Fontane, Theodor: Die Poggenpuhls. 6. Aufl. Berlin, 1902.meisten von seinen Besuchen auf dem Lande, sowohl bei den deutschen wie bei den polnischen Edelleuten. "Und macht ihr bei diesen moralische Eroberungen?" fragte Therese. "Gewinnt ihr Terrain?" "Terrain? Jch bitte dich, Therese, wir sind froh, wenn wir im Skat gewinnen. Aber auch damit hat's gute Wege. Diese Polen, ich sage dir, das sind verdammt pfiffige Kerle, lauter Schlauberger ..." "Du hast so viel berlinische Ausdrücke, Leo." "Hab' ich. Und weil man nie genug davon haben kann, denk' ich, wir brechen so bald wie möglich auf und gehen in die Stadt auf weitere Suche. Wer Augen und Ohren hat, findet immer was. Jch möchte 'mal wieder eine Litfaßsäule studieren. ,Wer dreihundert Mark sparen will', oder die ,goldene Hundertzehn' oder ,Mittel gegen den Bandwurm'. Jch lese so was ungeheuer gern. Wer kommt mit? Wer hat Zeit und Lust?" Therese schwieg und wandte sich ab. "Hm, Therese läßt mich im Stich und Sophie hat die Wirtschaft. Aber Manon, auf dich, denk' ich, ist Verlaß. Wir sehen uns das Rezonvillepanorama an (so was verstehn die Franzosen) und sind um zwölf Unter den Linden und sehen die Wache aufziehn mit voller Musik, und wenn wir Glück haben, meisten von seinen Besuchen auf dem Lande, sowohl bei den deutschen wie bei den polnischen Edelleuten. „Und macht ihr bei diesen moralische Eroberungen?“ fragte Therese. „Gewinnt ihr Terrain?“ „Terrain? Jch bitte dich, Therese, wir sind froh, wenn wir im Skat gewinnen. Aber auch damit hat’s gute Wege. Diese Polen, ich sage dir, das sind verdammt pfiffige Kerle, lauter Schlauberger …“ „Du hast so viel berlinische Ausdrücke, Leo.“ „Hab’ ich. Und weil man nie genug davon haben kann, denk’ ich, wir brechen so bald wie möglich auf und gehen in die Stadt auf weitere Suche. Wer Augen und Ohren hat, findet immer was. Jch möchte ’mal wieder eine Litfaßsäule studieren. ‚Wer dreihundert Mark sparen will‘, oder die ‚goldene Hundertzehn‘ oder ‚Mittel gegen den Bandwurm‘. Jch lese so was ungeheuer gern. Wer kommt mit? Wer hat Zeit und Lust?“ Therese schwieg und wandte sich ab. „Hm, Therese läßt mich im Stich und Sophie hat die Wirtschaft. Aber Manon, auf dich, denk’ ich, ist Verlaß. Wir sehen uns das Rezonvillepanorama an (so was verstehn die Franzosen) und sind um zwölf Unter den Linden und sehen die Wache aufziehn mit voller Musik, und wenn wir Glück haben, <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0062" n="55"/> meisten von seinen Besuchen auf dem Lande, sowohl bei den deutschen wie bei den polnischen Edelleuten.</p><lb/> <p>„Und macht ihr bei diesen moralische Eroberungen?“ fragte Therese. „Gewinnt ihr Terrain?“</p><lb/> <p>„Terrain? Jch bitte dich, Therese, wir sind froh, wenn wir im Skat gewinnen. Aber auch damit hat’s gute Wege. Diese Polen, ich sage dir, das sind verdammt pfiffige Kerle, lauter Schlauberger …“</p><lb/> <p>„Du hast so viel berlinische Ausdrücke, Leo.“</p><lb/> <p>„Hab’ ich. Und weil man nie genug davon haben kann, denk’ ich, wir brechen so bald wie möglich auf und gehen in die Stadt auf weitere Suche. Wer Augen und Ohren hat, findet immer was. Jch möchte ’mal wieder eine Litfaßsäule studieren. ‚Wer dreihundert Mark sparen will‘, oder die ‚goldene Hundertzehn‘ oder ‚Mittel gegen den Bandwurm‘. Jch lese so was ungeheuer gern. Wer kommt mit? Wer hat Zeit und Lust?“</p><lb/> <p>Therese schwieg und wandte sich ab.</p><lb/> <p>„Hm, Therese läßt mich im Stich und Sophie hat die Wirtschaft. Aber Manon, auf dich, denk’ ich, ist Verlaß. Wir sehen uns das Rezonvillepanorama an (so was verstehn die Franzosen) und sind um zwölf Unter den Linden und sehen die Wache aufziehn mit voller Musik, und wenn wir Glück haben,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0062]
meisten von seinen Besuchen auf dem Lande, sowohl bei den deutschen wie bei den polnischen Edelleuten.
„Und macht ihr bei diesen moralische Eroberungen?“ fragte Therese. „Gewinnt ihr Terrain?“
„Terrain? Jch bitte dich, Therese, wir sind froh, wenn wir im Skat gewinnen. Aber auch damit hat’s gute Wege. Diese Polen, ich sage dir, das sind verdammt pfiffige Kerle, lauter Schlauberger …“
„Du hast so viel berlinische Ausdrücke, Leo.“
„Hab’ ich. Und weil man nie genug davon haben kann, denk’ ich, wir brechen so bald wie möglich auf und gehen in die Stadt auf weitere Suche. Wer Augen und Ohren hat, findet immer was. Jch möchte ’mal wieder eine Litfaßsäule studieren. ‚Wer dreihundert Mark sparen will‘, oder die ‚goldene Hundertzehn‘ oder ‚Mittel gegen den Bandwurm‘. Jch lese so was ungeheuer gern. Wer kommt mit? Wer hat Zeit und Lust?“
Therese schwieg und wandte sich ab.
„Hm, Therese läßt mich im Stich und Sophie hat die Wirtschaft. Aber Manon, auf dich, denk’ ich, ist Verlaß. Wir sehen uns das Rezonvillepanorama an (so was verstehn die Franzosen) und sind um zwölf Unter den Linden und sehen die Wache aufziehn mit voller Musik, und wenn wir Glück haben,
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(2018-07-25T11:03:16Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Alexandra Priesterath, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2018-07-25T11:03:16Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Die Poggenpuhls. Hrsg. von Gabriele Radecke. Berlin 2006 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 16]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). Anmerkungen zur Transkription:
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