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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Schillerstelle thut einem immer wohl. Übrigens können
Sie mich in meinem Coupe begleiten; vom Kronprinzen¬
ufer aus haben Sie knapp noch halben Weg bis in
Ihre Kaserne."


Das Coupe that seine Schuldigkeit, und es schlug
eben erst acht, als Woldemar vor dem Barbyschen Hause
hielt und, sich von Czako verabschiedend, die Treppe
hinauf stieg. Er fand nur die Familie vor, was ihm
sehr lieb war, weil er kein allgemeines Gespräch führen,
sondern sich lediglich für seine Reise Rats erholen wollte.
Der alte Graf kannte London besser als Berlin, und
auch Melusine war schon über siebzehn, als man, bald
nach dem Tode der Mutter, England verlassen und sich
auf die Graubündner Güter zurückgezogen hatte. Darüber
waren nun wieder nah' an anderthalb Jahrzehnte ver¬
gangen, aber Vater und Töchter hingen nach wie vor
an Hydepark und dem schönen Hause, das sie da bewohnt
hatten, und gedachten dankbar der in London verlebten
Tage. Selbst Armgard sprach gern von dem Wenigen,
dessen sie sich noch aus ihrer frühen Kindheit her er¬
innerte.

"Wie glücklich bin ich," sagte Woldemar, "Sie allein
zu finden! Das klingt freilich sehr selbstisch, aber ich
bin doch vielleicht entschuldigt. Wenn Besuch da wäre,
nehmen wir beispielsweise Wrschowitz, und ich ließe mich
hinreißen, von der Prinzessin von Wales und in natür¬
licher Konsequenz von ihren zwei Schwestern Dagmar
und Thyra zu sprechen, so hätt' ich vielleicht wegen
Dänenfreundlichkeit heut' Abend noch ein Duell auszu¬
fechten. Was mir doch unbequem wäre. Besser ist besser."

Der alte Barby nickte vergnüglich.

"Ja, Herr Graf," fuhr Woldemar fort, "ich komme,
mich von Ihnen und den Damen zu verabschieden, aber

Schillerſtelle thut einem immer wohl. Übrigens können
Sie mich in meinem Coupé begleiten; vom Kronprinzen¬
ufer aus haben Sie knapp noch halben Weg bis in
Ihre Kaſerne.“


Das Coupé that ſeine Schuldigkeit, und es ſchlug
eben erſt acht, als Woldemar vor dem Barbyſchen Hauſe
hielt und, ſich von Czako verabſchiedend, die Treppe
hinauf ſtieg. Er fand nur die Familie vor, was ihm
ſehr lieb war, weil er kein allgemeines Geſpräch führen,
ſondern ſich lediglich für ſeine Reiſe Rats erholen wollte.
Der alte Graf kannte London beſſer als Berlin, und
auch Meluſine war ſchon über ſiebzehn, als man, bald
nach dem Tode der Mutter, England verlaſſen und ſich
auf die Graubündner Güter zurückgezogen hatte. Darüber
waren nun wieder nah' an anderthalb Jahrzehnte ver¬
gangen, aber Vater und Töchter hingen nach wie vor
an Hydepark und dem ſchönen Hauſe, das ſie da bewohnt
hatten, und gedachten dankbar der in London verlebten
Tage. Selbſt Armgard ſprach gern von dem Wenigen,
deſſen ſie ſich noch aus ihrer frühen Kindheit her er¬
innerte.

„Wie glücklich bin ich,“ ſagte Woldemar, „Sie allein
zu finden! Das klingt freilich ſehr ſelbſtiſch, aber ich
bin doch vielleicht entſchuldigt. Wenn Beſuch da wäre,
nehmen wir beiſpielsweiſe Wrſchowitz, und ich ließe mich
hinreißen, von der Prinzeſſin von Wales und in natür¬
licher Konſequenz von ihren zwei Schweſtern Dagmar
und Thyra zu ſprechen, ſo hätt' ich vielleicht wegen
Dänenfreundlichkeit heut' Abend noch ein Duell auszu¬
fechten. Was mir doch unbequem wäre. Beſſer iſt beſſer.“

Der alte Barby nickte vergnüglich.

„Ja, Herr Graf,“ fuhr Woldemar fort, „ich komme,
mich von Ihnen und den Damen zu verabſchieden, aber

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[280/0287] Schillerſtelle thut einem immer wohl. Übrigens können Sie mich in meinem Coupé begleiten; vom Kronprinzen¬ ufer aus haben Sie knapp noch halben Weg bis in Ihre Kaſerne.“ Das Coupé that ſeine Schuldigkeit, und es ſchlug eben erſt acht, als Woldemar vor dem Barbyſchen Hauſe hielt und, ſich von Czako verabſchiedend, die Treppe hinauf ſtieg. Er fand nur die Familie vor, was ihm ſehr lieb war, weil er kein allgemeines Geſpräch führen, ſondern ſich lediglich für ſeine Reiſe Rats erholen wollte. Der alte Graf kannte London beſſer als Berlin, und auch Meluſine war ſchon über ſiebzehn, als man, bald nach dem Tode der Mutter, England verlaſſen und ſich auf die Graubündner Güter zurückgezogen hatte. Darüber waren nun wieder nah' an anderthalb Jahrzehnte ver¬ gangen, aber Vater und Töchter hingen nach wie vor an Hydepark und dem ſchönen Hauſe, das ſie da bewohnt hatten, und gedachten dankbar der in London verlebten Tage. Selbſt Armgard ſprach gern von dem Wenigen, deſſen ſie ſich noch aus ihrer frühen Kindheit her er¬ innerte. „Wie glücklich bin ich,“ ſagte Woldemar, „Sie allein zu finden! Das klingt freilich ſehr ſelbſtiſch, aber ich bin doch vielleicht entſchuldigt. Wenn Beſuch da wäre, nehmen wir beiſpielsweiſe Wrſchowitz, und ich ließe mich hinreißen, von der Prinzeſſin von Wales und in natür¬ licher Konſequenz von ihren zwei Schweſtern Dagmar und Thyra zu ſprechen, ſo hätt' ich vielleicht wegen Dänenfreundlichkeit heut' Abend noch ein Duell auszu¬ fechten. Was mir doch unbequem wäre. Beſſer iſt beſſer.“ Der alte Barby nickte vergnüglich. „Ja, Herr Graf,“ fuhr Woldemar fort, „ich komme, mich von Ihnen und den Damen zu verabſchieden, aber

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/287>, abgerufen am 22.11.2024.