"Ja, das ist ja eben das, was ich das Londoner Volksleben nenne. Alles mögliche, wovon wir hier gar keine Vorstellung haben, vollzieht sich da mitten auf dem Straßendamm. Und so waren denn auch an jenem Tage zwei Chinesen, ihres Zeichens Akrobaten, in die Querstraße von Oxford-Street gekommen, und der eine, ein dicker starker Kerl, hatte einen Gurt um den Leib, und in der Öse dieses Gurtes steckte 'ne Stange, auf die der zweite Chinese hinaufkletterte. Und wie er da oben war, war er gerade in Höhe meiner Beletage und sah hinein, als ich mich eben bemühte, mich Mary klar zu machen."
"Ja, Herbstfelde, das war nu freilich ein Pech, und wenn Sie wieder drüben sind, müssen Sie nach hinten hinaus wohnen oder höher hinauf. Aber inte¬ ressant ist es doch. Und ich bezweifle nur, daß Stechlin in eine gleiche Lage kommen wird."
"Gewiß nicht. Daran hindern ihn seine Mo¬ ralitäten."
"Und noch mehr die Barbys."
18*
„Wie war denn das aber möglich?“
„Ja, das iſt ja eben das, was ich das Londoner Volksleben nenne. Alles mögliche, wovon wir hier gar keine Vorſtellung haben, vollzieht ſich da mitten auf dem Straßendamm. Und ſo waren denn auch an jenem Tage zwei Chineſen, ihres Zeichens Akrobaten, in die Querſtraße von Oxford-Street gekommen, und der eine, ein dicker ſtarker Kerl, hatte einen Gurt um den Leib, und in der Öſe dieſes Gurtes ſteckte 'ne Stange, auf die der zweite Chineſe hinaufkletterte. Und wie er da oben war, war er gerade in Höhe meiner Beletage und ſah hinein, als ich mich eben bemühte, mich Mary klar zu machen.“
„Ja, Herbſtfelde, das war nu freilich ein Pech, und wenn Sie wieder drüben ſind, müſſen Sie nach hinten hinaus wohnen oder höher hinauf. Aber inte¬ reſſant iſt es doch. Und ich bezweifle nur, daß Stechlin in eine gleiche Lage kommen wird.“
„Gewiß nicht. Daran hindern ihn ſeine Mo¬ ralitäten.“
„Und noch mehr die Barbys.“
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„Wie war denn das aber möglich?“
„Ja, das iſt ja eben das, was ich das Londoner
Volksleben nenne. Alles mögliche, wovon wir hier gar
keine Vorſtellung haben, vollzieht ſich da mitten auf
dem Straßendamm. Und ſo waren denn auch an jenem
Tage zwei Chineſen, ihres Zeichens Akrobaten, in die
Querſtraße von Oxford-Street gekommen, und der eine,
ein dicker ſtarker Kerl, hatte einen Gurt um den Leib,
und in der Öſe dieſes Gurtes ſteckte 'ne Stange, auf
die der zweite Chineſe hinaufkletterte. Und wie er da
oben war, war er gerade in Höhe meiner Beletage und
ſah hinein, als ich mich eben bemühte, mich Mary klar
zu machen.“
„Ja, Herbſtfelde, das war nu freilich ein Pech,
und wenn Sie wieder drüben ſind, müſſen Sie nach
hinten hinaus wohnen oder höher hinauf. Aber inte¬
reſſant iſt es doch. Und ich bezweifle nur, daß Stechlin
in eine gleiche Lage kommen wird.“
„Gewiß nicht. Daran hindern ihn ſeine Mo¬
ralitäten.“
„Und noch mehr die Barbys.“
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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/282>, abgerufen am 22.11.2024.
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