Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894."Nein, Judith, es ist nicht nötig. Er kann doch am Ende blos kalt sein, und kalt schadet nichts; wenn er nur Kern hat. Auf den Kern kommt es an. Im Gebirge war er immer ohne Kern. Das ist das Gute, daß man sich draußen nicht verwöhnt ... Ist denn Virchow schon wieder zurück?" "Ich glaube nicht." "Na dann hab' ich nichts versäumt. Ohne sein Präsidium ist keine Sitzung oder doch nicht leicht. Und nun will ich in den Tiergarten und sehen, ob noch alles beim alten ist ... Die Stühle stehen doch noch?" "Gewiß, gewiß." Und damit erhob sich Lezius, um seinen Vormittagsspaziergang anzutreten. Als er nach geraumer Zeit wieder nach Hause kam, sah er, daß frische Blumen in der Blumenschale lagen; seine Frau saß auf dem Sofa, die Tochter neben ihr auf einer Fußbank. Sie hatten eben wieder über ihn gesprochen. "Nun, Lezius, wie war es?" "O ganz gut. Ich habe da, gerade wo der Weg zu Kroll führt, wohl eine Stunde lang gesessen. Alles für fünf Pfennig. Es ist doch wirklich sehr billig, fast noch billiger als in Schlesien." "Nun ja, billig ist es." „Nein, Judith, es ist nicht nötig. Er kann doch am Ende blos kalt sein, und kalt schadet nichts; wenn er nur Kern hat. Auf den Kern kommt es an. Im Gebirge war er immer ohne Kern. Das ist das Gute, daß man sich draußen nicht verwöhnt … Ist denn Virchow schon wieder zurück?“ „Ich glaube nicht.“ „Na dann hab’ ich nichts versäumt. Ohne sein Präsidium ist keine Sitzung oder doch nicht leicht. Und nun will ich in den Tiergarten und sehen, ob noch alles beim alten ist … Die Stühle stehen doch noch?“ „Gewiß, gewiß.“ Und damit erhob sich Lezius, um seinen Vormittagsspaziergang anzutreten. Als er nach geraumer Zeit wieder nach Hause kam, sah er, daß frische Blumen in der Blumenschale lagen; seine Frau saß auf dem Sofa, die Tochter neben ihr auf einer Fußbank. Sie hatten eben wieder über ihn gesprochen. „Nun, Lezius, wie war es?“ „O ganz gut. Ich habe da, gerade wo der Weg zu Kroll führt, wohl eine Stunde lang gesessen. Alles für fünf Pfennig. Es ist doch wirklich sehr billig, fast noch billiger als in Schlesien.“ „Nun ja, billig ist es.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0237" n="235"/> <p>„Nein, Judith, es ist nicht nötig. Er kann doch am Ende blos kalt sein, und kalt schadet nichts; wenn er nur Kern hat. Auf den Kern kommt es an. Im Gebirge war er immer ohne Kern. Das ist das Gute, daß man sich draußen nicht verwöhnt … Ist denn Virchow schon wieder zurück?“</p><lb/> <p>„Ich glaube nicht.“</p><lb/> <p>„Na dann hab’ ich nichts versäumt. Ohne sein Präsidium ist keine Sitzung oder doch nicht leicht. Und nun will ich in den Tiergarten und sehen, ob noch alles beim alten ist … Die Stühle stehen doch noch?“</p><lb/> <p>„Gewiß, gewiß.“</p><lb/> <p>Und damit erhob sich Lezius, um seinen Vormittagsspaziergang anzutreten.</p><lb/> <p>Als er nach geraumer Zeit wieder nach Hause kam, sah er, daß frische Blumen in der Blumenschale lagen; seine Frau saß auf dem Sofa, die Tochter neben ihr auf einer Fußbank. Sie hatten eben wieder über ihn gesprochen.</p><lb/> <p>„Nun, Lezius, wie war es?“</p><lb/> <p>„O ganz gut. Ich habe da, gerade wo der Weg zu Kroll führt, wohl eine Stunde lang gesessen. Alles für fünf Pfennig. Es ist doch wirklich sehr billig, fast noch billiger als in Schlesien.“</p><lb/> <p>„Nun ja, billig ist es.“</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [235/0237]
„Nein, Judith, es ist nicht nötig. Er kann doch am Ende blos kalt sein, und kalt schadet nichts; wenn er nur Kern hat. Auf den Kern kommt es an. Im Gebirge war er immer ohne Kern. Das ist das Gute, daß man sich draußen nicht verwöhnt … Ist denn Virchow schon wieder zurück?“
„Ich glaube nicht.“
„Na dann hab’ ich nichts versäumt. Ohne sein Präsidium ist keine Sitzung oder doch nicht leicht. Und nun will ich in den Tiergarten und sehen, ob noch alles beim alten ist … Die Stühle stehen doch noch?“
„Gewiß, gewiß.“
Und damit erhob sich Lezius, um seinen Vormittagsspaziergang anzutreten.
Als er nach geraumer Zeit wieder nach Hause kam, sah er, daß frische Blumen in der Blumenschale lagen; seine Frau saß auf dem Sofa, die Tochter neben ihr auf einer Fußbank. Sie hatten eben wieder über ihn gesprochen.
„Nun, Lezius, wie war es?“
„O ganz gut. Ich habe da, gerade wo der Weg zu Kroll führt, wohl eine Stunde lang gesessen. Alles für fünf Pfennig. Es ist doch wirklich sehr billig, fast noch billiger als in Schlesien.“
„Nun ja, billig ist es.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).
(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |