wahren Meinung, immer aufs neue versicherte, "daß in diesem klösterlichen Beamten eine seltene Verquickung von Prinzipienstrenge mit Geschäftsgenie vorzuliegen scheine."
Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel, beziehungsweise die Mitte des Tisches bildeten. Die beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die Schmargendorf, die ganz nach rechts hin saßen, in Nähe der dicken Fenstergardinen aus Wollstoff, in deren Falten denn auch vieles glücklicherweise verklang. An die Suppe hatte sich ein Fisch und an diesen ein Linsenpüree mit gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden gespickte Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako, trotzdem er schon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬ gesprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu motivieren.
"Eine gesegnete Gegend, Ihre Grafschaft hier," begann er. "Aber freilich heuer auch eine gesegnete Jahreszeit. Gestern abend bei Dubslav von Stechlin Krammetsvögelbrüste, heute bei Adelheid von Stechlin Rebhuhnflügel."
"Und was ziehen Sie vor?" fragte die Schmargen¬ dorf.
"Im allgemeinen, mein gnädigstes Fräulein, ist die Frage wohl zu Gunsten ersterer entschieden. Aber hier und speziell für mich ist doch wohl der Ausnahme¬ fall gegeben."
"Warum ein Ausnahmefall?"
"Sie haben recht, eine solche Frage zu stellen. Und ich antworte, so gut ich kann. Nun denn, in Brust und Flügel ..."
"Hihi."
"In Brust und Flügel schlummert, wie mir scheinen
wahren Meinung, immer aufs neue verſicherte, „daß in dieſem klöſterlichen Beamten eine ſeltene Verquickung von Prinzipienſtrenge mit Geſchäftsgenie vorzuliegen ſcheine.“
Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel, beziehungsweiſe die Mitte des Tiſches bildeten. Die beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die Schmargendorf, die ganz nach rechts hin ſaßen, in Nähe der dicken Fenſtergardinen aus Wollſtoff, in deren Falten denn auch vieles glücklicherweiſe verklang. An die Suppe hatte ſich ein Fiſch und an dieſen ein Linſenpüree mit gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden geſpickte Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako, trotzdem er ſchon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬ geſprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu motivieren.
„Eine geſegnete Gegend, Ihre Grafſchaft hier,“ begann er. „Aber freilich heuer auch eine geſegnete Jahreszeit. Geſtern abend bei Dubslav von Stechlin Krammetsvögelbrüſte, heute bei Adelheid von Stechlin Rebhuhnflügel.“
„Und was ziehen Sie vor?“ fragte die Schmargen¬ dorf.
„Im allgemeinen, mein gnädigſtes Fräulein, iſt die Frage wohl zu Gunſten erſterer entſchieden. Aber hier und ſpeziell für mich iſt doch wohl der Ausnahme¬ fall gegeben.“
„Warum ein Ausnahmefall?“
„Sie haben recht, eine ſolche Frage zu ſtellen. Und ich antworte, ſo gut ich kann. Nun denn, in Bruſt und Flügel ...“
„Hihi.“
„In Bruſt und Flügel ſchlummert, wie mir ſcheinen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0121"n="114"/>
wahren Meinung, immer aufs neue verſicherte, „daß in<lb/>
dieſem klöſterlichen Beamten eine ſeltene Verquickung<lb/>
von Prinzipienſtrenge mit Geſchäftsgenie vorzuliegen<lb/>ſcheine.“</p><lb/><p>Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel,<lb/>
beziehungsweiſe die Mitte des Tiſches bildeten. Die<lb/>
beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die<lb/>
Schmargendorf, die ganz nach rechts hin ſaßen, in Nähe<lb/>
der dicken Fenſtergardinen aus Wollſtoff, in deren Falten<lb/>
denn auch vieles glücklicherweiſe verklang. An die Suppe<lb/>
hatte ſich ein Fiſch und an dieſen ein Linſenpüree mit<lb/>
gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden geſpickte<lb/>
Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich<lb/>
Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako,<lb/>
trotzdem er ſchon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬<lb/>
geſprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von<lb/>
dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu<lb/>
motivieren.</p><lb/><p>„Eine geſegnete Gegend, Ihre Grafſchaft hier,“<lb/>
begann er. „Aber freilich heuer auch eine geſegnete<lb/>
Jahreszeit. Geſtern abend bei Dubslav von Stechlin<lb/>
Krammetsvögelbrüſte, heute bei Adelheid von Stechlin<lb/>
Rebhuhnflügel.“</p><lb/><p>„Und was ziehen Sie vor?“ fragte die Schmargen¬<lb/>
dorf.</p><lb/><p>„Im allgemeinen, mein gnädigſtes Fräulein, iſt<lb/>
die Frage wohl zu Gunſten erſterer entſchieden. Aber<lb/>
hier und ſpeziell für mich iſt doch wohl der Ausnahme¬<lb/>
fall gegeben.“</p><lb/><p>„Warum ein Ausnahmefall?“</p><lb/><p>„Sie haben recht, eine ſolche Frage zu ſtellen.<lb/>
Und ich antworte, ſo gut ich kann. Nun denn, in<lb/>
Bruſt und Flügel ...“</p><lb/><p>„Hihi.“</p><lb/><p>„In Bruſt und Flügel ſchlummert, wie mir ſcheinen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0121]
wahren Meinung, immer aufs neue verſicherte, „daß in
dieſem klöſterlichen Beamten eine ſeltene Verquickung
von Prinzipienſtrenge mit Geſchäftsgenie vorzuliegen
ſcheine.“
Das waren die zwei Paare, die den linken Flügel,
beziehungsweiſe die Mitte des Tiſches bildeten. Die
beiden Hauptfiguren waren aber doch Czako und die
Schmargendorf, die ganz nach rechts hin ſaßen, in Nähe
der dicken Fenſtergardinen aus Wollſtoff, in deren Falten
denn auch vieles glücklicherweiſe verklang. An die Suppe
hatte ſich ein Fiſch und an dieſen ein Linſenpüree mit
gebackenem Schinken gereiht, und nun wurden geſpickte
Rebhuhnflügel in einer pikanten Sauce, die zugleich
Küchengeheimnis der Domina war, herumgereicht. Czako,
trotzdem er ſchon dem gebackenen Schinken erheblich zu¬
geſprochen hatte, nahm ein zweites Mal auch noch von
dem Rebhuhngericht und fühlte das Bedürfnis, dies zu
motivieren.
„Eine geſegnete Gegend, Ihre Grafſchaft hier,“
begann er. „Aber freilich heuer auch eine geſegnete
Jahreszeit. Geſtern abend bei Dubslav von Stechlin
Krammetsvögelbrüſte, heute bei Adelheid von Stechlin
Rebhuhnflügel.“
„Und was ziehen Sie vor?“ fragte die Schmargen¬
dorf.
„Im allgemeinen, mein gnädigſtes Fräulein, iſt
die Frage wohl zu Gunſten erſterer entſchieden. Aber
hier und ſpeziell für mich iſt doch wohl der Ausnahme¬
fall gegeben.“
„Warum ein Ausnahmefall?“
„Sie haben recht, eine ſolche Frage zu ſtellen.
Und ich antworte, ſo gut ich kann. Nun denn, in
Bruſt und Flügel ...“
„Hihi.“
„In Bruſt und Flügel ſchlummert, wie mir ſcheinen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/121>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.