Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894.mich zum zweiten Frühstück zu rufen. Es sei heut etwas früher, weil der "alte Herr" eben angekommen sei. "Onkel Dodo?" "Zu Befehl." "Aber sagen Sie, Friedrich, wer ist das?" "Das ist der Mutter-Bruder der gnädigen Frau. Regierungs- und Baurat. Aber schon lang a. D." "Verheiratet?" "Nein. Alter Junggesell." "Nun gut. Ich komme gleich." Und da man auf dem Lande nicht warten lassen darf, am wenigsten, wenn ein Besuch angekommen ist, so war ich in fünf Minuten unten und wurde vorgestellt. Onkel Dodo schüttelte mir die Hand und lachte herzlich. "Sie werden mir vorgestellt, aber ich nicht Ihnen. Meine liebe Karoline behandelt mich immer wie eine historische Person, die man kennen muß. Sagen wir wie Bismarck. Und ich habe doch nur dies hier mit ihm gemein." Und dabei wies er auf die Stirn. "Aber ich meine nicht den Kopf. In dem, mein lieber Doktor, ist er mir über." "Ich bin ohne Titel, Herr Regierungsrat, absolut ohne Titel." "Desto besser! Uebrigens was ich sagen wollte, mich zum zweiten Frühstück zu rufen. Es sei heut etwas früher, weil der „alte Herr“ eben angekommen sei. „Onkel Dodo?“ „Zu Befehl.“ „Aber sagen Sie, Friedrich, wer ist das?“ „Das ist der Mutter-Bruder der gnädigen Frau. Regierungs- und Baurat. Aber schon lang a. D.“ „Verheiratet?“ „Nein. Alter Junggesell.“ „Nun gut. Ich komme gleich.“ Und da man auf dem Lande nicht warten lassen darf, am wenigsten, wenn ein Besuch angekommen ist, so war ich in fünf Minuten unten und wurde vorgestellt. Onkel Dodo schüttelte mir die Hand und lachte herzlich. „Sie werden mir vorgestellt, aber ich nicht Ihnen. Meine liebe Karoline behandelt mich immer wie eine historische Person, die man kennen muß. Sagen wir wie Bismarck. Und ich habe doch nur dies hier mit ihm gemein.“ Und dabei wies er auf die Stirn. „Aber ich meine nicht den Kopf. In dem, mein lieber Doktor, ist er mir über.“ „Ich bin ohne Titel, Herr Regierungsrat, absolut ohne Titel.“ „Desto besser! Uebrigens was ich sagen wollte, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0091" n="89"/> mich zum zweiten Frühstück zu rufen. Es sei heut etwas früher, weil der „alte Herr“ eben angekommen sei.</p><lb/> <p>„Onkel Dodo?“</p><lb/> <p>„Zu Befehl.“</p><lb/> <p>„Aber sagen Sie, Friedrich, wer ist das?“</p><lb/> <p>„Das ist der Mutter-Bruder der gnädigen Frau. Regierungs- und Baurat. Aber schon lang a. D.“</p><lb/> <p>„Verheiratet?“</p><lb/> <p>„Nein. Alter Junggesell.“</p><lb/> <p>„Nun gut. Ich komme gleich.“</p><lb/> <p>Und da man auf dem Lande nicht warten lassen darf, am wenigsten, wenn ein Besuch angekommen ist, so war ich in fünf Minuten unten und wurde vorgestellt.</p><lb/> <p>Onkel Dodo schüttelte mir die Hand und lachte herzlich. „Sie werden mir vorgestellt, aber ich nicht Ihnen. Meine liebe Karoline behandelt mich immer wie eine historische Person, die man kennen muß. Sagen wir wie Bismarck. Und ich habe doch nur <hi rendition="#g">dies</hi> hier mit ihm gemein.“ Und dabei wies er auf die Stirn. „Aber ich meine nicht den Kopf. In <hi rendition="#g">dem</hi>, mein lieber Doktor, ist er mir über.“</p><lb/> <p>„Ich bin ohne Titel, Herr Regierungsrat, absolut ohne Titel.“</p><lb/> <p>„Desto besser! Uebrigens was ich sagen wollte, </p> </div> </body> </text> </TEI> [89/0091]
mich zum zweiten Frühstück zu rufen. Es sei heut etwas früher, weil der „alte Herr“ eben angekommen sei.
„Onkel Dodo?“
„Zu Befehl.“
„Aber sagen Sie, Friedrich, wer ist das?“
„Das ist der Mutter-Bruder der gnädigen Frau. Regierungs- und Baurat. Aber schon lang a. D.“
„Verheiratet?“
„Nein. Alter Junggesell.“
„Nun gut. Ich komme gleich.“
Und da man auf dem Lande nicht warten lassen darf, am wenigsten, wenn ein Besuch angekommen ist, so war ich in fünf Minuten unten und wurde vorgestellt.
Onkel Dodo schüttelte mir die Hand und lachte herzlich. „Sie werden mir vorgestellt, aber ich nicht Ihnen. Meine liebe Karoline behandelt mich immer wie eine historische Person, die man kennen muß. Sagen wir wie Bismarck. Und ich habe doch nur dies hier mit ihm gemein.“ Und dabei wies er auf die Stirn. „Aber ich meine nicht den Kopf. In dem, mein lieber Doktor, ist er mir über.“
„Ich bin ohne Titel, Herr Regierungsrat, absolut ohne Titel.“
„Desto besser! Uebrigens was ich sagen wollte,
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Zitationshilfe: | Fontane, Theodor: Von vor und nach der Reise. 2. Aufl. Berlin, 1894, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_reise_1894/91>, abgerufen am 16.02.2025. |