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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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auf dem Punkt, ihrer Mißstimmung einen Ausdruck zu
geben. Aber ehe sie dazu kam, schob sich das Schiff schon
an den vorgebauten Anlegesteg, über den hinweg man,
einen Uferweg einschlagend, auf das Eierhäuschen zu¬
schritt. Dieser Uferweg setzte sich, als man das Garten¬
lokal endlich erreicht hatte, jenseits desselben noch eine
gute Strecke fort, und weil die wundervolle Frische dazu
einlud, beschloß man, ehe man sich im "Eierhäuschen"
selber niederließ, zuvor noch einen gemeinschaftlichen
Spaziergang am Ufer hin zu machen. Immer weiter flu߬
aufwärts.

Der Enge des Weges halber ging man zu zweien,
vorauf Woldemar mit Melusine, dann die Baronin mit
Armgard. Erheblich zurück erst folgten die beiden älteren
Herren, die schon auf dem Dampfschiff ein politisches
Gespräch angeschnitten hatten. Beide waren liberal, aber
der Umstand, daß der Baron ein Bayer und unter katho¬
lischen Anschauungen aufgewachsen war, ließ doch beständig
Unterschiede hervortreten.

"Ich kann Ihnen nicht zustimmen, lieber Graf. Alle
Trümpfe heut, und zwar mehr denn je, sind in des
Papstes Hand. Rom ist ewig und Italien nicht so fest
aufgebaut, als es die Welt glauben machen möchte. Der
Quirinal zieht wieder aus, und der Vatikan zieht wieder
ein. Und was dann?"

"Nichts, lieber Baron. Auch dann nicht, wenn es
wirklich dazu kommen sollte, was, glaub' ich, ausge¬
schlossen ist."

"Sie sagen das so ruhig, und ruhig ist man nur,
wenn man sicher ist. Sind Sie's? Und wenn Sie's sind,
dürfen Sie's sein? Ich wiederhole, die letzten Entscheidungen
liegen immer bei dieser Papst- und Rom-Frage."

"Lagen einmal. Aber damit ist es gründlich vorbei,
auch in Italien selbst. Die letzten Entscheidungen, von
denen Sie sprechen, liegen heutzutage ganz wo anders,

auf dem Punkt, ihrer Mißſtimmung einen Ausdruck zu
geben. Aber ehe ſie dazu kam, ſchob ſich das Schiff ſchon
an den vorgebauten Anlegeſteg, über den hinweg man,
einen Uferweg einſchlagend, auf das Eierhäuschen zu¬
ſchritt. Dieſer Uferweg ſetzte ſich, als man das Garten¬
lokal endlich erreicht hatte, jenſeits desſelben noch eine
gute Strecke fort, und weil die wundervolle Friſche dazu
einlud, beſchloß man, ehe man ſich im „Eierhäuschen“
ſelber niederließ, zuvor noch einen gemeinſchaftlichen
Spaziergang am Ufer hin zu machen. Immer weiter flu߬
aufwärts.

Der Enge des Weges halber ging man zu zweien,
vorauf Woldemar mit Meluſine, dann die Baronin mit
Armgard. Erheblich zurück erſt folgten die beiden älteren
Herren, die ſchon auf dem Dampfſchiff ein politiſches
Geſpräch angeſchnitten hatten. Beide waren liberal, aber
der Umſtand, daß der Baron ein Bayer und unter katho¬
liſchen Anſchauungen aufgewachſen war, ließ doch beſtändig
Unterſchiede hervortreten.

„Ich kann Ihnen nicht zuſtimmen, lieber Graf. Alle
Trümpfe heut, und zwar mehr denn je, ſind in des
Papſtes Hand. Rom iſt ewig und Italien nicht ſo feſt
aufgebaut, als es die Welt glauben machen möchte. Der
Quirinal zieht wieder aus, und der Vatikan zieht wieder
ein. Und was dann?“

„Nichts, lieber Baron. Auch dann nicht, wenn es
wirklich dazu kommen ſollte, was, glaub' ich, ausge¬
ſchloſſen iſt.“

„Sie ſagen das ſo ruhig, und ruhig iſt man nur,
wenn man ſicher iſt. Sind Sie's? Und wenn Sie's ſind,
dürfen Sie's ſein? Ich wiederhole, die letzten Entſcheidungen
liegen immer bei dieſer Papſt- und Rom-Frage.“

„Lagen einmal. Aber damit iſt es gründlich vorbei,
auch in Italien ſelbſt. Die letzten Entſcheidungen, von
denen Sie ſprechen, liegen heutzutage ganz wo anders,

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[181/0188] auf dem Punkt, ihrer Mißſtimmung einen Ausdruck zu geben. Aber ehe ſie dazu kam, ſchob ſich das Schiff ſchon an den vorgebauten Anlegeſteg, über den hinweg man, einen Uferweg einſchlagend, auf das Eierhäuschen zu¬ ſchritt. Dieſer Uferweg ſetzte ſich, als man das Garten¬ lokal endlich erreicht hatte, jenſeits desſelben noch eine gute Strecke fort, und weil die wundervolle Friſche dazu einlud, beſchloß man, ehe man ſich im „Eierhäuschen“ ſelber niederließ, zuvor noch einen gemeinſchaftlichen Spaziergang am Ufer hin zu machen. Immer weiter flu߬ aufwärts. Der Enge des Weges halber ging man zu zweien, vorauf Woldemar mit Meluſine, dann die Baronin mit Armgard. Erheblich zurück erſt folgten die beiden älteren Herren, die ſchon auf dem Dampfſchiff ein politiſches Geſpräch angeſchnitten hatten. Beide waren liberal, aber der Umſtand, daß der Baron ein Bayer und unter katho¬ liſchen Anſchauungen aufgewachſen war, ließ doch beſtändig Unterſchiede hervortreten. „Ich kann Ihnen nicht zuſtimmen, lieber Graf. Alle Trümpfe heut, und zwar mehr denn je, ſind in des Papſtes Hand. Rom iſt ewig und Italien nicht ſo feſt aufgebaut, als es die Welt glauben machen möchte. Der Quirinal zieht wieder aus, und der Vatikan zieht wieder ein. Und was dann?“ „Nichts, lieber Baron. Auch dann nicht, wenn es wirklich dazu kommen ſollte, was, glaub' ich, ausge¬ ſchloſſen iſt.“ „Sie ſagen das ſo ruhig, und ruhig iſt man nur, wenn man ſicher iſt. Sind Sie's? Und wenn Sie's ſind, dürfen Sie's ſein? Ich wiederhole, die letzten Entſcheidungen liegen immer bei dieſer Papſt- und Rom-Frage.“ „Lagen einmal. Aber damit iſt es gründlich vorbei, auch in Italien ſelbſt. Die letzten Entſcheidungen, von denen Sie ſprechen, liegen heutzutage ganz wo anders,

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/188>, abgerufen am 24.11.2024.