Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.dazu gehörte) - Flaschen, die meist mit ,Schlagwasser' gefüllt waren, und wenn nicht mit Schlagwasser, so mit Melissengeist, und wenn nicht mit Melissengeist, so mit Fingerhut-Tropfen. Dazu kam ein in kleine blaue Pakete verpackter Thee, ganz nach Art der alten Tabakspakete, darauf in wechselnder Schrift zu lesen war, ,daß man nur sehr wenig davon nehmen dürfe, weil er sonst zu stark sei. Wenn man aber recht recht wenig nähme, nur freilich frisch müsse er sein und vom letzten Jahr (was denn selbstverständlich auf jedem Jahrmarkt zu neuen Ankäufen führte), so fiele das Wasser und die Rose ginge weg und die Sommersprossen auch.' Und jeder glaubte daran, natürlich mit Ausnahme jenes zweifelsüchtigen, aber bedeutungslosen Conviviums, das über Hampel und seine Kuren lachte. Im übrigen war der Glaube, der das ganze Hirschberger Thal erfüllte, so stark, daß kleine schlesische Leute, die nach Polen und Galizien hin verzogen, sich sowohl den Thee wie die Tropfen nachschicken ließen, weil sie wußten, ,daß es hülfe.' Bis in die Tausende ging der jährliche Versand, und Hampel war ein reicher Mann, bevor er noch das vierzigste Jahr erreicht hatte. Ja reich war er. Aber daß sein Geschäft so blühte, das war nicht blos ein Segen für ihn, das war auch ein dazu gehörte) – Flaschen, die meist mit ‚Schlagwasser‘ gefüllt waren, und wenn nicht mit Schlagwasser, so mit Melissengeist, und wenn nicht mit Melissengeist, so mit Fingerhut-Tropfen. Dazu kam ein in kleine blaue Pakete verpackter Thee, ganz nach Art der alten Tabakspakete, darauf in wechselnder Schrift zu lesen war, ‚daß man nur sehr wenig davon nehmen dürfe, weil er sonst zu stark sei. Wenn man aber recht recht wenig nähme, nur freilich frisch müsse er sein und vom letzten Jahr (was denn selbstverständlich auf jedem Jahrmarkt zu neuen Ankäufen führte), so fiele das Wasser und die Rose ginge weg und die Sommersprossen auch.‘ Und jeder glaubte daran, natürlich mit Ausnahme jenes zweifelsüchtigen, aber bedeutungslosen Conviviums, das über Hampel und seine Kuren lachte. Im übrigen war der Glaube, der das ganze Hirschberger Thal erfüllte, so stark, daß kleine schlesische Leute, die nach Polen und Galizien hin verzogen, sich sowohl den Thee wie die Tropfen nachschicken ließen, weil sie wußten, ‚daß es hülfe.‘ Bis in die Tausende ging der jährliche Versand, und Hampel war ein reicher Mann, bevor er noch das vierzigste Jahr erreicht hatte. Ja reich war er. Aber daß sein Geschäft so blühte, das war nicht blos ein Segen für ihn, das war auch ein <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0187" n="185"/> dazu gehörte) – Flaschen, die meist mit ‚Schlagwasser‘ gefüllt waren, und wenn nicht mit Schlagwasser, so mit Melissengeist, und wenn nicht mit Melissengeist, so mit Fingerhut-Tropfen. Dazu kam ein in kleine blaue Pakete verpackter Thee, ganz nach Art der alten Tabakspakete, darauf in wechselnder Schrift zu lesen war, ‚daß man nur sehr wenig davon nehmen dürfe, weil er sonst zu stark sei. Wenn man aber recht recht wenig nähme, nur freilich <hi rendition="#g">frisch</hi> müsse er sein und vom letzten Jahr (was denn selbstverständlich auf jedem Jahrmarkt zu neuen Ankäufen führte), so fiele das Wasser und die Rose ginge weg und die Sommersprossen auch.‘ Und jeder glaubte daran, natürlich mit Ausnahme jenes zweifelsüchtigen, aber bedeutungslosen Conviviums, das über Hampel und seine Kuren lachte. Im übrigen war der Glaube, der das ganze Hirschberger Thal erfüllte, so stark, daß kleine schlesische Leute, die nach Polen und Galizien hin verzogen, sich sowohl den Thee wie die Tropfen nachschicken ließen, weil sie wußten, ‚daß es hülfe.‘ Bis in die Tausende ging der jährliche Versand, und Hampel war ein reicher Mann, bevor er noch das vierzigste Jahr erreicht hatte. Ja reich war er. Aber daß sein Geschäft so blühte, das war nicht blos ein Segen für <hi rendition="#g">ihn</hi>, das war auch ein </p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0187]
dazu gehörte) – Flaschen, die meist mit ‚Schlagwasser‘ gefüllt waren, und wenn nicht mit Schlagwasser, so mit Melissengeist, und wenn nicht mit Melissengeist, so mit Fingerhut-Tropfen. Dazu kam ein in kleine blaue Pakete verpackter Thee, ganz nach Art der alten Tabakspakete, darauf in wechselnder Schrift zu lesen war, ‚daß man nur sehr wenig davon nehmen dürfe, weil er sonst zu stark sei. Wenn man aber recht recht wenig nähme, nur freilich frisch müsse er sein und vom letzten Jahr (was denn selbstverständlich auf jedem Jahrmarkt zu neuen Ankäufen führte), so fiele das Wasser und die Rose ginge weg und die Sommersprossen auch.‘ Und jeder glaubte daran, natürlich mit Ausnahme jenes zweifelsüchtigen, aber bedeutungslosen Conviviums, das über Hampel und seine Kuren lachte. Im übrigen war der Glaube, der das ganze Hirschberger Thal erfüllte, so stark, daß kleine schlesische Leute, die nach Polen und Galizien hin verzogen, sich sowohl den Thee wie die Tropfen nachschicken ließen, weil sie wußten, ‚daß es hülfe.‘ Bis in die Tausende ging der jährliche Versand, und Hampel war ein reicher Mann, bevor er noch das vierzigste Jahr erreicht hatte. Ja reich war er. Aber daß sein Geschäft so blühte, das war nicht blos ein Segen für ihn, das war auch ein
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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