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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest
nicht stören und ängstlich machen. Aber es wäre
doch wohl gut."

"Es ist gut, Roswitha," sagte Frau von Briest,
"ich werde kommen."

Und ehe die Uhr noch einsetzte, stieg Frau
von Briest die Treppe hinauf und trat bei Effi ein.
Das Fenster stand auf, und sie lag auf einer
Chaiselongue, die neben dem Fenster stand.

Frau von Briest schob einen kleinen schwarzen
Stuhl mit drei goldenen Stäbchen in der Ebenholz¬
lehne heran, nahm Effi's Hand und sagte:

"Wie geht es Dir, Effi? Roswitha sagt, Du
seiest so fiebrig."

"Ach, Roswitha nimmt alles so ängstlich. Ich
sah ihr an, sie glaubt, ich sterbe. Nun, ich weiß
nicht. Aber sie denkt, es soll es jeder so ängstlich
nehmen wie sie selbst."

"Bist Du so ruhig über Sterben, liebe Effi?"

"Ganz ruhig, Mama."

"Täuschst Du Dich darin nicht? Alles hängt
am Leben und die Jugend erst recht. Und Du bist
noch so jung, liebe Effi."

Effi schwieg eine Weile. Dann sagte sie: "Du
weißt, ich habe nicht viel gelesen, und Innstetten
wunderte sich oft darüber, und es war ihm nicht recht."

Es war das erste Mal, daß sie Innstetten's

33 *

Effi Brieſt
nicht ſtören und ängſtlich machen. Aber es wäre
doch wohl gut.“

„Es iſt gut, Roswitha,“ ſagte Frau von Brieſt,
„ich werde kommen.“

Und ehe die Uhr noch einſetzte, ſtieg Frau
von Brieſt die Treppe hinauf und trat bei Effi ein.
Das Fenſter ſtand auf, und ſie lag auf einer
Chaiſelongue, die neben dem Fenſter ſtand.

Frau von Brieſt ſchob einen kleinen ſchwarzen
Stuhl mit drei goldenen Stäbchen in der Ebenholz¬
lehne heran, nahm Effi's Hand und ſagte:

„Wie geht es Dir, Effi? Roswitha ſagt, Du
ſeieſt ſo fiebrig.“

„Ach, Roswitha nimmt alles ſo ängſtlich. Ich
ſah ihr an, ſie glaubt, ich ſterbe. Nun, ich weiß
nicht. Aber ſie denkt, es ſoll es jeder ſo ängſtlich
nehmen wie ſie ſelbſt.“

„Biſt Du ſo ruhig über Sterben, liebe Effi?“

„Ganz ruhig, Mama.“

„Täuſchſt Du Dich darin nicht? Alles hängt
am Leben und die Jugend erſt recht. Und Du biſt
noch ſo jung, liebe Effi.“

Effi ſchwieg eine Weile. Dann ſagte ſie: „Du
weißt, ich habe nicht viel geleſen, und Innſtetten
wunderte ſich oft darüber, und es war ihm nicht recht.“

Es war das erſte Mal, daß ſie Innſtetten's

33 *
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[515/0524] Effi Brieſt nicht ſtören und ängſtlich machen. Aber es wäre doch wohl gut.“ „Es iſt gut, Roswitha,“ ſagte Frau von Brieſt, „ich werde kommen.“ Und ehe die Uhr noch einſetzte, ſtieg Frau von Brieſt die Treppe hinauf und trat bei Effi ein. Das Fenſter ſtand auf, und ſie lag auf einer Chaiſelongue, die neben dem Fenſter ſtand. Frau von Brieſt ſchob einen kleinen ſchwarzen Stuhl mit drei goldenen Stäbchen in der Ebenholz¬ lehne heran, nahm Effi's Hand und ſagte: „Wie geht es Dir, Effi? Roswitha ſagt, Du ſeieſt ſo fiebrig.“ „Ach, Roswitha nimmt alles ſo ängſtlich. Ich ſah ihr an, ſie glaubt, ich ſterbe. Nun, ich weiß nicht. Aber ſie denkt, es ſoll es jeder ſo ängſtlich nehmen wie ſie ſelbſt.“ „Biſt Du ſo ruhig über Sterben, liebe Effi?“ „Ganz ruhig, Mama.“ „Täuſchſt Du Dich darin nicht? Alles hängt am Leben und die Jugend erſt recht. Und Du biſt noch ſo jung, liebe Effi.“ Effi ſchwieg eine Weile. Dann ſagte ſie: „Du weißt, ich habe nicht viel geleſen, und Innſtetten wunderte ſich oft darüber, und es war ihm nicht recht.“ Es war das erſte Mal, daß ſie Innſtetten's 33 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 515. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/524>, abgerufen am 23.11.2024.