Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Arm, was er seit vielen Jahren nicht mehr gethan hatte, weil ich in unserem Entwickelungsgange naturgemäß darauf verzichten mußte, kirchlich oder auch nur politisch ein Gegenstand seines Vertrauens zu sein und sagte, während seine Rätin immer en ligne mit uns vorrückte: ,Lieber Freund, eh' ich Ihnen auf Ihr Erstauntsein antworte, kommen Sie hier mit uns über die Friedrichsbrücke. Da drüben ist ein kapitales Frühstückslokal, in dem ich schon seit 3 Tagen mit meiner Frau das Frühstück nehme. Denn so lange wanken wir hier schon herum. Etwas anstrengend, wie - trotz allem Entzücken, das wir die ganze Zeit über empfunden haben, - nicht bestritten werden soll. Aber dafür sind wir mit dem alten Museum auch fertig; morgen kommt das neue an die Reihe und dann die National-Galerie. Darauf freuen wir uns am meisten. Und dann wollen wir hier herum mit dem Kupferstich-Kabinet den Schluß machen. Die Zeichnungen zu Dante von dem Boticelli sollen ja ganz ersten Ranges sein. Wobei mir einfällt, entsinnen Sie sich noch, Markauer, als wir zusammen Dante lasen? Auf dem Joachimsthal, in Ober-Sekunda. Sie wollten damals Dichter werden?' ... Ja, meine gnädigste Frau Leontine, das hielt mir dieser Schulrat in Hörweite zweier Galeriediener vor und ich konnt Arm, was er seit vielen Jahren nicht mehr gethan hatte, weil ich in unserem Entwickelungsgange naturgemäß darauf verzichten mußte, kirchlich oder auch nur politisch ein Gegenstand seines Vertrauens zu sein und sagte, während seine Rätin immer en ligne mit uns vorrückte: ‚Lieber Freund, eh’ ich Ihnen auf Ihr Erstauntsein antworte, kommen Sie hier mit uns über die Friedrichsbrücke. Da drüben ist ein kapitales Frühstückslokal, in dem ich schon seit 3 Tagen mit meiner Frau das Frühstück nehme. Denn so lange wanken wir hier schon herum. Etwas anstrengend, wie – trotz allem Entzücken, das wir die ganze Zeit über empfunden haben, – nicht bestritten werden soll. Aber dafür sind wir mit dem alten Museum auch fertig; morgen kommt das neue an die Reihe und dann die National-Galerie. Darauf freuen wir uns am meisten. Und dann wollen wir hier herum mit dem Kupferstich-Kabinet den Schluß machen. Die Zeichnungen zu Dante von dem Boticelli sollen ja ganz ersten Ranges sein. Wobei mir einfällt, entsinnen Sie sich noch, Markauer, als wir zusammen Dante lasen? Auf dem Joachimsthal, in Ober-Sekunda. Sie wollten damals Dichter werden?‘ … Ja, meine gnädigste Frau Leontine, das hielt mir dieser Schulrat in Hörweite zweier Galeriediener vor und ich konnt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0148" n="146"/> Arm, was er seit vielen Jahren nicht mehr gethan hatte, weil ich in unserem Entwickelungsgange naturgemäß darauf verzichten mußte, kirchlich oder auch nur politisch ein Gegenstand seines Vertrauens zu sein und sagte, während seine Rätin immer en ligne mit uns vorrückte: ‚Lieber Freund, eh’ ich Ihnen auf Ihr Erstauntsein antworte, kommen Sie hier mit uns über die Friedrichsbrücke. Da drüben ist ein kapitales Frühstückslokal, in dem ich schon seit 3 Tagen mit meiner Frau das Frühstück nehme. Denn so lange wanken wir hier schon herum. Etwas anstrengend, wie – trotz allem Entzücken, das wir die ganze Zeit über empfunden haben, – nicht bestritten werden soll. Aber dafür sind wir mit dem alten Museum auch fertig; morgen kommt das neue an die Reihe und dann die National-Galerie. Darauf freuen wir uns am meisten. Und dann wollen wir hier herum mit dem Kupferstich-Kabinet den Schluß machen. Die Zeichnungen zu Dante von dem Boticelli sollen ja ganz ersten Ranges sein. Wobei mir einfällt, entsinnen Sie sich noch, Markauer, als wir zusammen Dante lasen? Auf dem Joachimsthal, in Ober-Sekunda. Sie wollten damals Dichter werden?‘ … Ja, meine gnädigste Frau Leontine, das hielt mir dieser Schulrat in Hörweite zweier Galeriediener vor und ich konnt </p> </div> </body> </text> </TEI> [146/0148]
Arm, was er seit vielen Jahren nicht mehr gethan hatte, weil ich in unserem Entwickelungsgange naturgemäß darauf verzichten mußte, kirchlich oder auch nur politisch ein Gegenstand seines Vertrauens zu sein und sagte, während seine Rätin immer en ligne mit uns vorrückte: ‚Lieber Freund, eh’ ich Ihnen auf Ihr Erstauntsein antworte, kommen Sie hier mit uns über die Friedrichsbrücke. Da drüben ist ein kapitales Frühstückslokal, in dem ich schon seit 3 Tagen mit meiner Frau das Frühstück nehme. Denn so lange wanken wir hier schon herum. Etwas anstrengend, wie – trotz allem Entzücken, das wir die ganze Zeit über empfunden haben, – nicht bestritten werden soll. Aber dafür sind wir mit dem alten Museum auch fertig; morgen kommt das neue an die Reihe und dann die National-Galerie. Darauf freuen wir uns am meisten. Und dann wollen wir hier herum mit dem Kupferstich-Kabinet den Schluß machen. Die Zeichnungen zu Dante von dem Boticelli sollen ja ganz ersten Ranges sein. Wobei mir einfällt, entsinnen Sie sich noch, Markauer, als wir zusammen Dante lasen? Auf dem Joachimsthal, in Ober-Sekunda. Sie wollten damals Dichter werden?‘ … Ja, meine gnädigste Frau Leontine, das hielt mir dieser Schulrat in Hörweite zweier Galeriediener vor und ich konnt
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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