Aber sie empfindet nicht viel dabei. Wohl möglich, daß es alles 'mal kommt, Gott verhüte es, aber noch ist es nicht da."
"Und was ist da? Was hat sie?"
"Sie hat nach meinem und auch nach ihrem eigenen Zeugnis zweierlei: Vergnügungssucht und Ehrgeiz."
"Nun, das kann passieren. Da bin ich beruhigt."
"Ich nicht. Innstetten ist ein Carrieremacher -- vom Streber will ich nicht sprechen, das ist er auch nicht, dazu ist er zu wirklich vornehm -- also Carrieremacher, und das wird Effi's Ehrgeiz be¬ friedigen."
"Nun also. Das ist doch gut."
"Ja, das ist gut! Aber es ist erst die Hälfte. Ihr Ehrgeiz wird befriedigt werden, aber ob auch ihr Hang nach Spiel und Abenteuer? Ich be¬ zweifle. Für die stündliche kleine Zerstreuung und Anregung, für alles, was die Langeweile bekämpft, diese Todfeindin einer geistreichen kleinen Person, dafür wird Innstetten sehr schlecht sorgen. Er wird sie nicht in einer geistigen Öde lassen, dazu ist er zu klug und zu weltmännisch, aber er wird sie auch nicht sonderlich amüsieren. Und was das Schlimmste ist, er wird sich nicht einmal recht mit der Frage beschäftigen, wie das wohl anzufangen sei. Das
Effi Brieſt
Aber ſie empfindet nicht viel dabei. Wohl möglich, daß es alles 'mal kommt, Gott verhüte es, aber noch iſt es nicht da.“
„Und was iſt da? Was hat ſie?“
„Sie hat nach meinem und auch nach ihrem eigenen Zeugnis zweierlei: Vergnügungsſucht und Ehrgeiz.“
„Nun, das kann paſſieren. Da bin ich beruhigt.“
„Ich nicht. Innſtetten iſt ein Carrieremacher — vom Streber will ich nicht ſprechen, das iſt er auch nicht, dazu iſt er zu wirklich vornehm — alſo Carrieremacher, und das wird Effi's Ehrgeiz be¬ friedigen.“
„Nun alſo. Das iſt doch gut.“
„Ja, das iſt gut! Aber es iſt erſt die Hälfte. Ihr Ehrgeiz wird befriedigt werden, aber ob auch ihr Hang nach Spiel und Abenteuer? Ich be¬ zweifle. Für die ſtündliche kleine Zerſtreuung und Anregung, für alles, was die Langeweile bekämpft, dieſe Todfeindin einer geiſtreichen kleinen Perſon, dafür wird Innſtetten ſehr ſchlecht ſorgen. Er wird ſie nicht in einer geiſtigen Öde laſſen, dazu iſt er zu klug und zu weltmänniſch, aber er wird ſie auch nicht ſonderlich amüſieren. Und was das Schlimmſte iſt, er wird ſich nicht einmal recht mit der Frage beſchäftigen, wie das wohl anzufangen ſei. Das
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Effi Brieſt
Aber ſie empfindet nicht viel dabei. Wohl möglich,
daß es alles 'mal kommt, Gott verhüte es, aber noch
iſt es nicht da.“
„Und was iſt da? Was hat ſie?“
„Sie hat nach meinem und auch nach ihrem
eigenen Zeugnis zweierlei: Vergnügungsſucht und
Ehrgeiz.“
„Nun, das kann paſſieren. Da bin ich beruhigt.“
„Ich nicht. Innſtetten iſt ein Carrieremacher
— vom Streber will ich nicht ſprechen, das iſt er
auch nicht, dazu iſt er zu wirklich vornehm — alſo
Carrieremacher, und das wird Effi's Ehrgeiz be¬
friedigen.“
„Nun alſo. Das iſt doch gut.“
„Ja, das iſt gut! Aber es iſt erſt die Hälfte.
Ihr Ehrgeiz wird befriedigt werden, aber ob auch
ihr Hang nach Spiel und Abenteuer? Ich be¬
zweifle. Für die ſtündliche kleine Zerſtreuung und
Anregung, für alles, was die Langeweile bekämpft,
dieſe Todfeindin einer geiſtreichen kleinen Perſon,
dafür wird Innſtetten ſehr ſchlecht ſorgen. Er wird
ſie nicht in einer geiſtigen Öde laſſen, dazu iſt er
zu klug und zu weltmänniſch, aber er wird ſie auch
nicht ſonderlich amüſieren. Und was das Schlimmſte
iſt, er wird ſich nicht einmal recht mit der Frage
beſchäftigen, wie das wohl anzufangen ſei. Das
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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/69>, abgerufen am 27.11.2024.
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