nicht viel auf ſich, ich komme bequem durch; denn wenn erſt die Wagen heran ſind, die haben hohe Räder, und unſere Pferde ſind außerdem daran gewöhnt. Aber mit ſolchem Schlitten iſt es 'was anderes; die ver¬ ſinken im Schloon, und Sie werden wohl oder übel einen Umweg machen müſſen.“
„Verſinken! Ich bitte Sie, mein gnädigſtes Fräulein, ich ſehe noch immer nicht klar. Iſt denn der Schloon ein Abgrund oder irgend 'was, drin man mit Mann und Maus zu Grunde gehen muß? Ich kann mir ſo 'was hier zu Lande gar nicht denken.“
„Und doch iſt es ſo 'was, nur freilich im kleinen;
18 *
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0284"n="275"/><fwplace="top"type="header">Effi Brieſt<lb/></fw><p>Kruſe wandte ſich halb herum und ſagte: „Der<lb/>
Schloon, gnäd'ge Frau.“</p><lb/><p>„Der Schloon? Was iſt das? Ich ſehe nichts.“</p><lb/><p>Kruſe wiegte den Kopf hin und her, wie wenn<lb/>
er ausdrücken wollte, daß die Frage leichter geſtellt<lb/>
als beantwortet ſei. Worin er auch recht hatte.<lb/>
Denn was der Schloon ſei, das war nicht ſo mit<lb/>
drei Worten zu ſagen. Kruſe fand aber in ſeiner<lb/>
Verlegenheit alsbald Hülfe bei dem gnädigen Fräulein,<lb/>
das hier mit allem Beſcheid wußte und natürlich<lb/>
auch mit dem Schloon.</p><lb/><p>„Ja, meine gnädigſte Frau,“ſagte Sidonie,<lb/>„da ſteht es ſchlimm. Für mich hat es nicht viel<lb/>
auf ſich, ich komme bequem durch; denn wenn erſt<lb/>
die Wagen heran ſind, die haben hohe Räder, und<lb/>
unſere Pferde ſind außerdem daran gewöhnt. Aber<lb/>
mit ſolchem Schlitten iſt es 'was anderes; die ver¬<lb/>ſinken im Schloon, und Sie werden wohl oder übel<lb/>
einen Umweg machen müſſen.“</p><lb/><p>„Verſinken! Ich bitte Sie, mein gnädigſtes<lb/>
Fräulein, ich ſehe noch immer nicht klar. Iſt denn<lb/>
der Schloon ein Abgrund oder irgend 'was, drin<lb/>
man mit Mann und Maus zu Grunde gehen muß?<lb/>
Ich kann mir ſo 'was hier zu Lande gar nicht<lb/>
denken.“</p><lb/><p>„Und doch iſt es ſo 'was, nur freilich im kleinen;<lb/><fwplace="bottom"type="sig">18 *<lb/></fw></p></div></body></text></TEI>
[275/0284]
Effi Brieſt
Kruſe wandte ſich halb herum und ſagte: „Der
Schloon, gnäd'ge Frau.“
„Der Schloon? Was iſt das? Ich ſehe nichts.“
Kruſe wiegte den Kopf hin und her, wie wenn
er ausdrücken wollte, daß die Frage leichter geſtellt
als beantwortet ſei. Worin er auch recht hatte.
Denn was der Schloon ſei, das war nicht ſo mit
drei Worten zu ſagen. Kruſe fand aber in ſeiner
Verlegenheit alsbald Hülfe bei dem gnädigen Fräulein,
das hier mit allem Beſcheid wußte und natürlich
auch mit dem Schloon.
„Ja, meine gnädigſte Frau,“ ſagte Sidonie,
„da ſteht es ſchlimm. Für mich hat es nicht viel
auf ſich, ich komme bequem durch; denn wenn erſt
die Wagen heran ſind, die haben hohe Räder, und
unſere Pferde ſind außerdem daran gewöhnt. Aber
mit ſolchem Schlitten iſt es 'was anderes; die ver¬
ſinken im Schloon, und Sie werden wohl oder übel
einen Umweg machen müſſen.“
„Verſinken! Ich bitte Sie, mein gnädigſtes
Fräulein, ich ſehe noch immer nicht klar. Iſt denn
der Schloon ein Abgrund oder irgend 'was, drin
man mit Mann und Maus zu Grunde gehen muß?
Ich kann mir ſo 'was hier zu Lande gar nicht
denken.“
„Und doch iſt es ſo 'was, nur freilich im kleinen;
18 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/284>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.