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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Einunddreißigstes Kapitel.

Minuten vergingen. Als Effi sich wieder erholt
hatte, setzte sie sich auf einen am Fenster stehenden
Stuhl und sah auf die stille Straße hinaus. Wenn
da doch Lärm und Streit gewesen wäre; aber nur
der Sonnenschein lag auf dem chaussierten Wege
und dazwischen die Schatten, die das Gitter und
die Bäume warfen. Das Gefühl des Alleinseins in
der Welt überkam sie mit seiner ganzen Schwere.
Vor einer Stunde noch eine glückliche Frau, Liebling
aller, die sie kannten, und nun ausgestoßen. Sie
hatte nur erst den Anfang des Briefes gelesen, aber
genug, um ihre Lage klar vor Augen zu haben.
Wohin? Sie hatte keine Antwort darauf, und doch
war sie voll tiefer Sehnsucht, aus dem herauszukommen,
was sie hier umgab, also fort von dieser Geheimrätin,
der das alles bloß ein "interessanter Fall" war,
und deren Teilnahme, wenn etwas davon existierte,
sicher an das Maß ihrer Neugier nicht heran reichte.

Einunddreißigſtes Kapitel.

Minuten vergingen. Als Effi ſich wieder erholt
hatte, ſetzte ſie ſich auf einen am Fenſter ſtehenden
Stuhl und ſah auf die ſtille Straße hinaus. Wenn
da doch Lärm und Streit geweſen wäre; aber nur
der Sonnenſchein lag auf dem chauſſierten Wege
und dazwiſchen die Schatten, die das Gitter und
die Bäume warfen. Das Gefühl des Alleinſeins in
der Welt überkam ſie mit ſeiner ganzen Schwere.
Vor einer Stunde noch eine glückliche Frau, Liebling
aller, die ſie kannten, und nun ausgeſtoßen. Sie
hatte nur erſt den Anfang des Briefes geleſen, aber
genug, um ihre Lage klar vor Augen zu haben.
Wohin? Sie hatte keine Antwort darauf, und doch
war ſie voll tiefer Sehnſucht, aus dem herauszukommen,
was ſie hier umgab, alſo fort von dieſer Geheimrätin,
der das alles bloß ein „intereſſanter Fall“ war,
und deren Teilnahme, wenn etwas davon exiſtierte,
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[[446]/0455] Einunddreißigſtes Kapitel. Minuten vergingen. Als Effi ſich wieder erholt hatte, ſetzte ſie ſich auf einen am Fenſter ſtehenden Stuhl und ſah auf die ſtille Straße hinaus. Wenn da doch Lärm und Streit geweſen wäre; aber nur der Sonnenſchein lag auf dem chauſſierten Wege und dazwiſchen die Schatten, die das Gitter und die Bäume warfen. Das Gefühl des Alleinſeins in der Welt überkam ſie mit ſeiner ganzen Schwere. Vor einer Stunde noch eine glückliche Frau, Liebling aller, die ſie kannten, und nun ausgeſtoßen. Sie hatte nur erſt den Anfang des Briefes geleſen, aber genug, um ihre Lage klar vor Augen zu haben. Wohin? Sie hatte keine Antwort darauf, und doch war ſie voll tiefer Sehnſucht, aus dem herauszukommen, was ſie hier umgab, alſo fort von dieſer Geheimrätin, der das alles bloß ein „intereſſanter Fall“ war, und deren Teilnahme, wenn etwas davon exiſtierte, ſicher an das Maß ihrer Neugier nicht heran reichte.

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. [446]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/455>, abgerufen am 22.11.2024.