Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.der Leser bereits bemerkt haben wird, hatte bei der Namensgebung an seine Kinder die britische Königsfamilie als Muster genommen. Ja, es war ein glückliches Wiedersehen, der Hausherr zeigte sich unverändert in seiner Freundschaft, und die noch schöne Mutter erschien unter ihren Kindern immer nur als die älteste Schwester. Auch die Plauderlust war geblieben, und wir saßen gleich am ersten Abend noch auf der Veranda, als das Dorf schon schlief und in dem ausgedehnten Parke vor uns nichts weiter hörbar war, als das Wasser, das über ein Wehr fiel. Alles war so still und die Lampe vor uns flackerte kaum. Es war sehr spät, als ich treppauf in meine Stube ging. Sie hatte nur ein breites Fenster, ein sogenanntes Fall- oder Schiebefenster, an das ich mich nun setzte. Der Blick war derselbe wie von der Veranda aus, aber schöner und freier, und ich sah in die Sterne hinauf, und atmete höher und tiefer. Und bei jedem Atemzuge war mir, als ob ich Genesung tränke. Dann ging ich zu Bett, und die lieblichen Bilder der eben erst durchlebten Stunden setzten sich in meinem Traume fort. Ich sah grüne Wiesen, und Maud und Alice beim Reifen- der Leser bereits bemerkt haben wird, hatte bei der Namensgebung an seine Kinder die britische Königsfamilie als Muster genommen. Ja, es war ein glückliches Wiedersehen, der Hausherr zeigte sich unverändert in seiner Freundschaft, und die noch schöne Mutter erschien unter ihren Kindern immer nur als die älteste Schwester. Auch die Plauderlust war geblieben, und wir saßen gleich am ersten Abend noch auf der Veranda, als das Dorf schon schlief und in dem ausgedehnten Parke vor uns nichts weiter hörbar war, als das Wasser, das über ein Wehr fiel. Alles war so still und die Lampe vor uns flackerte kaum. Es war sehr spät, als ich treppauf in meine Stube ging. Sie hatte nur ein breites Fenster, ein sogenanntes Fall- oder Schiebefenster, an das ich mich nun setzte. Der Blick war derselbe wie von der Veranda aus, aber schöner und freier, und ich sah in die Sterne hinauf, und atmete höher und tiefer. Und bei jedem Atemzuge war mir, als ob ich Genesung tränke. Dann ging ich zu Bett, und die lieblichen Bilder der eben erst durchlebten Stunden setzten sich in meinem Traume fort. Ich sah grüne Wiesen, und Maud und Alice beim Reifen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0087" n="85"/> der Leser bereits bemerkt haben wird, hatte bei der Namensgebung an seine Kinder die britische Königsfamilie als Muster genommen. Ja, es war ein glückliches Wiedersehen, der Hausherr zeigte sich unverändert in seiner Freundschaft, und die noch schöne Mutter erschien unter ihren Kindern immer nur als die älteste Schwester. Auch die Plauderlust war geblieben, und wir saßen gleich am ersten Abend noch auf der Veranda, als das Dorf schon schlief und in dem ausgedehnten Parke vor uns nichts weiter hörbar war, als das Wasser, das über ein Wehr fiel. Alles war so still und die Lampe vor uns flackerte kaum.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Es war sehr spät, als ich treppauf in meine Stube ging. Sie hatte nur ein breites Fenster, ein sogenanntes Fall- oder Schiebefenster, an das ich mich nun setzte. Der Blick war derselbe wie von der Veranda aus, aber schöner und freier, und ich sah in die Sterne hinauf, und atmete höher und tiefer. Und bei jedem Atemzuge war mir, als ob ich Genesung tränke. Dann ging ich zu Bett, und die lieblichen Bilder der eben erst durchlebten Stunden setzten sich in meinem Traume fort. Ich sah grüne Wiesen, und Maud und Alice beim Reifen- </p> </div> </body> </text> </TEI> [85/0087]
der Leser bereits bemerkt haben wird, hatte bei der Namensgebung an seine Kinder die britische Königsfamilie als Muster genommen. Ja, es war ein glückliches Wiedersehen, der Hausherr zeigte sich unverändert in seiner Freundschaft, und die noch schöne Mutter erschien unter ihren Kindern immer nur als die älteste Schwester. Auch die Plauderlust war geblieben, und wir saßen gleich am ersten Abend noch auf der Veranda, als das Dorf schon schlief und in dem ausgedehnten Parke vor uns nichts weiter hörbar war, als das Wasser, das über ein Wehr fiel. Alles war so still und die Lampe vor uns flackerte kaum.
Es war sehr spät, als ich treppauf in meine Stube ging. Sie hatte nur ein breites Fenster, ein sogenanntes Fall- oder Schiebefenster, an das ich mich nun setzte. Der Blick war derselbe wie von der Veranda aus, aber schöner und freier, und ich sah in die Sterne hinauf, und atmete höher und tiefer. Und bei jedem Atemzuge war mir, als ob ich Genesung tränke. Dann ging ich zu Bett, und die lieblichen Bilder der eben erst durchlebten Stunden setzten sich in meinem Traume fort. Ich sah grüne Wiesen, und Maud und Alice beim Reifen-
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(2014-01-22T15:28:28Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-22T15:28:28Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2014-01-22T15:28:28Z)
Weitere Informationen:Theodor Fontane: Von vor und nach der Reise. Plaudereien und kleine Geschichten. Hrsg. von Walter Hettche und Gabriele Radecke. Berlin 2007 [= Große Brandenburger Ausgabe, Das erzählerische Werk, Bd. 19]: Bereitstellung der Texttranskription (mit freundlicher Genehmigung des Aufbau-Verlags Berlin). Anmerkungen zur Transkription:
Auslassungszeichen im Text werden einheitlich als U+2026 <…> (HORIZONTAL ELLIPSIS) wiedergegeben.
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