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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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auch noch nicht. Jetzt passen sie ja noch leidlich. Aber
abwarten."

"Sehr wahr, sehr wahr," sagte Czako, der, ohne
was Sicheres zu verstehen, nur ein während des
Dubslavschen Toastes schon gehabtes Gefühl bestätigt
sah, daß es mit den Katzlers was Besonderes auf sich
haben müsse. Frau von Gundermann aber, den ihr un¬
bequemen Flüsterton aufgebend, fuhr mit wieder lauter
werdender Stimme fort, "wir haben den Herrn von
Stechlin, und das ist ein Glück, und es ist auch bloß
eine gute halbe Meile. Die meisten andern wohnen viel
zu weit, und wenn sie auch näher wohnten, sie wollen
alle nicht recht; die Leute hier, mit denen wir eigentlich
Umgang haben müßten, sind so difficil und legen alles
auf die Goldwage. Das heißt, vieles legen sie nicht
auf die Goldwage, dazu reicht es bei den meisten nicht
aus; nur immer die Ahnen. Und sechzehn ist das
wenigste. Ja, wer hat gleich sechzehn? Gundermann
ist erst geadelt, und wenn er nicht Glück gehabt hätte,
so wär' es gar nichts. Er hat nämlich klein angefangen,
bloß mit einer Mühle; jetzt haben wir nun freilich
sieben, immer den Rhin entlang, lauter Schneidemühlen,
Bohlen und Bretter, einzöllig, zweizöllig und noch mehr.
Und die Berliner Dielen, die sind fast alle von uns."

"Aber, meine gnädigste Frau, das muß Ihnen doch
ein Hochgefühl geben. Alle Berliner Dielen! Und dieser
Rhinfluß, von dem Sie sprechen, der vielleicht eine ganze
Seeenkette verbindet, und woran mutmaßlich eine reizende
Villa liegt! Und darin hören Sie Tag und Nacht, wie
nebenan in der Mühle die Säge geht, und die dicht
herumstehenden Bäume bewegen sich leise. Mitunter
natürlich ist auch Sturm. Und Sie haben eine Pony-
Equipage für Ihre Kinder. Ich darf doch annehmen,
daß Sie Kinder haben? Wenn man so abgeschieden lebt
und so beständig aufeinander angewiesen ist ..."

auch noch nicht. Jetzt paſſen ſie ja noch leidlich. Aber
abwarten.“

„Sehr wahr, ſehr wahr,“ ſagte Czako, der, ohne
was Sicheres zu verſtehen, nur ein während des
Dubslavſchen Toaſtes ſchon gehabtes Gefühl beſtätigt
ſah, daß es mit den Katzlers was Beſonderes auf ſich
haben müſſe. Frau von Gundermann aber, den ihr un¬
bequemen Flüſterton aufgebend, fuhr mit wieder lauter
werdender Stimme fort, „wir haben den Herrn von
Stechlin, und das iſt ein Glück, und es iſt auch bloß
eine gute halbe Meile. Die meiſten andern wohnen viel
zu weit, und wenn ſie auch näher wohnten, ſie wollen
alle nicht recht; die Leute hier, mit denen wir eigentlich
Umgang haben müßten, ſind ſo difficil und legen alles
auf die Goldwage. Das heißt, vieles legen ſie nicht
auf die Goldwage, dazu reicht es bei den meiſten nicht
aus; nur immer die Ahnen. Und ſechzehn iſt das
wenigſte. Ja, wer hat gleich ſechzehn? Gundermann
iſt erſt geadelt, und wenn er nicht Glück gehabt hätte,
ſo wär' es gar nichts. Er hat nämlich klein angefangen,
bloß mit einer Mühle; jetzt haben wir nun freilich
ſieben, immer den Rhin entlang, lauter Schneidemühlen,
Bohlen und Bretter, einzöllig, zweizöllig und noch mehr.
Und die Berliner Dielen, die ſind faſt alle von uns.“

„Aber, meine gnädigſte Frau, das muß Ihnen doch
ein Hochgefühl geben. Alle Berliner Dielen! Und dieſer
Rhinfluß, von dem Sie ſprechen, der vielleicht eine ganze
Seeenkette verbindet, und woran mutmaßlich eine reizende
Villa liegt! Und darin hören Sie Tag und Nacht, wie
nebenan in der Mühle die Säge geht, und die dicht
herumſtehenden Bäume bewegen ſich leiſe. Mitunter
natürlich iſt auch Sturm. Und Sie haben eine Pony-
Equipage für Ihre Kinder. Ich darf doch annehmen,
daß Sie Kinder haben? Wenn man ſo abgeſchieden lebt
und ſo beſtändig aufeinander angewieſen iſt ...“

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[37/0044] auch noch nicht. Jetzt paſſen ſie ja noch leidlich. Aber abwarten.“ „Sehr wahr, ſehr wahr,“ ſagte Czako, der, ohne was Sicheres zu verſtehen, nur ein während des Dubslavſchen Toaſtes ſchon gehabtes Gefühl beſtätigt ſah, daß es mit den Katzlers was Beſonderes auf ſich haben müſſe. Frau von Gundermann aber, den ihr un¬ bequemen Flüſterton aufgebend, fuhr mit wieder lauter werdender Stimme fort, „wir haben den Herrn von Stechlin, und das iſt ein Glück, und es iſt auch bloß eine gute halbe Meile. Die meiſten andern wohnen viel zu weit, und wenn ſie auch näher wohnten, ſie wollen alle nicht recht; die Leute hier, mit denen wir eigentlich Umgang haben müßten, ſind ſo difficil und legen alles auf die Goldwage. Das heißt, vieles legen ſie nicht auf die Goldwage, dazu reicht es bei den meiſten nicht aus; nur immer die Ahnen. Und ſechzehn iſt das wenigſte. Ja, wer hat gleich ſechzehn? Gundermann iſt erſt geadelt, und wenn er nicht Glück gehabt hätte, ſo wär' es gar nichts. Er hat nämlich klein angefangen, bloß mit einer Mühle; jetzt haben wir nun freilich ſieben, immer den Rhin entlang, lauter Schneidemühlen, Bohlen und Bretter, einzöllig, zweizöllig und noch mehr. Und die Berliner Dielen, die ſind faſt alle von uns.“ „Aber, meine gnädigſte Frau, das muß Ihnen doch ein Hochgefühl geben. Alle Berliner Dielen! Und dieſer Rhinfluß, von dem Sie ſprechen, der vielleicht eine ganze Seeenkette verbindet, und woran mutmaßlich eine reizende Villa liegt! Und darin hören Sie Tag und Nacht, wie nebenan in der Mühle die Säge geht, und die dicht herumſtehenden Bäume bewegen ſich leiſe. Mitunter natürlich iſt auch Sturm. Und Sie haben eine Pony- Equipage für Ihre Kinder. Ich darf doch annehmen, daß Sie Kinder haben? Wenn man ſo abgeſchieden lebt und ſo beſtändig aufeinander angewieſen iſt ...“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/44>, abgerufen am 21.11.2024.