Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.
Effi Briest er allwöchentlich nur einmal einen ganz kleinen Ant¬wortbrief erwartete. Den erhielt er denn auch, voll reizend nichtigen und ihn jedesmal entzückenden In¬ halts. Was es von ernsteren Dingen zu besprechen gab, das verhandelte Frau von Briest mit ihrem Schwiegersohne: Festsetzungen wegen der Hochzeit, Ausstattungs- und Wirtschafts-Einrichtungsfragen. Innstetten, schon an die drei Jahre im Amt, war in seinem Kessiner Hause nicht glänzend, aber doch sehr standesgemäß eingerichtet, und es empfahl sich, in der Korrespondenz mit ihm, ein Bild von allem, was da war, zu gewinnen, um nichts Unnützes an¬ zuschaffen. Schließlich, als Frau von Briest über all diese Dinge genugsam unterrichtet war, wurde seitens Mutter und Tochter eine Reise nach Berlin beschlossen, um, wie Briest sich ausdrückte, den "trousseau" für Prinzessin Effi zusammenzukaufen. Effi freute sich sehr auf den Aufenthalt in Berlin, um so mehr, als der Vater darein gewilligt hatte, im Hotel du Nord Wohnung zu nehmen. "Was es koste, könne ja von der Ausstattung abgezogen werden; Innstetten habe ohnehin alles." Effi -- ganz im Gegensatze zu der solche "Mesquinerien" ein für allemal sich verbittenden Mama -- hatte dem Vater, ohne jede Sorge darum, ob er's scherz- oder ernsthaft gemeint hatte, freudig zugestimmt und be¬ Effi Brieſt er allwöchentlich nur einmal einen ganz kleinen Ant¬wortbrief erwartete. Den erhielt er denn auch, voll reizend nichtigen und ihn jedesmal entzückenden In¬ halts. Was es von ernſteren Dingen zu beſprechen gab, das verhandelte Frau von Brieſt mit ihrem Schwiegerſohne: Feſtſetzungen wegen der Hochzeit, Ausſtattungs- und Wirtſchafts-Einrichtungsfragen. Innſtetten, ſchon an die drei Jahre im Amt, war in ſeinem Keſſiner Hauſe nicht glänzend, aber doch ſehr ſtandesgemäß eingerichtet, und es empfahl ſich, in der Korreſpondenz mit ihm, ein Bild von allem, was da war, zu gewinnen, um nichts Unnützes an¬ zuſchaffen. Schließlich, als Frau von Brieſt über all dieſe Dinge genugſam unterrichtet war, wurde ſeitens Mutter und Tochter eine Reiſe nach Berlin beſchloſſen, um, wie Brieſt ſich ausdrückte, den „trousseau“ für Prinzeſſin Effi zuſammenzukaufen. Effi freute ſich ſehr auf den Aufenthalt in Berlin, um ſo mehr, als der Vater darein gewilligt hatte, im Hotel du Nord Wohnung zu nehmen. „Was es koſte, könne ja von der Ausſtattung abgezogen werden; Innſtetten habe ohnehin alles.“ Effi — ganz im Gegenſatze zu der ſolche „Mesquinerien“ ein für allemal ſich verbittenden Mama — hatte dem Vater, ohne jede Sorge darum, ob er's ſcherz- oder ernſthaft gemeint hatte, freudig zugeſtimmt und be¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037" n="28"/><fw place="top" type="header">Effi Brieſt<lb/></fw>er allwöchentlich nur einmal einen ganz kleinen Ant¬<lb/> wortbrief erwartete. Den erhielt er denn auch, voll<lb/> reizend nichtigen und ihn jedesmal entzückenden In¬<lb/> halts. Was es von ernſteren Dingen zu beſprechen<lb/> gab, das verhandelte Frau von Brieſt mit ihrem<lb/> Schwiegerſohne: Feſtſetzungen wegen der Hochzeit,<lb/> Ausſtattungs- und Wirtſchafts-Einrichtungsfragen.<lb/> Innſtetten, ſchon an die drei Jahre im Amt, war<lb/> in ſeinem Keſſiner Hauſe nicht glänzend, aber doch<lb/> ſehr ſtandesgemäß eingerichtet, und es empfahl ſich,<lb/> in der Korreſpondenz mit ihm, ein Bild von allem,<lb/> was da war, zu gewinnen, um nichts Unnützes an¬<lb/> zuſchaffen. Schließlich, als Frau von Brieſt über<lb/> all dieſe Dinge genugſam unterrichtet war, wurde<lb/> ſeitens Mutter und Tochter eine Reiſe nach Berlin<lb/> beſchloſſen, um, wie Brieſt ſich ausdrückte, den<lb/> „<hi rendition="#aq">trousseau</hi>“ für Prinzeſſin Effi zuſammenzukaufen.<lb/> Effi freute ſich ſehr auf den Aufenthalt in Berlin,<lb/> um ſo mehr, als der Vater darein gewilligt hatte,<lb/> im Hotel du Nord Wohnung zu nehmen. „Was<lb/> es koſte, könne ja von der Ausſtattung abgezogen<lb/> werden; Innſtetten habe ohnehin alles.“ Effi —<lb/> ganz im Gegenſatze zu der ſolche „Mesquinerien“ ein<lb/> für allemal ſich verbittenden Mama — hatte dem<lb/> Vater, ohne jede Sorge darum, ob er's ſcherz- oder<lb/> ernſthaft gemeint hatte, freudig zugeſtimmt und be¬<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0037]
Effi Brieſt
er allwöchentlich nur einmal einen ganz kleinen Ant¬
wortbrief erwartete. Den erhielt er denn auch, voll
reizend nichtigen und ihn jedesmal entzückenden In¬
halts. Was es von ernſteren Dingen zu beſprechen
gab, das verhandelte Frau von Brieſt mit ihrem
Schwiegerſohne: Feſtſetzungen wegen der Hochzeit,
Ausſtattungs- und Wirtſchafts-Einrichtungsfragen.
Innſtetten, ſchon an die drei Jahre im Amt, war
in ſeinem Keſſiner Hauſe nicht glänzend, aber doch
ſehr ſtandesgemäß eingerichtet, und es empfahl ſich,
in der Korreſpondenz mit ihm, ein Bild von allem,
was da war, zu gewinnen, um nichts Unnützes an¬
zuſchaffen. Schließlich, als Frau von Brieſt über
all dieſe Dinge genugſam unterrichtet war, wurde
ſeitens Mutter und Tochter eine Reiſe nach Berlin
beſchloſſen, um, wie Brieſt ſich ausdrückte, den
„trousseau“ für Prinzeſſin Effi zuſammenzukaufen.
Effi freute ſich ſehr auf den Aufenthalt in Berlin,
um ſo mehr, als der Vater darein gewilligt hatte,
im Hotel du Nord Wohnung zu nehmen. „Was
es koſte, könne ja von der Ausſtattung abgezogen
werden; Innſtetten habe ohnehin alles.“ Effi —
ganz im Gegenſatze zu der ſolche „Mesquinerien“ ein
für allemal ſich verbittenden Mama — hatte dem
Vater, ohne jede Sorge darum, ob er's ſcherz- oder
ernſthaft gemeint hatte, freudig zugeſtimmt und be¬
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| Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/37>, abgerufen am 28.04.2024. |
