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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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fuhr dann fort: "Ich bat sie, sie nach Hause be¬
gleiten zu dürfen, und sie nahm es ohne Weiteres
an, was mich damals einen Augenblick überraschte.
Denn ich kannte sie noch nicht. Aber ich sah sehr
bald, woran es lag; sie hatte sich von Jugend an
daran gewöhnt, nach ihren eigenen Entschlüssen zu
handeln, ohne viel Rücksicht auf die Menschen und
jedenfalls ohne Furcht vor ihrem Urtheil."

Franke nickte.

"So machten wir denn den weiten Weg und ich
begleitete sie nach Haus und war entzückt von Allem,
was ich da sah, von der alten Frau, von dem Herd,
an dem sie saß, von dem Garten, darin das Haus
lag, und von der Abgeschiedenheit und Stille. Nach
einer Viertelstunde ging ich wieder, und als ich mich
draußen am Gartengitter von der Lene verabschiedete,
frug ich, "ob ich wiederkommen dürfe," welche Frage
sie mit einem einfachen "ja" beantwortete. Nichts
von falscher Scham, aber noch weniger von Unweib¬
lichkeit. Umgekehrt, es lag etwas Rührendes in
ihrem Wesen und ihrer Stimme."

Rienäcker, als das alles wieder vor seine Seele
trat, stand in sichtlicher Erregung auf und öffnete
beide Flügel der Balkonthür, als ob es ihm in
seinem Zimmer zu heiß werde. Dann, auf und ab
schreitend, fuhr er in einem rascheren Tempo fort
"Ich habe kaum noch etwas hinzuzusetzen. Das war

Fontane, Irrungen. 15

fuhr dann fort: „Ich bat ſie, ſie nach Hauſe be¬
gleiten zu dürfen, und ſie nahm es ohne Weiteres
an, was mich damals einen Augenblick überraſchte.
Denn ich kannte ſie noch nicht. Aber ich ſah ſehr
bald, woran es lag; ſie hatte ſich von Jugend an
daran gewöhnt, nach ihren eigenen Entſchlüſſen zu
handeln, ohne viel Rückſicht auf die Menſchen und
jedenfalls ohne Furcht vor ihrem Urtheil.“

Franke nickte.

„So machten wir denn den weiten Weg und ich
begleitete ſie nach Haus und war entzückt von Allem,
was ich da ſah, von der alten Frau, von dem Herd,
an dem ſie ſaß, von dem Garten, darin das Haus
lag, und von der Abgeſchiedenheit und Stille. Nach
einer Viertelſtunde ging ich wieder, und als ich mich
draußen am Gartengitter von der Lene verabſchiedete,
frug ich, „ob ich wiederkommen dürfe,“ welche Frage
ſie mit einem einfachen „ja“ beantwortete. Nichts
von falſcher Scham, aber noch weniger von Unweib¬
lichkeit. Umgekehrt, es lag etwas Rührendes in
ihrem Weſen und ihrer Stimme.“

Rienäcker, als das alles wieder vor ſeine Seele
trat, ſtand in ſichtlicher Erregung auf und öffnete
beide Flügel der Balkonthür, als ob es ihm in
ſeinem Zimmer zu heiß werde. Dann, auf und ab
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[225/0235] fuhr dann fort: „Ich bat ſie, ſie nach Hauſe be¬ gleiten zu dürfen, und ſie nahm es ohne Weiteres an, was mich damals einen Augenblick überraſchte. Denn ich kannte ſie noch nicht. Aber ich ſah ſehr bald, woran es lag; ſie hatte ſich von Jugend an daran gewöhnt, nach ihren eigenen Entſchlüſſen zu handeln, ohne viel Rückſicht auf die Menſchen und jedenfalls ohne Furcht vor ihrem Urtheil.“ Franke nickte. „So machten wir denn den weiten Weg und ich begleitete ſie nach Haus und war entzückt von Allem, was ich da ſah, von der alten Frau, von dem Herd, an dem ſie ſaß, von dem Garten, darin das Haus lag, und von der Abgeſchiedenheit und Stille. Nach einer Viertelſtunde ging ich wieder, und als ich mich draußen am Gartengitter von der Lene verabſchiedete, frug ich, „ob ich wiederkommen dürfe,“ welche Frage ſie mit einem einfachen „ja“ beantwortete. Nichts von falſcher Scham, aber noch weniger von Unweib¬ lichkeit. Umgekehrt, es lag etwas Rührendes in ihrem Weſen und ihrer Stimme.“ Rienäcker, als das alles wieder vor ſeine Seele trat, ſtand in ſichtlicher Erregung auf und öffnete beide Flügel der Balkonthür, als ob es ihm in ſeinem Zimmer zu heiß werde. Dann, auf und ab ſchreitend, fuhr er in einem raſcheren Tempo fort „Ich habe kaum noch etwas hinzuzuſetzen. Das war Fontane, Irrungen. 15

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/235>, abgerufen am 24.11.2024.