Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.
Sie zürnt; und doch -- ihr ist als riefe Noch hängt sie, vor Verlangen zitternd,
An seinem Bild mit ganzem Blick Dann aber, wie sich selbst verbitternd, Ruft sie: "welch arm -- erträumtes Glück! Was soll dies kindische Betrachten, Und dies Bewundern Zug um Zug? Unwürdig mein und zu verachten Ist dieser schale Selbstbetrug. Ich will ihn selbst; mag leben -- träumen Eins sein in der Vergangenheit, So lang der Freude Becher schäumen Fühlt man den Reiz der Wirklichkeit. Die sei's!"
Sie zürnt; und doch — ihr iſt als riefe Noch hängt ſie, vor Verlangen zitternd,
An ſeinem Bild mit ganzem Blick Dann aber, wie ſich ſelbſt verbitternd, Ruft ſie: „welch arm — erträumtes Glück! Was ſoll dies kindiſche Betrachten, Und dies Bewundern Zug um Zug? Unwürdig mein und zu verachten Iſt dieſer ſchale Selbſtbetrug. Ich will ihn ſelbſt; mag leben — träumen Eins ſein in der Vergangenheit, So lang der Freude Becher ſchäumen Fühlt man den Reiz der Wirklichkeit. Die ſei’s!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="4"> <l> <pb facs="#f0230" n="216"/> </l> <l>Sie zürnt; und doch — ihr iſt als riefe</l><lb/> <l>Die Hoffnung Muth in ihre Bruſt,</l><lb/> <l>Und aus des Auges dunkler Tiefe</l><lb/> <l>Blickt mit dem Zorne dann — die Luſt.</l> </lg><lb/> <lg n="5"> <l>Noch hängt ſie, vor Verlangen zitternd,</l><lb/> <l>An ſeinem Bild mit ganzem Blick</l><lb/> <l>Dann aber, wie ſich ſelbſt verbitternd,</l><lb/> <l>Ruft ſie: „welch arm — <hi rendition="#g">erträumtes</hi> Glück!</l><lb/> <l>Was ſoll dies kindiſche Betrachten,</l><lb/> <l>Und dies Bewundern Zug um Zug?</l><lb/> <l>Unwürdig mein und zu verachten</l><lb/> <l>Iſt dieſer ſchale Selbſtbetrug.</l><lb/> <l>Ich will <hi rendition="#g">ihn ſelbſt</hi>; mag leben — träumen</l><lb/> <l>Eins ſein in der <hi rendition="#g">Vergangenheit</hi>,</l><lb/> <l>So <hi rendition="#g">lang</hi> der Freude Becher ſchäumen</l><lb/> <l>Fühlt man den Reiz der <hi rendition="#g">Wirklichkeit.</hi></l><lb/> <l><hi rendition="#g">Die ſei’s</hi>!“</l> </lg><lb/> <l> </l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0230]
Sie zürnt; und doch — ihr iſt als riefe
Die Hoffnung Muth in ihre Bruſt,
Und aus des Auges dunkler Tiefe
Blickt mit dem Zorne dann — die Luſt.
Noch hängt ſie, vor Verlangen zitternd,
An ſeinem Bild mit ganzem Blick
Dann aber, wie ſich ſelbſt verbitternd,
Ruft ſie: „welch arm — erträumtes Glück!
Was ſoll dies kindiſche Betrachten,
Und dies Bewundern Zug um Zug?
Unwürdig mein und zu verachten
Iſt dieſer ſchale Selbſtbetrug.
Ich will ihn ſelbſt; mag leben — träumen
Eins ſein in der Vergangenheit,
So lang der Freude Becher ſchäumen
Fühlt man den Reiz der Wirklichkeit.
Die ſei’s!“
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_gedichte_1851/230>, abgerufen am 16.02.2025. |