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Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888.

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nicht anders sagen. Und nun lassen wir die Frau
Dörr und setzen uns lieber und sehen in die Mond¬
sichel."

Wirklich, der Mond stand drüben über dem
Elephantenhause, das in dem niederströmenden Silber¬
lichte, noch phantastischer aussah, als gewöhnlich.
Lene wies darauf hin, zog die Mantelkapuze fester
zusammen und barg sich an seine Brust.

So vergingen ihr Minuten, schweigend und
glücklich, und erst als sie sich wie von einem Traume,
der sich doch nicht festhalten ließ, wieder aufrichtete,
sagte sie: "Woran hast Du gedacht? Aber Du
mußt mir die Wahrheit sagen."

"Woran ich dachte, Lene? Ja, fast schäm' ich
mich, es zu sagen. Ich hatte sentimentale Gedanken
und dachte nach Haus hin an unsren Küchengarten
in Schloß Zehden, der genau so daliegt wie dieser
Dörr'sche, dieselben Salatbeete mit Kirschbäumen da¬
zwischen und ich möchte wetten auch ebenso viele
Meisenkästen. Und auch die Spargelbeete liefen so
hin. Und dazwischen ging ich mit meiner Mutter
und wenn sie guter Laune war, gab sie mir das
Messer und erlaubte, daß ich ihr half. Aber weh
mir, wenn ich ungeschickt war und die Spargelstange
zu lang oder zu kurz abstach. Meine Mutter hatte
eine rasche Hand."

nicht anders ſagen. Und nun laſſen wir die Frau
Dörr und ſetzen uns lieber und ſehen in die Mond¬
ſichel.“

Wirklich, der Mond ſtand drüben über dem
Elephantenhauſe, das in dem niederſtrömenden Silber¬
lichte, noch phantaſtiſcher ausſah, als gewöhnlich.
Lene wies darauf hin, zog die Mantelkapuze feſter
zuſammen und barg ſich an ſeine Bruſt.

So vergingen ihr Minuten, ſchweigend und
glücklich, und erſt als ſie ſich wie von einem Traume,
der ſich doch nicht feſthalten ließ, wieder aufrichtete,
ſagte ſie: „Woran haſt Du gedacht? Aber Du
mußt mir die Wahrheit ſagen.“

„Woran ich dachte, Lene? Ja, faſt ſchäm' ich
mich, es zu ſagen. Ich hatte ſentimentale Gedanken
und dachte nach Haus hin an unſren Küchengarten
in Schloß Zehden, der genau ſo daliegt wie dieſer
Dörr'ſche, dieſelben Salatbeete mit Kirſchbäumen da¬
zwiſchen und ich möchte wetten auch ebenſo viele
Meiſenkäſten. Und auch die Spargelbeete liefen ſo
hin. Und dazwiſchen ging ich mit meiner Mutter
und wenn ſie guter Laune war, gab ſie mir das
Meſſer und erlaubte, daß ich ihr half. Aber weh
mir, wenn ich ungeſchickt war und die Spargelſtange
zu lang oder zu kurz abſtach. Meine Mutter hatte
eine raſche Hand.“

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[47/0057] nicht anders ſagen. Und nun laſſen wir die Frau Dörr und ſetzen uns lieber und ſehen in die Mond¬ ſichel.“ Wirklich, der Mond ſtand drüben über dem Elephantenhauſe, das in dem niederſtrömenden Silber¬ lichte, noch phantaſtiſcher ausſah, als gewöhnlich. Lene wies darauf hin, zog die Mantelkapuze feſter zuſammen und barg ſich an ſeine Bruſt. So vergingen ihr Minuten, ſchweigend und glücklich, und erſt als ſie ſich wie von einem Traume, der ſich doch nicht feſthalten ließ, wieder aufrichtete, ſagte ſie: „Woran haſt Du gedacht? Aber Du mußt mir die Wahrheit ſagen.“ „Woran ich dachte, Lene? Ja, faſt ſchäm' ich mich, es zu ſagen. Ich hatte ſentimentale Gedanken und dachte nach Haus hin an unſren Küchengarten in Schloß Zehden, der genau ſo daliegt wie dieſer Dörr'ſche, dieſelben Salatbeete mit Kirſchbäumen da¬ zwiſchen und ich möchte wetten auch ebenſo viele Meiſenkäſten. Und auch die Spargelbeete liefen ſo hin. Und dazwiſchen ging ich mit meiner Mutter und wenn ſie guter Laune war, gab ſie mir das Meſſer und erlaubte, daß ich ihr half. Aber weh mir, wenn ich ungeſchickt war und die Spargelſtange zu lang oder zu kurz abſtach. Meine Mutter hatte eine raſche Hand.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Irrungen, Wirrungen. Leipzig, 1888, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_irrungen_1888/57>, abgerufen am 24.11.2024.