Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Von seinem Lebensausgang erfuhr ich später das Folgende. Mitte der dreißiger Jahre ging er, als Erzieher zu den Kindern eines Grafen Bninski; dort war er lange Zeit, wurde Freund des Hauses und sprach nur oft den Wunsch aus, daß er auf dem Swinemünder Kirchhofe begraben sein möchte. Daß sich dies erfüllen würde, war ihm selber sehr zweifelhaft. Aber es erfüllte sich doch. Er wurde nervenkrank und sollte, nach ärztlichem Rath, zu seiner Wiederherstellung in ein Seebad. Er wählte natürlich Swinemünde. Da starb er und ruht nun da, wo er zu ruhen wünschte.



Ein Anderer aus der Honoratiorenschaft war Hofrath Dr. Kind, wenn ich recht berichtet bin, ein Neffe des Freischützdichters Friedrich Kind. Er war mit einem Fräulein Valentini verheirathet, einer Schwester des um jene Zeit als Universitätslehrer in Berlin lebenden italienischen Professors Valentini. Das damals erst aufblühende Swinemünder Seebad verdankte dem Eifer Kind's sehr viel; unter anderem war er auch schriftstellerisch in dieser Richtung thätig. In seiner Erscheinung war er klein und fein, typischer Sachse, was sonderbarerweise die Spottlust der sonst so humoristisch-derb zugeschnittenen Swinemünder

Von seinem Lebensausgang erfuhr ich später das Folgende. Mitte der dreißiger Jahre ging er, als Erzieher zu den Kindern eines Grafen Bninski; dort war er lange Zeit, wurde Freund des Hauses und sprach nur oft den Wunsch aus, daß er auf dem Swinemünder Kirchhofe begraben sein möchte. Daß sich dies erfüllen würde, war ihm selber sehr zweifelhaft. Aber es erfüllte sich doch. Er wurde nervenkrank und sollte, nach ärztlichem Rath, zu seiner Wiederherstellung in ein Seebad. Er wählte natürlich Swinemünde. Da starb er und ruht nun da, wo er zu ruhen wünschte.



Ein Anderer aus der Honoratiorenschaft war Hofrath Dr. Kind, wenn ich recht berichtet bin, ein Neffe des Freischützdichters Friedrich Kind. Er war mit einem Fräulein Valentini verheirathet, einer Schwester des um jene Zeit als Universitätslehrer in Berlin lebenden italienischen Professors Valentini. Das damals erst aufblühende Swinemünder Seebad verdankte dem Eifer Kind’s sehr viel; unter anderem war er auch schriftstellerisch in dieser Richtung thätig. In seiner Erscheinung war er klein und fein, typischer Sachse, was sonderbarerweise die Spottlust der sonst so humoristisch-derb zugeschnittenen Swinemünder

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0105" n="97"/>
Von seinem Lebensausgang erfuhr ich später das Folgende. Mitte der dreißiger Jahre ging er, als Erzieher zu den Kindern eines Grafen Bninski; dort war er lange Zeit, wurde Freund des Hauses und sprach nur oft den Wunsch aus, daß er auf dem Swinemünder Kirchhofe begraben sein möchte. Daß sich dies erfüllen würde, war ihm selber sehr zweifelhaft. Aber es erfüllte sich doch. Er wurde nervenkrank und sollte, nach ärztlichem Rath, zu seiner Wiederherstellung in ein Seebad. Er wählte natürlich Swinemünde. Da starb er und ruht nun da, wo er zu ruhen wünschte.</p>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Ein Anderer aus der Honoratiorenschaft war Hofrath <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Kind</hi>, wenn ich recht berichtet bin, ein Neffe des Freischützdichters Friedrich Kind. Er war mit einem Fräulein Valentini verheirathet, einer Schwester des um jene Zeit als Universitätslehrer in Berlin lebenden italienischen Professors Valentini. Das damals erst aufblühende Swinemünder Seebad verdankte dem Eifer Kind&#x2019;s sehr viel; unter anderem war er auch schriftstellerisch in dieser Richtung thätig. In seiner Erscheinung war er klein und fein, typischer Sachse, was sonderbarerweise die Spottlust der sonst so humoristisch-derb zugeschnittenen Swinemünder
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[97/0105] Von seinem Lebensausgang erfuhr ich später das Folgende. Mitte der dreißiger Jahre ging er, als Erzieher zu den Kindern eines Grafen Bninski; dort war er lange Zeit, wurde Freund des Hauses und sprach nur oft den Wunsch aus, daß er auf dem Swinemünder Kirchhofe begraben sein möchte. Daß sich dies erfüllen würde, war ihm selber sehr zweifelhaft. Aber es erfüllte sich doch. Er wurde nervenkrank und sollte, nach ärztlichem Rath, zu seiner Wiederherstellung in ein Seebad. Er wählte natürlich Swinemünde. Da starb er und ruht nun da, wo er zu ruhen wünschte. Ein Anderer aus der Honoratiorenschaft war Hofrath Dr. Kind, wenn ich recht berichtet bin, ein Neffe des Freischützdichters Friedrich Kind. Er war mit einem Fräulein Valentini verheirathet, einer Schwester des um jene Zeit als Universitätslehrer in Berlin lebenden italienischen Professors Valentini. Das damals erst aufblühende Swinemünder Seebad verdankte dem Eifer Kind’s sehr viel; unter anderem war er auch schriftstellerisch in dieser Richtung thätig. In seiner Erscheinung war er klein und fein, typischer Sachse, was sonderbarerweise die Spottlust der sonst so humoristisch-derb zugeschnittenen Swinemünder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-21T13:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-21T13:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Worttrennungen am Zeilenende werden ignoriert. Das Wort wird noch auf der gleichen Seite vervollständigt.
  • Die Transkription folgt im Übrigen dem Original.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/105
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_kinderjahre_1894/105>, abgerufen am 21.11.2024.