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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
und elend, und es wäre zum Totschießen, wenn es
nicht so lächerlich wäre."

"Lieber Innstetten, in dieser Stimmung wollen
Sie Ministerialdirektor werden?"

"Ah, bah. Kann es anders sein? Lesen Sie;
diese Zeilen habe ich eben bekommen."

Wüllersdorf nahm den zweiten Brief mit dem
unleserlichen Poststempel, amüsierte sich über das
,Wohlgeboren' und trat dann ans Fenster, um be¬
quemer lesen zu können.

"Gnäd'ger Herr! Sie werden sich wohl am
Ende wundern, daß ich Ihnen schreibe, aber es ist
wegen Rollo. Anniechen hat uns schon voriges Jahr
gesagt: Rollo wäre jetzt so faul; aber das thut hier
nichts, er kann hier so faul sein wie er will, je
fauler je besser. Und die gnäd'ge Frau möchte es
doch so gern. Sie sagt immer, wenn sie ins Luch
oder über Feld geht: ,Ich fürchte mich eigentlich,
Roswitha, weil ich da so allein bin; aber wer soll
mich begleiten? Rollo, ja, das ginge; der ist mir
auch nicht gram. Das ist der Vorteil, daß sich die
Tiere nicht so drum kümmern.' Das sind die Worte
der gnäd'gen Frau, und weiter will ich nichts sagen,
und den gnäd'gen Herrn bloß noch bitten, mein Annie¬
chen zu grüßen. Und auch die Johanna. Von Ihrer
treu ergebensten Dienerin Roswitha Gellenhagen."

Effi Brieſt
und elend, und es wäre zum Totſchießen, wenn es
nicht ſo lächerlich wäre.“

„Lieber Innſtetten, in dieſer Stimmung wollen
Sie Miniſterialdirektor werden?“

„Ah, bah. Kann es anders ſein? Leſen Sie;
dieſe Zeilen habe ich eben bekommen.“

Wüllersdorf nahm den zweiten Brief mit dem
unleſerlichen Poſtſtempel, amüſierte ſich über das
,Wohlgeboren‘ und trat dann ans Fenſter, um be¬
quemer leſen zu können.

„Gnäd'ger Herr! Sie werden ſich wohl am
Ende wundern, daß ich Ihnen ſchreibe, aber es iſt
wegen Rollo. Anniechen hat uns ſchon voriges Jahr
geſagt: Rollo wäre jetzt ſo faul; aber das thut hier
nichts, er kann hier ſo faul ſein wie er will, je
fauler je beſſer. Und die gnäd'ge Frau möchte es
doch ſo gern. Sie ſagt immer, wenn ſie ins Luch
oder über Feld geht: ,Ich fürchte mich eigentlich,
Roswitha, weil ich da ſo allein bin; aber wer ſoll
mich begleiten? Rollo, ja, das ginge; der iſt mir
auch nicht gram. Das iſt der Vorteil, daß ſich die
Tiere nicht ſo drum kümmern.‘ Das ſind die Worte
der gnäd'gen Frau, und weiter will ich nichts ſagen,
und den gnäd'gen Herrn bloß noch bitten, mein Annie¬
chen zu grüßen. Und auch die Johanna. Von Ihrer
treu ergebenſten Dienerin Roswitha Gellenhagen.“

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[504/0513] Effi Brieſt und elend, und es wäre zum Totſchießen, wenn es nicht ſo lächerlich wäre.“ „Lieber Innſtetten, in dieſer Stimmung wollen Sie Miniſterialdirektor werden?“ „Ah, bah. Kann es anders ſein? Leſen Sie; dieſe Zeilen habe ich eben bekommen.“ Wüllersdorf nahm den zweiten Brief mit dem unleſerlichen Poſtſtempel, amüſierte ſich über das ,Wohlgeboren‘ und trat dann ans Fenſter, um be¬ quemer leſen zu können. „Gnäd'ger Herr! Sie werden ſich wohl am Ende wundern, daß ich Ihnen ſchreibe, aber es iſt wegen Rollo. Anniechen hat uns ſchon voriges Jahr geſagt: Rollo wäre jetzt ſo faul; aber das thut hier nichts, er kann hier ſo faul ſein wie er will, je fauler je beſſer. Und die gnäd'ge Frau möchte es doch ſo gern. Sie ſagt immer, wenn ſie ins Luch oder über Feld geht: ,Ich fürchte mich eigentlich, Roswitha, weil ich da ſo allein bin; aber wer ſoll mich begleiten? Rollo, ja, das ginge; der iſt mir auch nicht gram. Das iſt der Vorteil, daß ſich die Tiere nicht ſo drum kümmern.‘ Das ſind die Worte der gnäd'gen Frau, und weiter will ich nichts ſagen, und den gnäd'gen Herrn bloß noch bitten, mein Annie¬ chen zu grüßen. Und auch die Johanna. Von Ihrer treu ergebenſten Dienerin Roswitha Gellenhagen.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/513>, abgerufen am 23.11.2024.