Fontane, Theodor: Gedichte. Berlin, 1851.
Leert sie den gifterfüllten Becher Sie ist allein; sein Bild betrachtend Wächst wild die Gluth in ihrem Hirn, Und eine Wolke legt sich nachtend Um die gebieterische Stirn. Wohl eine Wolke, doch nicht solche Die sich in Wehmuthsthränen löst, Nein, die des Zorns, die Blitzesdolche In des Verhaßten Seele stößt.
Leert ſie den gifterfüllten Becher Sie iſt allein; ſein Bild betrachtend Wächſt wild die Gluth in ihrem Hirn, Und eine Wolke legt ſich nachtend Um die gebieteriſche Stirn. Wohl eine Wolke, doch nicht ſolche Die ſich in Wehmuthsthränen löſt, Nein, die des Zorns, die Blitzesdolche In des Verhaßten Seele ſtößt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg n="3"> <l> <pb facs="#f0229" n="215"/> </l> <l>Leert ſie den gifterfüllten Becher</l><lb/> <l>Zurückgewieſner Leidenſchaft.</l><lb/> <l>Sie, die bei tauſend Huldigungen</l><lb/> <l>Ihr Herz mit kaltem Stolz bewehrt,</l><lb/> <l>Sieht jeden Sieg, den ſie errungen</l><lb/> <l>In Niederlage jetzt verkehrt.</l><lb/> <l>Umſonſt, daß ſie die Sinnenliebe</l><lb/> <l>So lang bemeiſtert und gebannt,</l><lb/> <l>Jetzt höhnen ſie die eignen Triebe</l><lb/> <l><choice><sic>Uud</sic><corr>Und</corr></choice> des Geliebten Widerſtand.</l> </lg><lb/> <lg n="4"> <l>Sie iſt allein; ſein Bild betrachtend</l><lb/> <l>Wächſt wild die Gluth in ihrem Hirn,</l><lb/> <l>Und eine Wolke legt ſich nachtend</l><lb/> <l>Um die gebieteriſche Stirn.</l><lb/> <l>Wohl eine Wolke, doch nicht ſolche</l><lb/> <l>Die ſich in Wehmuthsthränen löſt,</l><lb/> <l>Nein, die des Zorns, die Blitzesdolche</l><lb/> <l>In des Verhaßten Seele ſtößt.</l><lb/> <l> </l> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [215/0229]
Leert ſie den gifterfüllten Becher
Zurückgewieſner Leidenſchaft.
Sie, die bei tauſend Huldigungen
Ihr Herz mit kaltem Stolz bewehrt,
Sieht jeden Sieg, den ſie errungen
In Niederlage jetzt verkehrt.
Umſonſt, daß ſie die Sinnenliebe
So lang bemeiſtert und gebannt,
Jetzt höhnen ſie die eignen Triebe
Und des Geliebten Widerſtand.
Sie iſt allein; ſein Bild betrachtend
Wächſt wild die Gluth in ihrem Hirn,
Und eine Wolke legt ſich nachtend
Um die gebieteriſche Stirn.
Wohl eine Wolke, doch nicht ſolche
Die ſich in Wehmuthsthränen löſt,
Nein, die des Zorns, die Blitzesdolche
In des Verhaßten Seele ſtößt.
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