Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.Tages begeb' ich mich ins Museum, um mir die pergamenischen Altertümer, (mir, offen gestanden, etwas zu viel Leiberverrenkungen) anzusehen und als ich damit fertig bin und im Hinausgehen eben meinen Regenschirm wiedernehmen und mein Zwanzigpfennigstück, ich gebe nie mehr, aber auch nie weniger, in die Büchse thun will, da steht wer vor mir? Natürlich Meddelhammer. An und für sich nichts Staunenswertes. Aber wie stand er da? Wie stand er mir gegenüber? In einem so zu sagen kecken, graumelierten Reiseanzug, mit einem Tyrolerhut auf dem Kopf und einem Krimstecher an der Seite. Dazu Baedecker in der Hand und last not least die Frau Schulrätin mit einem merkwürdig modernen Rembrandthut neben ihm. Alle Wetter, Meddelhammer, sag' ich, wie kommen Sie hierher? Aber bitte, wollen Sie mich nicht zunächst Ihrer Frau Gemahlin vorstellen? ... ,Sehr erfreut' ... Und in Berlin und in dieser Julihitze. Wir müssen heute 30 Grad haben. Ich dachte, Sie wären in Ostende ..." "Scheint mir kostenpunktlich etwas zu hoch gegriffen," unterbrach hier James. "Kann sein. Aber Meddelhammer schien an dieser Finanz- oder Standeserhöhung keinen Anstoß zu nehmen, nahm mich vielmehr ohne weiteres unterm Tages begeb’ ich mich ins Museum, um mir die pergamenischen Altertümer, (mir, offen gestanden, etwas zu viel Leiberverrenkungen) anzusehen und als ich damit fertig bin und im Hinausgehen eben meinen Regenschirm wiedernehmen und mein Zwanzigpfennigstück, ich gebe nie mehr, aber auch nie weniger, in die Büchse thun will, da steht wer vor mir? Natürlich Meddelhammer. An und für sich nichts Staunenswertes. Aber wie stand er da? Wie stand er mir gegenüber? In einem so zu sagen kecken, graumelierten Reiseanzug, mit einem Tyrolerhut auf dem Kopf und einem Krimstecher an der Seite. Dazu Baedecker in der Hand und last not least die Frau Schulrätin mit einem merkwürdig modernen Rembrandthut neben ihm. Alle Wetter, Meddelhammer, sag’ ich, wie kommen Sie hierher? Aber bitte, wollen Sie mich nicht zunächst Ihrer Frau Gemahlin vorstellen? … ‚Sehr erfreut‘ … Und in Berlin und in dieser Julihitze. Wir müssen heute 30 Grad haben. Ich dachte, Sie wären in Ostende …“ „Scheint mir kostenpunktlich etwas zu hoch gegriffen,“ unterbrach hier James. „Kann sein. Aber Meddelhammer schien an dieser Finanz- oder Standeserhöhung keinen Anstoß zu nehmen, nahm mich vielmehr ohne weiteres unterm <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0147" n="145"/> Tages begeb’ ich mich ins Museum, um mir die pergamenischen Altertümer, (<hi rendition="#g">mir</hi>, offen gestanden, etwas zu viel Leiberverrenkungen) anzusehen und als ich damit fertig bin und im Hinausgehen eben meinen Regenschirm wiedernehmen und mein Zwanzigpfennigstück, ich gebe nie mehr, aber auch nie weniger, in die Büchse thun will, da steht <hi rendition="#g">wer</hi> vor mir? Natürlich Meddelhammer. An und für sich nichts Staunenswertes. Aber <hi rendition="#g">wie</hi> stand er da? <hi rendition="#g">Wie</hi> stand er mir gegenüber? In einem so zu sagen kecken, graumelierten Reiseanzug, mit einem Tyrolerhut auf dem Kopf und einem Krimstecher an der Seite. Dazu Baedecker in der Hand und last not least die Frau Schulrätin mit einem merkwürdig modernen Rembrandthut neben ihm. Alle Wetter, Meddelhammer, sag’ ich, wie kommen <hi rendition="#g">Sie</hi> hierher? Aber bitte, wollen Sie mich nicht zunächst Ihrer Frau Gemahlin vorstellen? … ‚Sehr erfreut‘ … Und in Berlin und in dieser Julihitze. Wir müssen heute 30 Grad haben. Ich dachte, Sie wären in Ostende …“</p><lb/> <p>„Scheint mir kostenpunktlich etwas zu hoch gegriffen,“ unterbrach hier James.</p><lb/> <p>„Kann sein. Aber Meddelhammer schien an dieser Finanz- oder Standeserhöhung keinen Anstoß zu nehmen, nahm mich vielmehr ohne weiteres unterm </p> </div> </body> </text> </TEI> [145/0147]
Tages begeb’ ich mich ins Museum, um mir die pergamenischen Altertümer, (mir, offen gestanden, etwas zu viel Leiberverrenkungen) anzusehen und als ich damit fertig bin und im Hinausgehen eben meinen Regenschirm wiedernehmen und mein Zwanzigpfennigstück, ich gebe nie mehr, aber auch nie weniger, in die Büchse thun will, da steht wer vor mir? Natürlich Meddelhammer. An und für sich nichts Staunenswertes. Aber wie stand er da? Wie stand er mir gegenüber? In einem so zu sagen kecken, graumelierten Reiseanzug, mit einem Tyrolerhut auf dem Kopf und einem Krimstecher an der Seite. Dazu Baedecker in der Hand und last not least die Frau Schulrätin mit einem merkwürdig modernen Rembrandthut neben ihm. Alle Wetter, Meddelhammer, sag’ ich, wie kommen Sie hierher? Aber bitte, wollen Sie mich nicht zunächst Ihrer Frau Gemahlin vorstellen? … ‚Sehr erfreut‘ … Und in Berlin und in dieser Julihitze. Wir müssen heute 30 Grad haben. Ich dachte, Sie wären in Ostende …“
„Scheint mir kostenpunktlich etwas zu hoch gegriffen,“ unterbrach hier James.
„Kann sein. Aber Meddelhammer schien an dieser Finanz- oder Standeserhöhung keinen Anstoß zu nehmen, nahm mich vielmehr ohne weiteres unterm
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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