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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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gestorben ist, dann schick' ich einen Kranz und wenn
ich in Berlin bin oder in der Nähe, dann bring' ich
ihn selber."

Der Alten Gesicht verklärte sich ordentlich vor
Freude. "Na, das is ein Wort, Herr Baron. Un
da hab' ich doch nu meinen Kranz aufs Grab und
is mir lieb, daß ich ihn habe. Denn ich kann die
kahlen Gräber nich leiden, die so aussehn wie'n
Waisenhaus-Kirchhof oder für die Gefangenen oder
noch schlimmer. Aber nu mach' einen Thee, Lene,
das Wasser kocht un bullert schon un Erdbeeren
und Milch sind auch da. Un auch saure. Jott,
den armen Herrn Baron muß ja schon ganz jäm¬
lich sein. Immer ankucken macht hungrig, soviel
weiß ich auch noch. Ja, Frau Dörr, man hat ja
doch auch mal seine Jugend gehabt un wenn es
auch lange her is. Aber die Menschen waren da¬
mals so wie heut."

Frau Nimptsch, die heut ihren Redetag hatte,
philosophirte noch eine Weile weiter, während Lene
das Abendbrod auftrug und Botho seine Neckereien
mit der guten Frau Dörr fortsetzte. Das sei gut,
daß sie den Staats-Hut zu rechter Zeit zu Bette
gebracht habe, der sei für Kroll oder fürs Theater,
aber nicht für den Wilmersdorfer Pedenhaufen.
Wo sie den Hut denn eigentlich her habe? Sol¬
chen Hut habe keine Prinzessin. Und er habe so

geſtorben iſt, dann ſchick' ich einen Kranz und wenn
ich in Berlin bin oder in der Nähe, dann bring' ich
ihn ſelber.“

Der Alten Geſicht verklärte ſich ordentlich vor
Freude. „Na, das is ein Wort, Herr Baron. Un
da hab' ich doch nu meinen Kranz aufs Grab und
is mir lieb, daß ich ihn habe. Denn ich kann die
kahlen Gräber nich leiden, die ſo ausſehn wie'n
Waiſenhaus-Kirchhof oder für die Gefangenen oder
noch ſchlimmer. Aber nu mach' einen Thee, Lene,
das Waſſer kocht un bullert ſchon un Erdbeeren
und Milch ſind auch da. Un auch ſaure. Jott,
den armen Herrn Baron muß ja ſchon ganz jäm¬
lich ſein. Immer ankucken macht hungrig, ſoviel
weiß ich auch noch. Ja, Frau Dörr, man hat ja
doch auch mal ſeine Jugend gehabt un wenn es
auch lange her is. Aber die Menſchen waren da¬
mals ſo wie heut.“

Frau Nimptſch, die heut ihren Redetag hatte,
philoſophirte noch eine Weile weiter, während Lene
das Abendbrod auftrug und Botho ſeine Neckereien
mit der guten Frau Dörr fortſetzte. Das ſei gut,
daß ſie den Staats-Hut zu rechter Zeit zu Bette
gebracht habe, der ſei für Kroll oder fürs Theater,
aber nicht für den Wilmersdorfer Pedenhaufen.
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[98/0108] geſtorben iſt, dann ſchick' ich einen Kranz und wenn ich in Berlin bin oder in der Nähe, dann bring' ich ihn ſelber.“ Der Alten Geſicht verklärte ſich ordentlich vor Freude. „Na, das is ein Wort, Herr Baron. Un da hab' ich doch nu meinen Kranz aufs Grab und is mir lieb, daß ich ihn habe. Denn ich kann die kahlen Gräber nich leiden, die ſo ausſehn wie'n Waiſenhaus-Kirchhof oder für die Gefangenen oder noch ſchlimmer. Aber nu mach' einen Thee, Lene, das Waſſer kocht un bullert ſchon un Erdbeeren und Milch ſind auch da. Un auch ſaure. Jott, den armen Herrn Baron muß ja ſchon ganz jäm¬ lich ſein. Immer ankucken macht hungrig, ſoviel weiß ich auch noch. Ja, Frau Dörr, man hat ja doch auch mal ſeine Jugend gehabt un wenn es auch lange her is. Aber die Menſchen waren da¬ mals ſo wie heut.“ Frau Nimptſch, die heut ihren Redetag hatte, philoſophirte noch eine Weile weiter, während Lene das Abendbrod auftrug und Botho ſeine Neckereien mit der guten Frau Dörr fortſetzte. Das ſei gut, daß ſie den Staats-Hut zu rechter Zeit zu Bette gebracht habe, der ſei für Kroll oder fürs Theater, aber nicht für den Wilmersdorfer Pedenhaufen. Wo ſie den Hut denn eigentlich her habe? Sol¬ chen Hut habe keine Prinzeſſin. Und er habe ſo

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/108>, abgerufen am 21.11.2024.