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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
mit Scheele, den Du nicht kennst und der den Sauer¬
stoff entdeckte, was man aber nicht zu wissen braucht.
Und dann von Stralsund nach Bergen und dem
Rugard, von wo man, wie mir Wüllersdorf sagte,
die ganze Insel übersehen kann, und dann zwischen
dem Großen und Kleinen Jasmunder Bodden hin,
bis nach Saßnitz. Denn nach Rügen reisen heißt
nach Saßnitz reisen. Binz ginge vielleicht auch noch,
aber da sind -- ich muß Wüllersdorf noch einmal
zitieren -- so viele kleine Steinchen und Muschel¬
schalen am Strande, und wir wollen doch baden."

Effi war einverstanden mit allem, was von
seiten Innstetten's geplant wurde, vor allem auch
damit, daß der ganze Hausstand auf vier Wochen
aufgelöst werden und Roswitha mit Annie nach
Hohen-Cremmen, Johanna aber zu ihrem etwas
jüngeren Halbbruder reisen sollte, der bei Pasewalk
eine Schneidemühle hatte. So war alles gut unter¬
gebracht. Mit Beginn der nächsten Woche brach
man denn auch wirklich auf, und am selben Abende
noch war man in Saßnitz. Über dem Gasthause
stand "Hotel Fahrenheit". "Die Preise hoffentlich
nach Reaumur," setzte Innstetten, als er den Namen
las, hinzu, und in bester Laune machten beide noch
einen Abendspaziergang an dem Klippenstrande hin
und sahen von einem Felsenvorsprung aus auf die

Effi Brieſt
mit Scheele, den Du nicht kennſt und der den Sauer¬
ſtoff entdeckte, was man aber nicht zu wiſſen braucht.
Und dann von Stralſund nach Bergen und dem
Rugard, von wo man, wie mir Wüllersdorf ſagte,
die ganze Inſel überſehen kann, und dann zwiſchen
dem Großen und Kleinen Jaſmunder Bodden hin,
bis nach Saßnitz. Denn nach Rügen reiſen heißt
nach Saßnitz reiſen. Binz ginge vielleicht auch noch,
aber da ſind — ich muß Wüllersdorf noch einmal
zitieren — ſo viele kleine Steinchen und Muſchel¬
ſchalen am Strande, und wir wollen doch baden.“

Effi war einverſtanden mit allem, was von
ſeiten Innſtetten's geplant wurde, vor allem auch
damit, daß der ganze Hausſtand auf vier Wochen
aufgelöſt werden und Roswitha mit Annie nach
Hohen-Cremmen, Johanna aber zu ihrem etwas
jüngeren Halbbruder reiſen ſollte, der bei Paſewalk
eine Schneidemühle hatte. So war alles gut unter¬
gebracht. Mit Beginn der nächſten Woche brach
man denn auch wirklich auf, und am ſelben Abende
noch war man in Saßnitz. Über dem Gaſthauſe
ſtand „Hotel Fahrenheit“. „Die Preiſe hoffentlich
nach Réaumur,“ ſetzte Innſtetten, als er den Namen
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[364/0373] Effi Brieſt mit Scheele, den Du nicht kennſt und der den Sauer¬ ſtoff entdeckte, was man aber nicht zu wiſſen braucht. Und dann von Stralſund nach Bergen und dem Rugard, von wo man, wie mir Wüllersdorf ſagte, die ganze Inſel überſehen kann, und dann zwiſchen dem Großen und Kleinen Jaſmunder Bodden hin, bis nach Saßnitz. Denn nach Rügen reiſen heißt nach Saßnitz reiſen. Binz ginge vielleicht auch noch, aber da ſind — ich muß Wüllersdorf noch einmal zitieren — ſo viele kleine Steinchen und Muſchel¬ ſchalen am Strande, und wir wollen doch baden.“ Effi war einverſtanden mit allem, was von ſeiten Innſtetten's geplant wurde, vor allem auch damit, daß der ganze Hausſtand auf vier Wochen aufgelöſt werden und Roswitha mit Annie nach Hohen-Cremmen, Johanna aber zu ihrem etwas jüngeren Halbbruder reiſen ſollte, der bei Paſewalk eine Schneidemühle hatte. So war alles gut unter¬ gebracht. Mit Beginn der nächſten Woche brach man denn auch wirklich auf, und am ſelben Abende noch war man in Saßnitz. Über dem Gaſthauſe ſtand „Hotel Fahrenheit“. „Die Preiſe hoffentlich nach Réaumur,“ ſetzte Innſtetten, als er den Namen las, hinzu, und in beſter Laune machten beide noch einen Abendſpaziergang an dem Klippenſtrande hin und ſahen von einem Felſenvorſprung aus auf die

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/373>, abgerufen am 22.11.2024.