Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

Es war im Hochsommer, als ich in Beantwortung eines an einen gutsbesitzenden Freund gerichteten Briefes folgende Zeilen empfing:


Lieber Freund! Es freut sich alles hier, Dich wieder zu sehen, am meisten meine Frau, die nun mal von den großstädtischen Neigungen und Gewohnheiten nicht lassen kann. Du wirst auf der Veranda die herkömmlichen Dreistunden-Gespräche mit ihr führen und neben Litteratur und Theater vielleicht auch die kirchliche Controverse mit bekannter Unparteilichkeit beleuchten. Aber sei nicht zu gerecht. Frauen sind für Parteinahme, versteht sich, wenn es ihrer Partei zu gute kommt. Um diese Plaudereien, so denk' ich mir, wirst Du nicht herum kommen, auch kaum herum kommen wollen, wenn Du nicht inzwischen ein anderer geworden bist. Im übrigen, und dies ist die Haupt-

Es war im Hochsommer, als ich in Beantwortung eines an einen gutsbesitzenden Freund gerichteten Briefes folgende Zeilen empfing:


Lieber Freund! Es freut sich alles hier, Dich wieder zu sehen, am meisten meine Frau, die nun mal von den großstädtischen Neigungen und Gewohnheiten nicht lassen kann. Du wirst auf der Veranda die herkömmlichen Dreistunden-Gespräche mit ihr führen und neben Litteratur und Theater vielleicht auch die kirchliche Controverse mit bekannter Unparteilichkeit beleuchten. Aber sei nicht zu gerecht. Frauen sind für Parteinahme, versteht sich, wenn es ihrer Partei zu gute kommt. Um diese Plaudereien, so denk’ ich mir, wirst Du nicht herum kommen, auch kaum herum kommen wollen, wenn Du nicht inzwischen ein anderer geworden bist. Im übrigen, und dies ist die Haupt-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0085" n="83"/>
        <p>Es war im Hochsommer, als ich in Beantwortung eines an einen gutsbesitzenden                     Freund gerichteten Briefes folgende Zeilen empfing:</p><lb/>
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter" n="1">
              <opener>
                <dateline> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#right">&#x201E;<hi rendition="#g">Insleben</hi> a. Harz, den                                             20. Juli.</hi> </hi> </dateline>
              </opener><lb/>
              <p>Lieber Freund! Es freut sich alles hier, Dich wieder zu sehen, am                                 meisten meine Frau, die nun mal von den großstädtischen Neigungen                                 und Gewohnheiten nicht lassen kann. Du wirst auf der Veranda die                                 herkömmlichen Dreistunden-Gespräche mit ihr führen und neben                                 Litteratur und Theater vielleicht auch die kirchliche Controverse                                 mit bekannter Unparteilichkeit beleuchten. Aber sei nicht zu                                 gerecht. Frauen sind für Parteinahme, versteht sich, wenn es ihrer                                 Partei zu gute kommt. Um diese Plaudereien, so denk&#x2019; ich mir, wirst                                 Du nicht herum kommen, auch kaum herum kommen <hi rendition="#g">wollen</hi>, wenn Du nicht inzwischen ein anderer geworden                                 bist. Im übrigen, und dies ist die Haupt-
</p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0085] Es war im Hochsommer, als ich in Beantwortung eines an einen gutsbesitzenden Freund gerichteten Briefes folgende Zeilen empfing: „Insleben a. Harz, den 20. Juli. Lieber Freund! Es freut sich alles hier, Dich wieder zu sehen, am meisten meine Frau, die nun mal von den großstädtischen Neigungen und Gewohnheiten nicht lassen kann. Du wirst auf der Veranda die herkömmlichen Dreistunden-Gespräche mit ihr führen und neben Litteratur und Theater vielleicht auch die kirchliche Controverse mit bekannter Unparteilichkeit beleuchten. Aber sei nicht zu gerecht. Frauen sind für Parteinahme, versteht sich, wenn es ihrer Partei zu gute kommt. Um diese Plaudereien, so denk’ ich mir, wirst Du nicht herum kommen, auch kaum herum kommen wollen, wenn Du nicht inzwischen ein anderer geworden bist. Im übrigen, und dies ist die Haupt-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theodor Fontane-Arbeitsstelle der Georg-August-Universität Göttingen, Theodor Fontane: Große Brandenburger Ausgabe (GBA): Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). (2014-01-22T15:28:28Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-01-22T15:28:28Z)

Weitere Informationen:

Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin).

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet;
  • Druckfehler: stillschweigend korrigiert;
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;
  • I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert;
  • Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet;
  • Kustoden: nicht gekennzeichnet;
  • langes s (ſ): als s transkribiert;
  • rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;
  • Silbentrennung: aufgelöst;
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;
  • Zeilenumbrüche markiert: nein.

Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/85
Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/85>, abgerufen am 21.11.2024.