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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

Wiesike wiegte den Kopf langsam hin und her.
"Das will ich nicht sagen, Herr von Briest. Daß sie so
fiebert, gefällt mir nicht. Aber wir werden es schon
wieder 'runter kriegen, dann muß sie nach der Schweiz
oder nach Mentone. Reine Luft und freundliche
Eindrücke, die das Alte vergessen machen ..."

"Lethe, Lethe."

"Ja, Lethe," lächelte Wiesike. "Schade, daß uns
die alten Schweden, die Griechen, bloß das Wort
hinterlassen haben und nicht zugleich auch die Quelle
selbst ..."

"Oder wenigstens das Rezept dazu; Wässer
werden ja jetzt nachgemacht. Alle Wetter, Wiesike,
das wär' ein Geschäft, wenn wir hier so ein
Sanatorium anlegen könnten: Friesack als Ver¬
gessenheitsquelle. Nun, vorläufig wollen wir's mit
der Riviera versuchen. Mentone ist ja wohl Riviera?
Die Kornpreise sind zwar in diesem Augenblicke wieder
schlecht, aber was sein muß, muß sein. Ich werde
mit meiner Frau darüber sprechen."

Das that er denn auch und fand sofort seiner
Frau Zustimmung, deren in letzter Zeit -- wohl
unter dem Eindruck zurückgezogenen Lebens -- stark
erwachte Lust, auch mal den Süden zu sehen, seinem
Vorschlage zu Hülfe kam. Aber Effi selbst wollte
nichts davon wissen. "Wie gut Ihr gegen mich seid.

Th. Fontane, Effi Briest. 32
Effi Brieſt

Wieſike wiegte den Kopf langſam hin und her.
„Das will ich nicht ſagen, Herr von Brieſt. Daß ſie ſo
fiebert, gefällt mir nicht. Aber wir werden es ſchon
wieder 'runter kriegen, dann muß ſie nach der Schweiz
oder nach Mentone. Reine Luft und freundliche
Eindrücke, die das Alte vergeſſen machen …“

„Lethe, Lethe.“

„Ja, Lethe,“ lächelte Wieſike. „Schade, daß uns
die alten Schweden, die Griechen, bloß das Wort
hinterlaſſen haben und nicht zugleich auch die Quelle
ſelbſt …“

„Oder wenigſtens das Rezept dazu; Wäſſer
werden ja jetzt nachgemacht. Alle Wetter, Wieſike,
das wär' ein Geſchäft, wenn wir hier ſo ein
Sanatorium anlegen könnten: Frieſack als Ver¬
geſſenheitsquelle. Nun, vorläufig wollen wir's mit
der Riviera verſuchen. Mentone iſt ja wohl Riviera?
Die Kornpreiſe ſind zwar in dieſem Augenblicke wieder
ſchlecht, aber was ſein muß, muß ſein. Ich werde
mit meiner Frau darüber ſprechen.“

Das that er denn auch und fand ſofort ſeiner
Frau Zuſtimmung, deren in letzter Zeit — wohl
unter dem Eindruck zurückgezogenen Lebens — ſtark
erwachte Luſt, auch mal den Süden zu ſehen, ſeinem
Vorſchlage zu Hülfe kam. Aber Effi ſelbſt wollte
nichts davon wiſſen. „Wie gut Ihr gegen mich ſeid.

Th. Fontane, Effi Brieſt. 32
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[497/0506] Effi Brieſt Wieſike wiegte den Kopf langſam hin und her. „Das will ich nicht ſagen, Herr von Brieſt. Daß ſie ſo fiebert, gefällt mir nicht. Aber wir werden es ſchon wieder 'runter kriegen, dann muß ſie nach der Schweiz oder nach Mentone. Reine Luft und freundliche Eindrücke, die das Alte vergeſſen machen …“ „Lethe, Lethe.“ „Ja, Lethe,“ lächelte Wieſike. „Schade, daß uns die alten Schweden, die Griechen, bloß das Wort hinterlaſſen haben und nicht zugleich auch die Quelle ſelbſt …“ „Oder wenigſtens das Rezept dazu; Wäſſer werden ja jetzt nachgemacht. Alle Wetter, Wieſike, das wär' ein Geſchäft, wenn wir hier ſo ein Sanatorium anlegen könnten: Frieſack als Ver¬ geſſenheitsquelle. Nun, vorläufig wollen wir's mit der Riviera verſuchen. Mentone iſt ja wohl Riviera? Die Kornpreiſe ſind zwar in dieſem Augenblicke wieder ſchlecht, aber was ſein muß, muß ſein. Ich werde mit meiner Frau darüber ſprechen.“ Das that er denn auch und fand ſofort ſeiner Frau Zuſtimmung, deren in letzter Zeit — wohl unter dem Eindruck zurückgezogenen Lebens — ſtark erwachte Luſt, auch mal den Süden zu ſehen, ſeinem Vorſchlage zu Hülfe kam. Aber Effi ſelbſt wollte nichts davon wiſſen. „Wie gut Ihr gegen mich ſeid. Th. Fontane, Effi Brieſt. 32

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/506>, abgerufen am 23.11.2024.