erfahren haben werden, Gott weiß woher. Denn an dem Blumentisch wenigstens bin ich unschuldig. Friedrich, wo kommt der Blumentisch her?"
"Apotheker Gieshübler ... Es liegt auch eine Karte bei."
"Ah, Gieshübler, Alonzo Gieshübler," sagte Innstetten und reichte lachend und in beinahe aus¬ gelassener Laune die Karte mit dem etwas fremdartig klingenden Vornamen zu Effi hinüber. "Gieshübler, von dem hab' ich Dir zu erzählen vergessen -- bei¬ läufig, er führt auch den Doktortitel, hat's aber nicht gern, wenn man ihn dabei nennt, das ärgere, so meint er, die richtigen Doktors bloß, und darin wird er wohl recht haben. Nun, ich denke, Du wirst ihn kennen lernen und zwar bald; er ist unsere beste Nummer hier, Schöngeist und Original und vor allem Seele von Mensch, was doch immer die Haupt¬ sache bleibt. Aber lassen wir das alles und setzen uns und nehmen unsern Thee. Wo soll es sein? Hier bei Dir oder drin bei mir? Denn eine weitere Wahl giebt es nicht. Eng und klein ist meine Hütte."
Sie setzte sich ohne Besinnen auf ein kleines Ecksofa. "Heute bleiben wir hier, heute bist Du bei mir zu Gast. Oder lieber so: den Thee regel¬ mäßig bei mir, das Frühstück bei Dir; dann kommt
Effi Brieſt
erfahren haben werden, Gott weiß woher. Denn an dem Blumentiſch wenigſtens bin ich unſchuldig. Friedrich, wo kommt der Blumentiſch her?“
„Apotheker Gieshübler … Es liegt auch eine Karte bei.“
„Ah, Gieshübler, Alonzo Gieshübler,“ ſagte Innſtetten und reichte lachend und in beinahe aus¬ gelaſſener Laune die Karte mit dem etwas fremdartig klingenden Vornamen zu Effi hinüber. „Gieshübler, von dem hab' ich Dir zu erzählen vergeſſen — bei¬ läufig, er führt auch den Doktortitel, hat's aber nicht gern, wenn man ihn dabei nennt, das ärgere, ſo meint er, die richtigen Doktors bloß, und darin wird er wohl recht haben. Nun, ich denke, Du wirſt ihn kennen lernen und zwar bald; er iſt unſere beſte Nummer hier, Schöngeiſt und Original und vor allem Seele von Menſch, was doch immer die Haupt¬ ſache bleibt. Aber laſſen wir das alles und ſetzen uns und nehmen unſern Thee. Wo ſoll es ſein? Hier bei Dir oder drin bei mir? Denn eine weitere Wahl giebt es nicht. Eng und klein iſt meine Hütte.“
Sie ſetzte ſich ohne Beſinnen auf ein kleines Eckſofa. „Heute bleiben wir hier, heute biſt Du bei mir zu Gaſt. Oder lieber ſo: den Thee regel¬ mäßig bei mir, das Frühſtück bei Dir; dann kommt
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Effi Brieſt
erfahren haben werden, Gott weiß woher. Denn
an dem Blumentiſch wenigſtens bin ich unſchuldig.
Friedrich, wo kommt der Blumentiſch her?“
„Apotheker Gieshübler … Es liegt auch eine
Karte bei.“
„Ah, Gieshübler, Alonzo Gieshübler,“ ſagte
Innſtetten und reichte lachend und in beinahe aus¬
gelaſſener Laune die Karte mit dem etwas fremdartig
klingenden Vornamen zu Effi hinüber. „Gieshübler,
von dem hab' ich Dir zu erzählen vergeſſen — bei¬
läufig, er führt auch den Doktortitel, hat's aber nicht
gern, wenn man ihn dabei nennt, das ärgere, ſo
meint er, die richtigen Doktors bloß, und darin wird
er wohl recht haben. Nun, ich denke, Du wirſt ihn
kennen lernen und zwar bald; er iſt unſere beſte
Nummer hier, Schöngeiſt und Original und vor
allem Seele von Menſch, was doch immer die Haupt¬
ſache bleibt. Aber laſſen wir das alles und ſetzen
uns und nehmen unſern Thee. Wo ſoll es ſein?
Hier bei Dir oder drin bei mir? Denn eine weitere
Wahl giebt es nicht. Eng und klein iſt meine
Hütte.“
Sie ſetzte ſich ohne Beſinnen auf ein kleines
Eckſofa. „Heute bleiben wir hier, heute biſt Du
bei mir zu Gaſt. Oder lieber ſo: den Thee regel¬
mäßig bei mir, das Frühſtück bei Dir; dann kommt
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Fontane, Theodor: Effi Briest. Berlin, 1896, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_briest_1896/89>, abgerufen am 23.11.2024.
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