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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
Und ich bin egoistisch genug, ich würde das Opfer
auch annehmen, wenn ich mir etwas davon verspräche.
Mir steht es aber fest, daß es mir bloß schaden würde."

"Das redest Du Dir ein, Effi."

"Nein. Ich bin so reizbar geworden; alles
ärgert mich. Nicht hier bei Euch. Ihr verwöhnt
mich und räumt mir alles aus dem Wege. Aber
auf einer Reise, da geht das nicht, da läßt sich das
Unangenehme nicht so bei Seite thun; mit dem
Schaffner fängt es an, und mit dem Kellner
hört es auf. Wenn ich mir die suffisanten Gesichter
bloß vorstelle, so wird mir schon ganz heiß. Nein,
nein, laßt mich hier. Ich mag nicht mehr weg von
Hohen-Cremmen, hier ist meine Stelle. Der Heliotrop
unten auf dem Rondell, um die Sonnenuhr herum,
ist mir lieber als Mentone."

Nach diesem Gespräch ließ man den Plan wieder
fallen, und Wiesike, so viel er sich von Italien
versprochen hatte, sagte: "Das müssen wir respektieren,
denn das sind keine Launen; solche Kranken haben
ein sehr feines Gefühl und wissen, mit merkwürdiger
Sicherheit, was ihnen hilft und was nicht. Und
was Frau Effi da gesagt hat von Schaffner und
Kellner, das ist doch auch eigentlich ganz richtig,
und es giebt keine Luft, die so viel Heilkraft hätte,
den Hotelärger (wenn man sich überhaupt darüber

Effi Brieſt
Und ich bin egoiſtiſch genug, ich würde das Opfer
auch annehmen, wenn ich mir etwas davon verſpräche.
Mir ſteht es aber feſt, daß es mir bloß ſchaden würde.“

„Das redeſt Du Dir ein, Effi.“

„Nein. Ich bin ſo reizbar geworden; alles
ärgert mich. Nicht hier bei Euch. Ihr verwöhnt
mich und räumt mir alles aus dem Wege. Aber
auf einer Reiſe, da geht das nicht, da läßt ſich das
Unangenehme nicht ſo bei Seite thun; mit dem
Schaffner fängt es an, und mit dem Kellner
hört es auf. Wenn ich mir die ſuffiſanten Geſichter
bloß vorſtelle, ſo wird mir ſchon ganz heiß. Nein,
nein, laßt mich hier. Ich mag nicht mehr weg von
Hohen-Cremmen, hier iſt meine Stelle. Der Heliotrop
unten auf dem Rondell, um die Sonnenuhr herum,
iſt mir lieber als Mentone.“

Nach dieſem Geſpräch ließ man den Plan wieder
fallen, und Wieſike, ſo viel er ſich von Italien
verſprochen hatte, ſagte: „Das müſſen wir reſpektieren,
denn das ſind keine Launen; ſolche Kranken haben
ein ſehr feines Gefühl und wiſſen, mit merkwürdiger
Sicherheit, was ihnen hilft und was nicht. Und
was Frau Effi da geſagt hat von Schaffner und
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[498/0507] Effi Brieſt Und ich bin egoiſtiſch genug, ich würde das Opfer auch annehmen, wenn ich mir etwas davon verſpräche. Mir ſteht es aber feſt, daß es mir bloß ſchaden würde.“ „Das redeſt Du Dir ein, Effi.“ „Nein. Ich bin ſo reizbar geworden; alles ärgert mich. Nicht hier bei Euch. Ihr verwöhnt mich und räumt mir alles aus dem Wege. Aber auf einer Reiſe, da geht das nicht, da läßt ſich das Unangenehme nicht ſo bei Seite thun; mit dem Schaffner fängt es an, und mit dem Kellner hört es auf. Wenn ich mir die ſuffiſanten Geſichter bloß vorſtelle, ſo wird mir ſchon ganz heiß. Nein, nein, laßt mich hier. Ich mag nicht mehr weg von Hohen-Cremmen, hier iſt meine Stelle. Der Heliotrop unten auf dem Rondell, um die Sonnenuhr herum, iſt mir lieber als Mentone.“ Nach dieſem Geſpräch ließ man den Plan wieder fallen, und Wieſike, ſo viel er ſich von Italien verſprochen hatte, ſagte: „Das müſſen wir reſpektieren, denn das ſind keine Launen; ſolche Kranken haben ein ſehr feines Gefühl und wiſſen, mit merkwürdiger Sicherheit, was ihnen hilft und was nicht. Und was Frau Effi da geſagt hat von Schaffner und Kellner, das iſt doch auch eigentlich ganz richtig, und es giebt keine Luft, die ſo viel Heilkraft hätte, den Hotelärger (wenn man ſich überhaupt darüber

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 498. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/507>, abgerufen am 23.11.2024.