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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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kurrieren! Ein Glück, daß manche prinzipiell einen Post¬
tag zu spät kommen. Ich meine mit den neuesten Nach¬
richten. Vielleicht auch sonst noch."

"Sehr wahr," lachte Dubslav. "Der Konserva¬
tismus soll übrigens, seinem Wesen nach, eine Bremse
sein; damit muß man vieles entschuldigen. Aber da
kommen Ihre Mantelsäcke, meine Herren. Engelke, führe
die Herren auf ihr Zimmer. Wir haben jetzt sechsein¬
viertel. Um sieben, wenn ich bitten darf."

Engelke hatte mittlerweile die beiden von Dubslav
etwas altmodisch als "Mantelsäcke" bezeichneten Plaid¬
rollen in die Hand genommen und ging damit, den
beiden Herren voran, auf die doppelarmige Treppe zu,
die gerade da, wo die beiden Arme derselben sich kreuzten,
einen ziemlich geräumigen Podest mit Säulchengalerie
bildete. Zwischen den Säulchen aber, und zwar mit Blick
auf den Flur, war eine Rokoko-Uhr angebracht, mit
einem Zeitgott darüber, der eine Hippe führte. Czako
wies darauf hin und sagte leise zu Rex: "Ein bißchen
graulich," -- ein Gefühl, drin er sich bestärkt sah, als
man bis auf den mit ungeheurer Raumverschwendung
angelegten Oberflur gekommen war. Über einer nach
hinten zu gelegenen Saalthür hing eine Holztafel mit der
Inschrift: "Museum", während hüben und drüben, an
den Flurwänden links und rechts, mächtige Birkenmaser-
und Ebenholzschränke standen, wahre Prachtstücke, mit
zwei großen Bildern dazwischen, eines eine Burg mit
dicken Backsteintürmen, das andre ein überlebensgroßer
Ritter, augenscheinlich aus der Frundsbergzeit, wo das
bunt Landsknechtliche schon die Rüstung zu drapieren
begann.

"Is wohl ein Ahn?" fragte Czako.

"Ja, Herr Hauptmann. Und er ist auch unten in
der Kirche."

"Auch so wie hier?"

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kurrieren! Ein Glück, daß manche prinzipiell einen Poſt¬
tag zu ſpät kommen. Ich meine mit den neueſten Nach¬
richten. Vielleicht auch ſonſt noch.“

„Sehr wahr,“ lachte Dubslav. „Der Konſerva¬
tismus ſoll übrigens, ſeinem Weſen nach, eine Bremſe
ſein; damit muß man vieles entſchuldigen. Aber da
kommen Ihre Mantelſäcke, meine Herren. Engelke, führe
die Herren auf ihr Zimmer. Wir haben jetzt ſechsein¬
viertel. Um ſieben, wenn ich bitten darf.“

Engelke hatte mittlerweile die beiden von Dubslav
etwas altmodiſch als „Mantelſäcke“ bezeichneten Plaid¬
rollen in die Hand genommen und ging damit, den
beiden Herren voran, auf die doppelarmige Treppe zu,
die gerade da, wo die beiden Arme derſelben ſich kreuzten,
einen ziemlich geräumigen Podeſt mit Säulchengalerie
bildete. Zwiſchen den Säulchen aber, und zwar mit Blick
auf den Flur, war eine Rokoko-Uhr angebracht, mit
einem Zeitgott darüber, der eine Hippe führte. Czako
wies darauf hin und ſagte leiſe zu Rex: „Ein bißchen
graulich,“ — ein Gefühl, drin er ſich beſtärkt ſah, als
man bis auf den mit ungeheurer Raumverſchwendung
angelegten Oberflur gekommen war. Über einer nach
hinten zu gelegenen Saalthür hing eine Holztafel mit der
Inſchrift: „Muſeum“, während hüben und drüben, an
den Flurwänden links und rechts, mächtige Birkenmaſer-
und Ebenholzſchränke ſtanden, wahre Prachtſtücke, mit
zwei großen Bildern dazwiſchen, eines eine Burg mit
dicken Backſteintürmen, das andre ein überlebensgroßer
Ritter, augenſcheinlich aus der Frundsbergzeit, wo das
bunt Landsknechtliche ſchon die Rüſtung zu drapieren
begann.

„Is wohl ein Ahn?“ fragte Czako.

„Ja, Herr Hauptmann. Und er iſt auch unten in
der Kirche.“

„Auch ſo wie hier?“

2 *
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[19/0026] kurrieren! Ein Glück, daß manche prinzipiell einen Poſt¬ tag zu ſpät kommen. Ich meine mit den neueſten Nach¬ richten. Vielleicht auch ſonſt noch.“ „Sehr wahr,“ lachte Dubslav. „Der Konſerva¬ tismus ſoll übrigens, ſeinem Weſen nach, eine Bremſe ſein; damit muß man vieles entſchuldigen. Aber da kommen Ihre Mantelſäcke, meine Herren. Engelke, führe die Herren auf ihr Zimmer. Wir haben jetzt ſechsein¬ viertel. Um ſieben, wenn ich bitten darf.“ Engelke hatte mittlerweile die beiden von Dubslav etwas altmodiſch als „Mantelſäcke“ bezeichneten Plaid¬ rollen in die Hand genommen und ging damit, den beiden Herren voran, auf die doppelarmige Treppe zu, die gerade da, wo die beiden Arme derſelben ſich kreuzten, einen ziemlich geräumigen Podeſt mit Säulchengalerie bildete. Zwiſchen den Säulchen aber, und zwar mit Blick auf den Flur, war eine Rokoko-Uhr angebracht, mit einem Zeitgott darüber, der eine Hippe führte. Czako wies darauf hin und ſagte leiſe zu Rex: „Ein bißchen graulich,“ — ein Gefühl, drin er ſich beſtärkt ſah, als man bis auf den mit ungeheurer Raumverſchwendung angelegten Oberflur gekommen war. Über einer nach hinten zu gelegenen Saalthür hing eine Holztafel mit der Inſchrift: „Muſeum“, während hüben und drüben, an den Flurwänden links und rechts, mächtige Birkenmaſer- und Ebenholzſchränke ſtanden, wahre Prachtſtücke, mit zwei großen Bildern dazwiſchen, eines eine Burg mit dicken Backſteintürmen, das andre ein überlebensgroßer Ritter, augenſcheinlich aus der Frundsbergzeit, wo das bunt Landsknechtliche ſchon die Rüſtung zu drapieren begann. „Is wohl ein Ahn?“ fragte Czako. „Ja, Herr Hauptmann. Und er iſt auch unten in der Kirche.“ „Auch ſo wie hier?“ 2 *

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/26>, abgerufen am 21.11.2024.