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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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"Ja, die Buschen, die weiß Bescheid. Versteht sich.
Man bloß, daß sie 'ne richtige alte Hexe is, und um
Walpurgis weiß keiner, wo sie is. Und die Mächens
gehen Sonnabends auch immer hin, wenn's schummert,
und Uncke hat auch schon welche notiert und beim Land¬
rath Anzeige gemacht. Aber sie streiten alle Stein und Bein;
und ein paar haben auch schon geschworen, sie wüßten
von gar nichts."

"Kann ich mir denken und vielleicht war's auch
nich so schlimm. Und dann, Engelke, wenn du meinst,
daß sie so gut Bescheid weiß, da wär's am Ende das
beste, du gingst mal hin oder schicktest wen. Denn deine
alten Beine wollen auch nich mehr so recht, und außer¬
dem is Schlackerwetter. Und wenn du mir auch noch
krank wirst, so hab' ich ja keine Katze mehr, die sich
um mich kümmert. Woldemar is weit weg. Und wenn
er auch in Berlin wäre, da hat er ja doch seinen Dienst
und seine Schwadron und kann nich den ganzen Tag
bei seinem alten Vater sitzen. Und außerdem, Kranken¬
pflegen ist überhaupt was Schweres; darum haben die
Katholiken auch 'nen eignen Segen dafür. Ja, die ver¬
stehn es. So was verstehn sie besser als wir."

"Nei, gnäd'ger Herr, besser doch wohl nich."

"Na, lassen wir's. So was is immer schwer fest¬
zustellen, und weil heutzutage so vieles schwer festzu¬
stellen ist, haben sich ja die Menschen auch das angeschafft,
was sie 'ne ,Enquete' nennen. Keiner kann sich freilich
so recht was dabei denken. Ich gewiß nicht. Weißt du,
was es ist?"

"Nei, gnäd'ger Herr."

"Siehst du! Du bist eben ein vernünftiger Mensch,
das merkt man gleich, und hast auch ein Einsehn davon,
daß es eigentlich am besten wäre, wenn ich zu der
Buschen schicke. Was die Leute von ihr reden, geht

„Ja, die Buſchen, die weiß Beſcheid. Verſteht ſich.
Man bloß, daß ſie 'ne richtige alte Hexe is, und um
Walpurgis weiß keiner, wo ſie is. Und die Mächens
gehen Sonnabends auch immer hin, wenn's ſchummert,
und Uncke hat auch ſchon welche notiert und beim Land¬
rath Anzeige gemacht. Aber ſie ſtreiten alle Stein und Bein;
und ein paar haben auch ſchon geſchworen, ſie wüßten
von gar nichts.“

„Kann ich mir denken und vielleicht war's auch
nich ſo ſchlimm. Und dann, Engelke, wenn du meinſt,
daß ſie ſo gut Beſcheid weiß, da wär's am Ende das
beſte, du gingſt mal hin oder ſchickteſt wen. Denn deine
alten Beine wollen auch nich mehr ſo recht, und außer¬
dem is Schlackerwetter. Und wenn du mir auch noch
krank wirſt, ſo hab' ich ja keine Katze mehr, die ſich
um mich kümmert. Woldemar is weit weg. Und wenn
er auch in Berlin wäre, da hat er ja doch ſeinen Dienſt
und ſeine Schwadron und kann nich den ganzen Tag
bei ſeinem alten Vater ſitzen. Und außerdem, Kranken¬
pflegen iſt überhaupt was Schweres; darum haben die
Katholiken auch 'nen eignen Segen dafür. Ja, die ver¬
ſtehn es. So was verſtehn ſie beſſer als wir.“

„Nei, gnäd'ger Herr, beſſer doch wohl nich.“

„Na, laſſen wir's. So was is immer ſchwer feſt¬
zuſtellen, und weil heutzutage ſo vieles ſchwer feſtzu¬
ſtellen iſt, haben ſich ja die Menſchen auch das angeſchafft,
was ſie 'ne ‚Enquete‘ nennen. Keiner kann ſich freilich
ſo recht was dabei denken. Ich gewiß nicht. Weißt du,
was es iſt?“

„Nei, gnäd'ger Herr.“

„Siehſt du! Du biſt eben ein vernünftiger Menſch,
das merkt man gleich, und haſt auch ein Einſehn davon,
daß es eigentlich am beſten wäre, wenn ich zu der
Buſchen ſchicke. Was die Leute von ihr reden, geht

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[442/0449] „Ja, die Buſchen, die weiß Beſcheid. Verſteht ſich. Man bloß, daß ſie 'ne richtige alte Hexe is, und um Walpurgis weiß keiner, wo ſie is. Und die Mächens gehen Sonnabends auch immer hin, wenn's ſchummert, und Uncke hat auch ſchon welche notiert und beim Land¬ rath Anzeige gemacht. Aber ſie ſtreiten alle Stein und Bein; und ein paar haben auch ſchon geſchworen, ſie wüßten von gar nichts.“ „Kann ich mir denken und vielleicht war's auch nich ſo ſchlimm. Und dann, Engelke, wenn du meinſt, daß ſie ſo gut Beſcheid weiß, da wär's am Ende das beſte, du gingſt mal hin oder ſchickteſt wen. Denn deine alten Beine wollen auch nich mehr ſo recht, und außer¬ dem is Schlackerwetter. Und wenn du mir auch noch krank wirſt, ſo hab' ich ja keine Katze mehr, die ſich um mich kümmert. Woldemar is weit weg. Und wenn er auch in Berlin wäre, da hat er ja doch ſeinen Dienſt und ſeine Schwadron und kann nich den ganzen Tag bei ſeinem alten Vater ſitzen. Und außerdem, Kranken¬ pflegen iſt überhaupt was Schweres; darum haben die Katholiken auch 'nen eignen Segen dafür. Ja, die ver¬ ſtehn es. So was verſtehn ſie beſſer als wir.“ „Nei, gnäd'ger Herr, beſſer doch wohl nich.“ „Na, laſſen wir's. So was is immer ſchwer feſt¬ zuſtellen, und weil heutzutage ſo vieles ſchwer feſtzu¬ ſtellen iſt, haben ſich ja die Menſchen auch das angeſchafft, was ſie 'ne ‚Enquete‘ nennen. Keiner kann ſich freilich ſo recht was dabei denken. Ich gewiß nicht. Weißt du, was es iſt?“ „Nei, gnäd'ger Herr.“ „Siehſt du! Du biſt eben ein vernünftiger Menſch, das merkt man gleich, und haſt auch ein Einſehn davon, daß es eigentlich am beſten wäre, wenn ich zu der Buſchen ſchicke. Was die Leute von ihr reden, geht

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/449>, abgerufen am 22.11.2024.