Fontane, Theodor: Meine Kinderjahre. Berlin, 1894.allmälig ansteigenden Wege stand ein Sarg, der, weil eben mit einem frischen Lack gestrichen, hell in der Abendsonne blinkte. Das war der Empfang. Ich erschrak in meinem Kinderherzen und wies scheu darauf hin, aber mein Vater wollte von Angst und schlechter Vorbedeutung nichts wissen und sagte, "sei nicht so dumm. Das ist das Beste was uns passiren kann. Das ist wie wenn einem eine Karre mit einem todten Pferd darauf begegnet und das hier ist noch besser. Das todte Pferd bedeutet immer blos Geld, aber ein Sarg bedeutet Glück überhaupt. Und bei allem Respekt vor Geld, Glück ist noch besser. Glück ist alles. Wir werden also hier Glück haben. Nicht wahr, Herr Wolff? Glück sag ich. Und Sie auch." Herr Wolff nickte. Uebrigens hatte mein Vater ganz recht prophezeit. Es ging uns gut hier, und was mitunter anders aussah, daran war das Glück nicht Schuld, das that, umgekehrt, sein Möglichstes für uns. Mit dem Tischlerhause begann die Stadt, aber mir wollte es noch immer nicht so vorkommen, als führen wir schon wirklich in eine Stadt hinein. Ein Thor war nicht da, Pflaster auch nicht, Menschen auch nicht. Der Abstand zwischen den Häuserreihen links und rechts war unendlich breit und jedes Haus klein und häßlich, viele noch mit Strohdach. allmälig ansteigenden Wege stand ein Sarg, der, weil eben mit einem frischen Lack gestrichen, hell in der Abendsonne blinkte. Das war der Empfang. Ich erschrak in meinem Kinderherzen und wies scheu darauf hin, aber mein Vater wollte von Angst und schlechter Vorbedeutung nichts wissen und sagte, „sei nicht so dumm. Das ist das Beste was uns passiren kann. Das ist wie wenn einem eine Karre mit einem todten Pferd darauf begegnet und das hier ist noch besser. Das todte Pferd bedeutet immer blos Geld, aber ein Sarg bedeutet Glück überhaupt. Und bei allem Respekt vor Geld, Glück ist noch besser. Glück ist alles. Wir werden also hier Glück haben. Nicht wahr, Herr Wolff? Glück sag ich. Und Sie auch.“ Herr Wolff nickte. Uebrigens hatte mein Vater ganz recht prophezeit. Es ging uns gut hier, und was mitunter anders aussah, daran war das Glück nicht Schuld, das that, umgekehrt, sein Möglichstes für uns. Mit dem Tischlerhause begann die Stadt, aber mir wollte es noch immer nicht so vorkommen, als führen wir schon wirklich in eine Stadt hinein. Ein Thor war nicht da, Pflaster auch nicht, Menschen auch nicht. Der Abstand zwischen den Häuserreihen links und rechts war unendlich breit und jedes Haus klein und häßlich, viele noch mit Strohdach. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0051" n="43"/> allmälig ansteigenden Wege stand ein Sarg, der, weil eben mit einem frischen Lack gestrichen, hell in der Abendsonne blinkte. Das war der Empfang. Ich erschrak in meinem Kinderherzen und wies scheu darauf hin, aber mein Vater wollte von Angst und schlechter Vorbedeutung nichts wissen und sagte, „sei nicht so dumm. Das ist das Beste was uns passiren kann. Das ist wie wenn einem eine Karre mit einem todten Pferd darauf begegnet und das hier ist noch besser. Das todte Pferd bedeutet immer blos Geld, aber ein Sarg bedeutet Glück überhaupt. Und bei allem Respekt vor Geld, Glück ist noch besser. Glück ist alles. Wir werden also hier Glück haben. Nicht wahr, Herr Wolff? Glück sag ich. Und Sie auch.“ Herr Wolff nickte. Uebrigens hatte mein Vater ganz recht prophezeit. Es ging uns gut hier, und was mitunter anders aussah, daran war das Glück nicht Schuld, das that, umgekehrt, sein Möglichstes für uns.</p> <p>Mit dem Tischlerhause begann die Stadt, aber mir wollte es noch immer nicht so vorkommen, als führen wir schon wirklich in eine Stadt hinein. Ein Thor war nicht da, Pflaster auch nicht, Menschen auch nicht. Der Abstand zwischen den Häuserreihen links und rechts war unendlich breit und jedes Haus klein und häßlich, viele noch mit Strohdach. </p> </div> </body> </text> </TEI> [43/0051]
allmälig ansteigenden Wege stand ein Sarg, der, weil eben mit einem frischen Lack gestrichen, hell in der Abendsonne blinkte. Das war der Empfang. Ich erschrak in meinem Kinderherzen und wies scheu darauf hin, aber mein Vater wollte von Angst und schlechter Vorbedeutung nichts wissen und sagte, „sei nicht so dumm. Das ist das Beste was uns passiren kann. Das ist wie wenn einem eine Karre mit einem todten Pferd darauf begegnet und das hier ist noch besser. Das todte Pferd bedeutet immer blos Geld, aber ein Sarg bedeutet Glück überhaupt. Und bei allem Respekt vor Geld, Glück ist noch besser. Glück ist alles. Wir werden also hier Glück haben. Nicht wahr, Herr Wolff? Glück sag ich. Und Sie auch.“ Herr Wolff nickte. Uebrigens hatte mein Vater ganz recht prophezeit. Es ging uns gut hier, und was mitunter anders aussah, daran war das Glück nicht Schuld, das that, umgekehrt, sein Möglichstes für uns.
Mit dem Tischlerhause begann die Stadt, aber mir wollte es noch immer nicht so vorkommen, als führen wir schon wirklich in eine Stadt hinein. Ein Thor war nicht da, Pflaster auch nicht, Menschen auch nicht. Der Abstand zwischen den Häuserreihen links und rechts war unendlich breit und jedes Haus klein und häßlich, viele noch mit Strohdach.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Digitale Drucke der Uni Bielefeld: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-21T13:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-01-21T13:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |