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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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alles herstammt, ... ... Dubslav, Warum
bist du nicht bei den grünen Tropfen geblieben und
bei Sponholz? Seine Frau war eine Pfarrerstochter
aus Kuhdorf."

"Hat ihr auch nichts geholfen. Und nu sitzt sie
mit ihm in Pfäffers, einem Schweizerbadeort, und
da schmoren sie gemeinschaftlich in einem Backofen.
Er hat es mir selbst erzählt, daß es ein Backofen is."


Der erste Tag war immerhin ganz leidlich ver¬
laufen. Adelheid erzählte von Fix, von der Schmar¬
gendorff und der Schimonski und zuletzt auch von
Maurermeister Lebenius in Berlin, der in Wutz eine
Ferienkolonie gründen wolle. "Gott, wir kriegen dann
so viel armes Volk in unsern Ort und noch dazu lauter
Berliner Bälge mit Plieraugen. Aber die grünen Wiesen
sollen ja gut dafür sein und unser See soll Jod haben,
freilich wenig, aber doch so, daß man's noch gerade
finden kann." Adelheid sprach in einem fort, derart,
daß Dubslav kaum zu Wort kommen konnte. Gelang es
ihm aber, so fuhr sie rasch dazwischen, trotzdem sie be¬
ständig versicherte, daß sie gekommen sei, ihn zu pflegen,
und nur, wenn er auf Woldemar das Gespräch brachte,
hörte sie mit einiger Aufmerksamkeit zu. Freilich, die
italienischen Reisemitteilungen als solche waren ihr lang¬
weilig, und nur bei Nennung bestimmter Namen, unter
denen "Tintoretto" und "Santa Maria Novella" oben¬
an standen, erheiterte sie sich sichtlich. Ja, sie kicherte
dabei fast so vergnügt wie die Schmargendorff. Ein
wirkliches, nicht ganz flüchtiges Interesse (wenn auch
freilich kein freundliches) zeigte sie nur, wenn Dubslav
von der jungen Frau sprach und hinzusetzte: "Sie hat
so was Unberührtes."

alles herſtammt, ... ... Dubslav, Warum
biſt du nicht bei den grünen Tropfen geblieben und
bei Sponholz? Seine Frau war eine Pfarrerstochter
aus Kuhdorf.“

„Hat ihr auch nichts geholfen. Und nu ſitzt ſie
mit ihm in Pfäffers, einem Schweizerbadeort, und
da ſchmoren ſie gemeinſchaftlich in einem Backofen.
Er hat es mir ſelbſt erzählt, daß es ein Backofen is.“


Der erſte Tag war immerhin ganz leidlich ver¬
laufen. Adelheid erzählte von Fix, von der Schmar¬
gendorff und der Schimonski und zuletzt auch von
Maurermeiſter Lebenius in Berlin, der in Wutz eine
Ferienkolonie gründen wolle. „Gott, wir kriegen dann
ſo viel armes Volk in unſern Ort und noch dazu lauter
Berliner Bälge mit Plieraugen. Aber die grünen Wieſen
ſollen ja gut dafür ſein und unſer See ſoll Jod haben,
freilich wenig, aber doch ſo, daß man's noch gerade
finden kann.“ Adelheid ſprach in einem fort, derart,
daß Dubslav kaum zu Wort kommen konnte. Gelang es
ihm aber, ſo fuhr ſie raſch dazwiſchen, trotzdem ſie be¬
ſtändig verſicherte, daß ſie gekommen ſei, ihn zu pflegen,
und nur, wenn er auf Woldemar das Geſpräch brachte,
hörte ſie mit einiger Aufmerkſamkeit zu. Freilich, die
italieniſchen Reiſemitteilungen als ſolche waren ihr lang¬
weilig, und nur bei Nennung beſtimmter Namen, unter
denen „Tintoretto“ und „Santa Maria Novella“ oben¬
an ſtanden, erheiterte ſie ſich ſichtlich. Ja, ſie kicherte
dabei faſt ſo vergnügt wie die Schmargendorff. Ein
wirkliches, nicht ganz flüchtiges Intereſſe (wenn auch
freilich kein freundliches) zeigte ſie nur, wenn Dubslav
von der jungen Frau ſprach und hinzuſetzte: „Sie hat
ſo was Unberührtes.“

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[460/0467] alles herſtammt, ... ... Dubslav, Warum biſt du nicht bei den grünen Tropfen geblieben und bei Sponholz? Seine Frau war eine Pfarrerstochter aus Kuhdorf.“ „Hat ihr auch nichts geholfen. Und nu ſitzt ſie mit ihm in Pfäffers, einem Schweizerbadeort, und da ſchmoren ſie gemeinſchaftlich in einem Backofen. Er hat es mir ſelbſt erzählt, daß es ein Backofen is.“ Der erſte Tag war immerhin ganz leidlich ver¬ laufen. Adelheid erzählte von Fix, von der Schmar¬ gendorff und der Schimonski und zuletzt auch von Maurermeiſter Lebenius in Berlin, der in Wutz eine Ferienkolonie gründen wolle. „Gott, wir kriegen dann ſo viel armes Volk in unſern Ort und noch dazu lauter Berliner Bälge mit Plieraugen. Aber die grünen Wieſen ſollen ja gut dafür ſein und unſer See ſoll Jod haben, freilich wenig, aber doch ſo, daß man's noch gerade finden kann.“ Adelheid ſprach in einem fort, derart, daß Dubslav kaum zu Wort kommen konnte. Gelang es ihm aber, ſo fuhr ſie raſch dazwiſchen, trotzdem ſie be¬ ſtändig verſicherte, daß ſie gekommen ſei, ihn zu pflegen, und nur, wenn er auf Woldemar das Geſpräch brachte, hörte ſie mit einiger Aufmerkſamkeit zu. Freilich, die italieniſchen Reiſemitteilungen als ſolche waren ihr lang¬ weilig, und nur bei Nennung beſtimmter Namen, unter denen „Tintoretto“ und „Santa Maria Novella“ oben¬ an ſtanden, erheiterte ſie ſich ſichtlich. Ja, ſie kicherte dabei faſt ſo vergnügt wie die Schmargendorff. Ein wirkliches, nicht ganz flüchtiges Intereſſe (wenn auch freilich kein freundliches) zeigte ſie nur, wenn Dubslav von der jungen Frau ſprach und hinzuſetzte: „Sie hat ſo was Unberührtes.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 460. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/467>, abgerufen am 22.11.2024.