Rex und Czako ritten ab; Fritz führte Woldemars Pferd am Zügel. Aber weder die Schmargendorf noch die Triglaff erwiesen sich, als die beiden Herren fort und die drei Damen samt Woldemar in die Wohn¬ räume zurückgekehrt waren, irgendwie beflissen, das Feld zu räumen, was die Domina, die wegen zu verhandelnder difficiler Dinge mit ihrem Neffen allein sein wollte, stark verstimmte. Sie zeigte das auch, war steif und schweig¬ sam und belebte sich erst wieder, als die Schmargendorf mit einemmale glückstrahlend versicherte: jetzt wisse sie's; sie habe noch eine Photographie, die wolle sie gleich an Herrn von Czako schicken, und wenn er dann morgen mittag von Cremmen her in Berlin einträfe, dann werd' er Brief und Bild schon vorfinden und auf der Rück¬ seite des Bildes ein "Guten morgen, Vielliebchen." Die Domina fand alles so lächerlich und unpassend wie nur möglich, weil ihr aber daran lag, die Schmargen¬ dorf los zu werden, so hielt sie mit ihrer wahren Meinung zurück und sagte: "Ja, liebe Schmargendorf, wenn Sie so was vorhaben, dann ist es allerdings die höchste Zeit. Der Postbote kann gleich kommen." Und wirklich, die Schmargendorf ging, nur die Triglaff zurücklassend, deren Auge sich jetzt von der Domina zu Woldemar hinüber und dann wieder von Woldemar zur Domina zurückbewegte. Sie war bei dem allem
Neuntes Kapitel.
Rex und Czako ritten ab; Fritz führte Woldemars Pferd am Zügel. Aber weder die Schmargendorf noch die Triglaff erwieſen ſich, als die beiden Herren fort und die drei Damen ſamt Woldemar in die Wohn¬ räume zurückgekehrt waren, irgendwie befliſſen, das Feld zu räumen, was die Domina, die wegen zu verhandelnder difficiler Dinge mit ihrem Neffen allein ſein wollte, ſtark verſtimmte. Sie zeigte das auch, war ſteif und ſchweig¬ ſam und belebte ſich erſt wieder, als die Schmargendorf mit einemmale glückſtrahlend verſicherte: jetzt wiſſe ſie's; ſie habe noch eine Photographie, die wolle ſie gleich an Herrn von Czako ſchicken, und wenn er dann morgen mittag von Cremmen her in Berlin einträfe, dann werd' er Brief und Bild ſchon vorfinden und auf der Rück¬ ſeite des Bildes ein „Guten morgen, Vielliebchen.“ Die Domina fand alles ſo lächerlich und unpaſſend wie nur möglich, weil ihr aber daran lag, die Schmargen¬ dorf los zu werden, ſo hielt ſie mit ihrer wahren Meinung zurück und ſagte: „Ja, liebe Schmargendorf, wenn Sie ſo was vorhaben, dann iſt es allerdings die höchſte Zeit. Der Poſtbote kann gleich kommen.“ Und wirklich, die Schmargendorf ging, nur die Triglaff zurücklaſſend, deren Auge ſich jetzt von der Domina zu Woldemar hinüber und dann wieder von Woldemar zur Domina zurückbewegte. Sie war bei dem allem
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0126"n="[119]"/><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Neuntes Kapitel</hi>.<lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Rex und Czako ritten ab; Fritz führte Woldemars<lb/>
Pferd am Zügel. Aber weder die Schmargendorf noch<lb/>
die Triglaff erwieſen ſich, als die beiden Herren fort<lb/>
und die drei Damen ſamt Woldemar in die Wohn¬<lb/>
räume zurückgekehrt waren, irgendwie befliſſen, das Feld<lb/>
zu räumen, was die Domina, die wegen zu verhandelnder<lb/>
difficiler Dinge mit ihrem Neffen allein ſein wollte, ſtark<lb/>
verſtimmte. Sie zeigte das auch, war ſteif und ſchweig¬<lb/>ſam und belebte ſich erſt wieder, als die Schmargendorf<lb/>
mit einemmale glückſtrahlend verſicherte: jetzt wiſſe ſie's;<lb/>ſie habe noch eine Photographie, die wolle ſie gleich an<lb/>
Herrn von Czako ſchicken, und wenn er dann morgen<lb/>
mittag von Cremmen her in Berlin einträfe, dann werd'<lb/>
er Brief und Bild ſchon vorfinden und auf der Rück¬<lb/>ſeite des Bildes ein „Guten morgen, Vielliebchen.“<lb/>
Die Domina fand alles ſo lächerlich und unpaſſend wie<lb/>
nur möglich, weil ihr aber daran lag, die Schmargen¬<lb/>
dorf los zu werden, ſo hielt ſie mit ihrer wahren<lb/>
Meinung zurück und ſagte: „Ja, liebe Schmargendorf,<lb/>
wenn Sie ſo was vorhaben, dann iſt es allerdings<lb/>
die höchſte Zeit. Der Poſtbote kann gleich kommen.“<lb/>
Und wirklich, die Schmargendorf ging, nur die Triglaff<lb/>
zurücklaſſend, deren Auge ſich jetzt von der Domina zu<lb/>
Woldemar hinüber und dann wieder von Woldemar<lb/>
zur Domina zurückbewegte. Sie war bei dem allem<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[119]/0126]
Neuntes Kapitel.
Rex und Czako ritten ab; Fritz führte Woldemars
Pferd am Zügel. Aber weder die Schmargendorf noch
die Triglaff erwieſen ſich, als die beiden Herren fort
und die drei Damen ſamt Woldemar in die Wohn¬
räume zurückgekehrt waren, irgendwie befliſſen, das Feld
zu räumen, was die Domina, die wegen zu verhandelnder
difficiler Dinge mit ihrem Neffen allein ſein wollte, ſtark
verſtimmte. Sie zeigte das auch, war ſteif und ſchweig¬
ſam und belebte ſich erſt wieder, als die Schmargendorf
mit einemmale glückſtrahlend verſicherte: jetzt wiſſe ſie's;
ſie habe noch eine Photographie, die wolle ſie gleich an
Herrn von Czako ſchicken, und wenn er dann morgen
mittag von Cremmen her in Berlin einträfe, dann werd'
er Brief und Bild ſchon vorfinden und auf der Rück¬
ſeite des Bildes ein „Guten morgen, Vielliebchen.“
Die Domina fand alles ſo lächerlich und unpaſſend wie
nur möglich, weil ihr aber daran lag, die Schmargen¬
dorf los zu werden, ſo hielt ſie mit ihrer wahren
Meinung zurück und ſagte: „Ja, liebe Schmargendorf,
wenn Sie ſo was vorhaben, dann iſt es allerdings
die höchſte Zeit. Der Poſtbote kann gleich kommen.“
Und wirklich, die Schmargendorf ging, nur die Triglaff
zurücklaſſend, deren Auge ſich jetzt von der Domina zu
Woldemar hinüber und dann wieder von Woldemar
zur Domina zurückbewegte. Sie war bei dem allem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [119]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/126>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.