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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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den Bruchspargel hinein, den sie während des Sor¬
tierens in ihrer Schürze behalten hatte. "Da,
Lene, das giebt 'ne Spargelsuppe. Un is so gut
wie das andre. Denn daß es immer die Köppe
sein müssen, is ja dummes Zeug. Ebenso wie mit'n
Blumenkohl; immer Blume, Blume, die reine Ein¬
bildung. Der Strunk is eigentlich das Beste, da
sitzt die Kraft drin. Und die Kraft is immer die
Hauptsache."

"Gott, Sie sind immer so gut, Frau Dörr.
Aber was wird nur Ihr Alter sagen?"

"Der? Ach, Leneken, was der sagt, is ganz
egal. Der red't doch. Er will immer, daß ich den
Murks mit einbinde, wie wenn's richtige Stangen
wären; aber solche Bedrügerei mag ich nich, auch
wenn Bruch- und Stückenzeug grade so gut schmeckt
wie's Ganze. Was einer bezahlt, das muß er haben,
un ich ärgre mir blos, daß so'n Mensch, dem es
so zuwächst, so'n alter Geizkragen is. Aber so
sind die Gärtners alle, rapschen und rapschen un
können nie genug kriegen."

"Ja," lachte Lene, "geizig is er und ein bischen
wunderlich. -- Aber eigentlich doch ein guter
Mann."

"Ja, Leneken, er wäre so weit ganz gut un
auch die Geizerei wäre nich so schlimm un is immer
noch besser als die Verbringerei, wenn er man nich

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den Bruchſpargel hinein, den ſie während des Sor¬
tierens in ihrer Schürze behalten hatte. „Da,
Lene, das giebt 'ne Spargelſuppe. Un is ſo gut
wie das andre. Denn daß es immer die Köppe
ſein müſſen, is ja dummes Zeug. Ebenſo wie mit'n
Blumenkohl; immer Blume, Blume, die reine Ein¬
bildung. Der Strunk is eigentlich das Beſte, da
ſitzt die Kraft drin. Und die Kraft is immer die
Hauptſache.“

„Gott, Sie ſind immer ſo gut, Frau Dörr.
Aber was wird nur Ihr Alter ſagen?“

„Der? Ach, Leneken, was der ſagt, is ganz
egal. Der red't doch. Er will immer, daß ich den
Murks mit einbinde, wie wenn's richtige Stangen
wären; aber ſolche Bedrügerei mag ich nich, auch
wenn Bruch- und Stückenzeug grade ſo gut ſchmeckt
wie's Ganze. Was einer bezahlt, das muß er haben,
un ich ärgre mir blos, daß ſo'n Menſch, dem es
ſo zuwächſt, ſo'n alter Geizkragen is. Aber ſo
ſind die Gärtners alle, rapſchen und rapſchen un
können nie genug kriegen.“

„Ja,“ lachte Lene, „geizig is er und ein bischen
wunderlich. — Aber eigentlich doch ein guter
Mann.“

„Ja, Leneken, er wäre ſo weit ganz gut un
auch die Geizerei wäre nich ſo ſchlimm un is immer
noch beſſer als die Verbringerei, wenn er man nich

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[19/0029] den Bruchſpargel hinein, den ſie während des Sor¬ tierens in ihrer Schürze behalten hatte. „Da, Lene, das giebt 'ne Spargelſuppe. Un is ſo gut wie das andre. Denn daß es immer die Köppe ſein müſſen, is ja dummes Zeug. Ebenſo wie mit'n Blumenkohl; immer Blume, Blume, die reine Ein¬ bildung. Der Strunk is eigentlich das Beſte, da ſitzt die Kraft drin. Und die Kraft is immer die Hauptſache.“ „Gott, Sie ſind immer ſo gut, Frau Dörr. Aber was wird nur Ihr Alter ſagen?“ „Der? Ach, Leneken, was der ſagt, is ganz egal. Der red't doch. Er will immer, daß ich den Murks mit einbinde, wie wenn's richtige Stangen wären; aber ſolche Bedrügerei mag ich nich, auch wenn Bruch- und Stückenzeug grade ſo gut ſchmeckt wie's Ganze. Was einer bezahlt, das muß er haben, un ich ärgre mir blos, daß ſo'n Menſch, dem es ſo zuwächſt, ſo'n alter Geizkragen is. Aber ſo ſind die Gärtners alle, rapſchen und rapſchen un können nie genug kriegen.“ „Ja,“ lachte Lene, „geizig is er und ein bischen wunderlich. — Aber eigentlich doch ein guter Mann.“ „Ja, Leneken, er wäre ſo weit ganz gut un auch die Geizerei wäre nich ſo ſchlimm un is immer noch beſſer als die Verbringerei, wenn er man nich 2*

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/29>, abgerufen am 21.11.2024.