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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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liebe Frau Dörr, es mag wohl nicht recht gewesen
sein, gleich so frei weg zu sprechen, aber der Eine
gefiel mir und sich zieren und zimperlich thun, das
hab' ich nie gekonnt Und so gingen wir denn den
weiten Weg, erst an der Spree und dann an dem
Kanal hin."

"Und Rudolf!"

"Der ging hinterher, als ob er gar nicht zuge¬
höre, sah aber alles und paßte gut auf. Was auch
recht war; denn die Lina is ja erst achtzehn und
noch ein gutes, unschuldiges Kind!"

"Meinst Du?"

"Gewiß, Frau Dörr. Sie brauchen sie ja blos
anzusehn. So was sieht man gleich."

"Ja, mehrstens. Aber mitunter auch nich.
Und da haben sie euch denn nach Hause gebracht?"

"Ja. Frau Dörr."

"Und nachher?"

"Ja, nachher. Nun Sie wissen ja, wie's nach¬
her kam. Er kam dann den andern Tag und fragte
nach. Und seitdem ist er oft gekommen und ich
freue mich immer, wenn er kommt. Gott, man
freut sich doch, wenn man mal was erlebt. Es ist
oft so einsam hier draußen. Und Sie wissen ja,
Frau Dörr, Mutter hat nichts dagegen und sagt
immer: Kind, es schadt nichts. Eh man sich's ver¬
sieht, is man alt."

liebe Frau Dörr, es mag wohl nicht recht geweſen
ſein, gleich ſo frei weg zu ſprechen, aber der Eine
gefiel mir und ſich zieren und zimperlich thun, das
hab' ich nie gekonnt Und ſo gingen wir denn den
weiten Weg, erſt an der Spree und dann an dem
Kanal hin.“

„Und Rudolf!“

„Der ging hinterher, als ob er gar nicht zuge¬
höre, ſah aber alles und paßte gut auf. Was auch
recht war; denn die Lina is ja erſt achtzehn und
noch ein gutes, unſchuldiges Kind!“

„Meinſt Du?“

„Gewiß, Frau Dörr. Sie brauchen ſie ja blos
anzuſehn. So was ſieht man gleich.“

„Ja, mehrſtens. Aber mitunter auch nich.
Und da haben ſie euch denn nach Hauſe gebracht?“

„Ja. Frau Dörr.“

„Und nachher?“

„Ja, nachher. Nun Sie wiſſen ja, wie's nach¬
her kam. Er kam dann den andern Tag und fragte
nach. Und ſeitdem iſt er oft gekommen und ich
freue mich immer, wenn er kommt. Gott, man
freut ſich doch, wenn man mal was erlebt. Es iſt
oft ſo einſam hier draußen. Und Sie wiſſen ja,
Frau Dörr, Mutter hat nichts dagegen und ſagt
immer: Kind, es ſchadt nichts. Eh man ſich's ver¬
ſieht, is man alt.“

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[24/0034] liebe Frau Dörr, es mag wohl nicht recht geweſen ſein, gleich ſo frei weg zu ſprechen, aber der Eine gefiel mir und ſich zieren und zimperlich thun, das hab' ich nie gekonnt Und ſo gingen wir denn den weiten Weg, erſt an der Spree und dann an dem Kanal hin.“ „Und Rudolf!“ „Der ging hinterher, als ob er gar nicht zuge¬ höre, ſah aber alles und paßte gut auf. Was auch recht war; denn die Lina is ja erſt achtzehn und noch ein gutes, unſchuldiges Kind!“ „Meinſt Du?“ „Gewiß, Frau Dörr. Sie brauchen ſie ja blos anzuſehn. So was ſieht man gleich.“ „Ja, mehrſtens. Aber mitunter auch nich. Und da haben ſie euch denn nach Hauſe gebracht?“ „Ja. Frau Dörr.“ „Und nachher?“ „Ja, nachher. Nun Sie wiſſen ja, wie's nach¬ her kam. Er kam dann den andern Tag und fragte nach. Und ſeitdem iſt er oft gekommen und ich freue mich immer, wenn er kommt. Gott, man freut ſich doch, wenn man mal was erlebt. Es iſt oft ſo einſam hier draußen. Und Sie wiſſen ja, Frau Dörr, Mutter hat nichts dagegen und ſagt immer: Kind, es ſchadt nichts. Eh man ſich's ver¬ ſieht, is man alt.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/34>, abgerufen am 21.11.2024.