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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Derfflingerscher, sondern ein Mörnerscher Dragoner, der,
in fliegender Eile, die Nachricht von dem erfochtenen Siege
nach Zellin bringt."

"Bravo," sagte Melusine. "Wenn ich je eine richtige
Schlußfolgerung gehört habe (die meisten sind Blender),
so haben wir sie hier. Herr von Stechlin, ich kann Ihnen
nicht helfen, Sie sind besiegt."

Dubslav war einverstanden und küßte Melusine die
Hand, ohne sich um die mißbilligenden Blicke seiner
Schwester zu kümmern, die jetzt ihrerseits auf endliche
Vorführung der ,beiden Mühlen' drang, ihrer zwei Lieb¬
lingsstücke. Diese beiden Mühlen, so versicherte sie, seien
das einzige, was hier überhaupt einen Anspruch auf
,Museum' erheben dürfe. Beinah' war es wirklich so,
wie selbst Krippenstapel zugab, trotzdem sich, bis wenigstens
ganz vor kurzem, nichts von historischer Kontroverse (die
doch schließlich immer die Hauptsache bleibt) daran geknüpft
hatte. Neuerdings freilich hatte sich das geändert. Zwei
Berliner Herren vom Gewerbemuseum waren über die
Mühlen in Streit geraten, speziell über ihren Ursprungs¬
ort. Zwar hatte man sich vorläufig dahin geeinigt, daß
die Wassermühle holländisch, die Windmühle dagegen (eine
richtige alte Bockmühle) eine Nürnberger Arbeit sei;
Krippenstapel aber hatte bei diesem Friedensschlusse nur
gelächelt. Er war viel zu sehr ernster Wissenschafts¬
mensch, als daß er nicht hätte herausfühlen sollen, wie
diese sogenannte ,Beilegung' nichts als eine Verkleisterung
war. Der Ausbruch neuer Streitigkeiten stand nahe
bevor.

Die waren aber zunächst wenigstens ausgeschlossen, da
beide Schwestern, Armgard wie Melusine, wie Kinder vor
einem Lieblingsspielzeug, in einem ganz ausbündigen Ver¬
gnügen aufgingen. Die Windmühle klapperte, daß es eine
Lust war, und das Rad der Wassermühle, wenn es grad' in
der Sonne blitzte, gab einen solchen Silberschein, daß es

Derfflingerſcher, ſondern ein Mörnerſcher Dragoner, der,
in fliegender Eile, die Nachricht von dem erfochtenen Siege
nach Zellin bringt.“

„Bravo,“ ſagte Meluſine. „Wenn ich je eine richtige
Schlußfolgerung gehört habe (die meiſten ſind Blender),
ſo haben wir ſie hier. Herr von Stechlin, ich kann Ihnen
nicht helfen, Sie ſind beſiegt.“

Dubslav war einverſtanden und küßte Meluſine die
Hand, ohne ſich um die mißbilligenden Blicke ſeiner
Schweſter zu kümmern, die jetzt ihrerſeits auf endliche
Vorführung der ‚beiden Mühlen‘ drang, ihrer zwei Lieb¬
lingsſtücke. Dieſe beiden Mühlen, ſo verſicherte ſie, ſeien
das einzige, was hier überhaupt einen Anſpruch auf
‚Muſeum‘ erheben dürfe. Beinah' war es wirklich ſo,
wie ſelbſt Krippenſtapel zugab, trotzdem ſich, bis wenigſtens
ganz vor kurzem, nichts von hiſtoriſcher Kontroverſe (die
doch ſchließlich immer die Hauptſache bleibt) daran geknüpft
hatte. Neuerdings freilich hatte ſich das geändert. Zwei
Berliner Herren vom Gewerbemuſeum waren über die
Mühlen in Streit geraten, ſpeziell über ihren Urſprungs¬
ort. Zwar hatte man ſich vorläufig dahin geeinigt, daß
die Waſſermühle holländiſch, die Windmühle dagegen (eine
richtige alte Bockmühle) eine Nürnberger Arbeit ſei;
Krippenſtapel aber hatte bei dieſem Friedensſchluſſe nur
gelächelt. Er war viel zu ſehr ernſter Wiſſenſchafts¬
menſch, als daß er nicht hätte herausfühlen ſollen, wie
dieſe ſogenannte ‚Beilegung‘ nichts als eine Verkleiſterung
war. Der Ausbruch neuer Streitigkeiten ſtand nahe
bevor.

Die waren aber zunächſt wenigſtens ausgeſchloſſen, da
beide Schweſtern, Armgard wie Meluſine, wie Kinder vor
einem Lieblingsſpielzeug, in einem ganz ausbündigen Ver¬
gnügen aufgingen. Die Windmühle klapperte, daß es eine
Luſt war, und das Rad der Waſſermühle, wenn es grad' in
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[365/0372] Derfflingerſcher, ſondern ein Mörnerſcher Dragoner, der, in fliegender Eile, die Nachricht von dem erfochtenen Siege nach Zellin bringt.“ „Bravo,“ ſagte Meluſine. „Wenn ich je eine richtige Schlußfolgerung gehört habe (die meiſten ſind Blender), ſo haben wir ſie hier. Herr von Stechlin, ich kann Ihnen nicht helfen, Sie ſind beſiegt.“ Dubslav war einverſtanden und küßte Meluſine die Hand, ohne ſich um die mißbilligenden Blicke ſeiner Schweſter zu kümmern, die jetzt ihrerſeits auf endliche Vorführung der ‚beiden Mühlen‘ drang, ihrer zwei Lieb¬ lingsſtücke. Dieſe beiden Mühlen, ſo verſicherte ſie, ſeien das einzige, was hier überhaupt einen Anſpruch auf ‚Muſeum‘ erheben dürfe. Beinah' war es wirklich ſo, wie ſelbſt Krippenſtapel zugab, trotzdem ſich, bis wenigſtens ganz vor kurzem, nichts von hiſtoriſcher Kontroverſe (die doch ſchließlich immer die Hauptſache bleibt) daran geknüpft hatte. Neuerdings freilich hatte ſich das geändert. Zwei Berliner Herren vom Gewerbemuſeum waren über die Mühlen in Streit geraten, ſpeziell über ihren Urſprungs¬ ort. Zwar hatte man ſich vorläufig dahin geeinigt, daß die Waſſermühle holländiſch, die Windmühle dagegen (eine richtige alte Bockmühle) eine Nürnberger Arbeit ſei; Krippenſtapel aber hatte bei dieſem Friedensſchluſſe nur gelächelt. Er war viel zu ſehr ernſter Wiſſenſchafts¬ menſch, als daß er nicht hätte herausfühlen ſollen, wie dieſe ſogenannte ‚Beilegung‘ nichts als eine Verkleiſterung war. Der Ausbruch neuer Streitigkeiten ſtand nahe bevor. Die waren aber zunächſt wenigſtens ausgeſchloſſen, da beide Schweſtern, Armgard wie Meluſine, wie Kinder vor einem Lieblingsſpielzeug, in einem ganz ausbündigen Ver¬ gnügen aufgingen. Die Windmühle klapperte, daß es eine Luſt war, und das Rad der Waſſermühle, wenn es grad' in der Sonne blitzte, gab einen ſolchen Silberſchein, daß es

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/372>, abgerufen am 22.11.2024.