Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894."Und dann bin ich, auf Bellevue zu, die Zeltenstraße hinunter gegangen, wobei sich's glücklich traf, daß mir eine Semmelfrau begegnete. Denn ich hatte meine Semmel vergessen ..." "Aber Lezius, Du wirst doch keine Semmelfrausemmel essen!" "Nein, nein, ich nicht. Es war ja nur, weil ich schon an meine Lieblinge dachte, oder wie man auch wohl sagt meine Proteges. Und da bin ich denn auch gleich die Querallee hinauf bis an die Rousseau-Insel gegangen, wo sie immer auf- und abschwimmen. Und als ich mich da gesetzt hatte, mußt' ich, ich weiß eigentlich nicht warum, gleich an die Große Teichbaude denken und auch an den Großen Teich." "Ja daneben können wir freilich nicht bestehen, und am wenigsten die Rousseau-Insel." "Eigentlich nicht. Aber dafür haben wir hier die Enten; die fehlen da. Und da hab' ich denn auch gleich meine Semmel verfuttert und muß Euch sagen, es war eigentlich das Hübscheste, was ich bis jetzt hier gesehen. Das Allerhübscheste aber war, neben mir stand ein kleines Mädchen, die konnte nicht weit genug werfen, und so kam es, daß ihre Semmelstücke nicht ins Wasser fielen, sondern immer auf den Uferrasen. Und da hättet Ihr nun die „Und dann bin ich, auf Bellevue zu, die Zeltenstraße hinunter gegangen, wobei sich’s glücklich traf, daß mir eine Semmelfrau begegnete. Denn ich hatte meine Semmel vergessen …“ „Aber Lezius, Du wirst doch keine Semmelfrausemmel essen!“ „Nein, nein, ich nicht. Es war ja nur, weil ich schon an meine Lieblinge dachte, oder wie man auch wohl sagt meine Protegés. Und da bin ich denn auch gleich die Querallee hinauf bis an die Rousseau-Insel gegangen, wo sie immer auf- und abschwimmen. Und als ich mich da gesetzt hatte, mußt’ ich, ich weiß eigentlich nicht warum, gleich an die Große Teichbaude denken und auch an den Großen Teich.“ „Ja daneben können wir freilich nicht bestehen, und am wenigsten die Rousseau-Insel.“ „Eigentlich nicht. Aber dafür haben wir hier die Enten; die fehlen da. Und da hab’ ich denn auch gleich meine Semmel verfuttert und muß Euch sagen, es war eigentlich das Hübscheste, was ich bis jetzt hier gesehen. Das Allerhübscheste aber war, neben mir stand ein kleines Mädchen, die konnte nicht weit genug werfen, und so kam es, daß ihre Semmelstücke nicht ins Wasser fielen, sondern immer auf den Uferrasen. Und da hättet Ihr nun die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0238" n="236"/> <p>„Und dann bin ich, auf Bellevue zu, die Zeltenstraße hinunter gegangen, wobei sich’s glücklich traf, daß mir eine Semmelfrau begegnete. Denn ich hatte meine Semmel vergessen …“</p><lb/> <p>„Aber Lezius, Du wirst doch keine Semmelfrausemmel essen!“</p><lb/> <p>„Nein, nein, ich nicht. Es war ja nur, weil ich schon an meine Lieblinge dachte, oder wie man auch wohl sagt meine Protegés. Und da bin ich denn auch gleich die Querallee hinauf bis an die Rousseau-Insel gegangen, wo sie immer auf- und abschwimmen. Und als ich mich da gesetzt hatte, mußt’ ich, ich weiß eigentlich nicht warum, gleich an die Große Teichbaude denken und auch an den Großen Teich.“</p><lb/> <p>„Ja daneben können wir freilich nicht bestehen, und am wenigsten die Rousseau-Insel.“</p><lb/> <p>„Eigentlich nicht. Aber dafür haben wir hier die Enten; die fehlen da. Und da hab’ ich denn auch gleich meine Semmel verfuttert und muß Euch sagen, es war eigentlich das Hübscheste, was ich bis jetzt hier gesehen. Das Allerhübscheste aber war, neben mir stand ein kleines Mädchen, die konnte nicht weit genug werfen, und so kam es, daß ihre Semmelstücke nicht ins Wasser fielen, sondern immer auf den Uferrasen. Und da hättet Ihr nun die </p> </div> </body> </text> </TEI> [236/0238]
„Und dann bin ich, auf Bellevue zu, die Zeltenstraße hinunter gegangen, wobei sich’s glücklich traf, daß mir eine Semmelfrau begegnete. Denn ich hatte meine Semmel vergessen …“
„Aber Lezius, Du wirst doch keine Semmelfrausemmel essen!“
„Nein, nein, ich nicht. Es war ja nur, weil ich schon an meine Lieblinge dachte, oder wie man auch wohl sagt meine Protegés. Und da bin ich denn auch gleich die Querallee hinauf bis an die Rousseau-Insel gegangen, wo sie immer auf- und abschwimmen. Und als ich mich da gesetzt hatte, mußt’ ich, ich weiß eigentlich nicht warum, gleich an die Große Teichbaude denken und auch an den Großen Teich.“
„Ja daneben können wir freilich nicht bestehen, und am wenigsten die Rousseau-Insel.“
„Eigentlich nicht. Aber dafür haben wir hier die Enten; die fehlen da. Und da hab’ ich denn auch gleich meine Semmel verfuttert und muß Euch sagen, es war eigentlich das Hübscheste, was ich bis jetzt hier gesehen. Das Allerhübscheste aber war, neben mir stand ein kleines Mädchen, die konnte nicht weit genug werfen, und so kam es, daß ihre Semmelstücke nicht ins Wasser fielen, sondern immer auf den Uferrasen. Und da hättet Ihr nun die
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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