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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896.

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Effi Briest

"Das sieht Dir ähnlich. Und nun sage mir,
wofür bist Du denn eigentlich?"

"Ich bin ... nun, ich bin für gleich und
gleich und natürlich auch für Zärtlichkeit und Liebe. Und
wenn es Zärtlichkeit und Liebe nicht sein können,
weil Liebe, wie Papa sagt, doch nur ein Papperla¬
papp ist (was ich aber nicht glaube), nun, dann bin
ich für Reichtum und ein vornehmes Haus, ein
ganz vornehmes, wo Prinz Friedrich Karl zur Jagd
kommt, auf Elchwild oder Auerhahn, oder wo der
alte Kaiser vorfährt, und für jede Dame, auch für
die jungen, ein gnädiges Wort hat. Und wenn wir
dann in Berlin sind, dann bin ich für Hofball und
und Galaoper, immer dicht neben der großen Mittel¬
loge."

"Sagst Du das so bloß aus Übermut und
Laune?"

"Nein, Mama, das ist mein völliger Ernst.
Liebe kommt zuerst, aber gleich hinterher kommt Glanz
und Ehre. und dann kommt Zerstreuung -- ja, Zer¬
streuung, immer 'was neues, immer 'was, daß ich
lachen oder weinen muß. Was ich nicht aushalten
kann, ist Langeweile."

"Wie bist Du da nur mit uns fertig geworden?"

"Ach, Mama, wie Du nur so 'was sagen kannst.
Freilich, wenn im Winter die liebe Verwandtschaft

Effi Brieſt

„Das ſieht Dir ähnlich. Und nun ſage mir,
wofür biſt Du denn eigentlich?“

„Ich bin … nun, ich bin für gleich und
gleich und natürlich auch für Zärtlichkeit und Liebe. Und
wenn es Zärtlichkeit und Liebe nicht ſein können,
weil Liebe, wie Papa ſagt, doch nur ein Papperla¬
papp iſt (was ich aber nicht glaube), nun, dann bin
ich für Reichtum und ein vornehmes Haus, ein
ganz vornehmes, wo Prinz Friedrich Karl zur Jagd
kommt, auf Elchwild oder Auerhahn, oder wo der
alte Kaiſer vorfährt, und für jede Dame, auch für
die jungen, ein gnädiges Wort hat. Und wenn wir
dann in Berlin ſind, dann bin ich für Hofball und
und Galaoper, immer dicht neben der großen Mittel¬
loge.“

„Sagſt Du das ſo bloß aus Übermut und
Laune?“

„Nein, Mama, das iſt mein völliger Ernſt.
Liebe kommt zuerſt, aber gleich hinterher kommt Glanz
und Ehre. und dann kommt Zerſtreuung — ja, Zer¬
ſtreuung, immer 'was neues, immer 'was, daß ich
lachen oder weinen muß. Was ich nicht aushalten
kann, iſt Langeweile.“

„Wie biſt Du da nur mit uns fertig geworden?“

„Ach, Mama, wie Du nur ſo 'was ſagen kannſt.
Freilich, wenn im Winter die liebe Verwandtſchaft

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[46/0055] Effi Brieſt „Das ſieht Dir ähnlich. Und nun ſage mir, wofür biſt Du denn eigentlich?“ „Ich bin … nun, ich bin für gleich und gleich und natürlich auch für Zärtlichkeit und Liebe. Und wenn es Zärtlichkeit und Liebe nicht ſein können, weil Liebe, wie Papa ſagt, doch nur ein Papperla¬ papp iſt (was ich aber nicht glaube), nun, dann bin ich für Reichtum und ein vornehmes Haus, ein ganz vornehmes, wo Prinz Friedrich Karl zur Jagd kommt, auf Elchwild oder Auerhahn, oder wo der alte Kaiſer vorfährt, und für jede Dame, auch für die jungen, ein gnädiges Wort hat. Und wenn wir dann in Berlin ſind, dann bin ich für Hofball und und Galaoper, immer dicht neben der großen Mittel¬ loge.“ „Sagſt Du das ſo bloß aus Übermut und Laune?“ „Nein, Mama, das iſt mein völliger Ernſt. Liebe kommt zuerſt, aber gleich hinterher kommt Glanz und Ehre. und dann kommt Zerſtreuung — ja, Zer¬ ſtreuung, immer 'was neues, immer 'was, daß ich lachen oder weinen muß. Was ich nicht aushalten kann, iſt Langeweile.“ „Wie biſt Du da nur mit uns fertig geworden?“ „Ach, Mama, wie Du nur ſo 'was ſagen kannſt. Freilich, wenn im Winter die liebe Verwandtſchaft

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/55>, abgerufen am 14.05.2024.