Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.unter mir, sondern auch das schon jenseits der Eisenschienen gelegene Dreieck überblicken zu können, das, zunächst nur als Umspann- und Rasteplatz für Omnibusse bestimmt, außerdem auch noch durch zwei jener eigenartigen und modernster Zeit entstammenden Holzarchitekturen ausgezeichnet ist, denen man in den belebtesten Stadtteilen Berlins, trotz einer gewissen Gegensätzlichkeit ihrer Aufgaben, so oft nebeneinander begegnet. Der ausgebildete Kunst- und Geschmackssinn des Spree-Atheners, vielleicht auch seine Stellung zu Litteratur und Presse, nimmt an dieser provocierenden Gegensätzlichkeit so wenig Anstoß, daß er sich derselben eher freut, als schämt und während ihm ein letztes dienstliches Verhältnis der kleineren Bude zur größeren außer allem Zweifel ist, erkennt er in dieser größeren, mit ihren schräg aufstehenden Schmal- und Oberfenstern zugleich eine kurzgefaßte Kritik all' der mehr dem Idealen zugewandten Aufgaben der Schwesterbude. Dieser letzteren näherte ich mich jetzt, um an ihrem Schalter das Abendblatt einer unsrer Zeitungen zu kaufen. Es war aber noch nicht da, was mich zu dem in ähnlicher Situation immer wieder von mir gewählten Auskunftsmittel greifen ließ: Ankauf der "Fliegenden Blätter". Man zieht dabei selten das große Loos, aber doch auch eben so selten eine Niete. unter mir, sondern auch das schon jenseits der Eisenschienen gelegene Dreieck überblicken zu können, das, zunächst nur als Umspann- und Rasteplatz für Omnibusse bestimmt, außerdem auch noch durch zwei jener eigenartigen und modernster Zeit entstammenden Holzarchitekturen ausgezeichnet ist, denen man in den belebtesten Stadtteilen Berlins, trotz einer gewissen Gegensätzlichkeit ihrer Aufgaben, so oft nebeneinander begegnet. Der ausgebildete Kunst- und Geschmackssinn des Spree-Atheners, vielleicht auch seine Stellung zu Litteratur und Presse, nimmt an dieser provocierenden Gegensätzlichkeit so wenig Anstoß, daß er sich derselben eher freut, als schämt und während ihm ein letztes dienstliches Verhältnis der kleineren Bude zur größeren außer allem Zweifel ist, erkennt er in dieser größeren, mit ihren schräg aufstehenden Schmal- und Oberfenstern zugleich eine kurzgefaßte Kritik all’ der mehr dem Idealen zugewandten Aufgaben der Schwesterbude. Dieser letzteren näherte ich mich jetzt, um an ihrem Schalter das Abendblatt einer unsrer Zeitungen zu kaufen. Es war aber noch nicht da, was mich zu dem in ähnlicher Situation immer wieder von mir gewählten Auskunftsmittel greifen ließ: Ankauf der „Fliegenden Blätter“. Man zieht dabei selten das große Loos, aber doch auch eben so selten eine Niete. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0162" n="160"/> unter mir, sondern auch das schon jenseits der Eisenschienen gelegene Dreieck überblicken zu können, das, zunächst nur als Umspann- und Rasteplatz für Omnibusse bestimmt, außerdem auch noch durch zwei jener eigenartigen und modernster Zeit entstammenden Holzarchitekturen ausgezeichnet ist, denen man in den belebtesten Stadtteilen Berlins, trotz einer gewissen Gegensätzlichkeit ihrer Aufgaben, so oft nebeneinander begegnet. Der ausgebildete Kunst- und Geschmackssinn des Spree-Atheners, vielleicht auch seine Stellung zu Litteratur und Presse, nimmt an dieser provocierenden Gegensätzlichkeit so wenig Anstoß, daß er sich derselben eher freut, als schämt und während ihm ein letztes dienstliches Verhältnis der kleineren Bude zur größeren außer allem Zweifel ist, erkennt er in dieser größeren, mit ihren schräg aufstehenden Schmal- und Oberfenstern zugleich eine kurzgefaßte Kritik all’ der mehr dem Idealen zugewandten Aufgaben der Schwesterbude.</p><lb/> <p>Dieser letzteren näherte ich mich jetzt, um an ihrem Schalter das Abendblatt einer unsrer Zeitungen zu kaufen. Es war aber noch nicht da, was mich zu dem in ähnlicher Situation immer wieder von mir gewählten Auskunftsmittel greifen ließ: Ankauf der „Fliegenden Blätter“. Man zieht dabei selten das große Loos, aber doch auch eben so selten eine Niete.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [160/0162]
unter mir, sondern auch das schon jenseits der Eisenschienen gelegene Dreieck überblicken zu können, das, zunächst nur als Umspann- und Rasteplatz für Omnibusse bestimmt, außerdem auch noch durch zwei jener eigenartigen und modernster Zeit entstammenden Holzarchitekturen ausgezeichnet ist, denen man in den belebtesten Stadtteilen Berlins, trotz einer gewissen Gegensätzlichkeit ihrer Aufgaben, so oft nebeneinander begegnet. Der ausgebildete Kunst- und Geschmackssinn des Spree-Atheners, vielleicht auch seine Stellung zu Litteratur und Presse, nimmt an dieser provocierenden Gegensätzlichkeit so wenig Anstoß, daß er sich derselben eher freut, als schämt und während ihm ein letztes dienstliches Verhältnis der kleineren Bude zur größeren außer allem Zweifel ist, erkennt er in dieser größeren, mit ihren schräg aufstehenden Schmal- und Oberfenstern zugleich eine kurzgefaßte Kritik all’ der mehr dem Idealen zugewandten Aufgaben der Schwesterbude.
Dieser letzteren näherte ich mich jetzt, um an ihrem Schalter das Abendblatt einer unsrer Zeitungen zu kaufen. Es war aber noch nicht da, was mich zu dem in ähnlicher Situation immer wieder von mir gewählten Auskunftsmittel greifen ließ: Ankauf der „Fliegenden Blätter“. Man zieht dabei selten das große Loos, aber doch auch eben so selten eine Niete.
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/162>, abgerufen am 28.07.2024. |