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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Es war wohl schon sieben, -- die Parkbäume hinter
dem Vorgarten lagen bereits in einem hellen Schein --
als Engelke zu dem Kinde herantrat und es weckte.
"Steih upp, Agnes."

"Is he dod?"

"Nei. He slöppt en beten. Un ick glöw, et sitt
em nich mihr so upp de Bost."

"Ick grul' mi so."

"Dat brukst du nich. Un kann ook sinn, he slöppt
sich wedder gesunn . . . Un nu, steih upp un bind di
ook en Doog um 'n Kopp. Et is noch en beten küll
drut. Un denn geih in 'n Goaren un plück em (wenn
du wat finnst) en beten Krokus oder wat et sünsten is."

Die Kleine trat auch leise durch die Balkonthür auf
die Veranda hinaus und ging auf das Rundell zu, um
nach ein paar Blumen zu suchen. Sie fand auch allerlei;
das beste waren Schneeglöckchen. Und nun ging sie,
mit den Blumen in der Hand, noch ein paar mal auf
und ab und sah, wie die Sonne drüben aufstieg. Sie
fröstelte. Zugleich aber kam ihr ein Gefühl des Lebens.
Dann trat sie wieder in das Zimmer und ging auf den
Stuhl zu, wo Dubslav saß. Engelke, die Hände ge¬
faltet, stand neben seinem Herrn.

Das Kind trat heran und legte die Blumen dem
Alten auf den Schoß.

"Dat sinn de ihrsten," sagte Engelke, "un wihren
ook woll de besten sinn."


Es war wohl ſchon ſieben, — die Parkbäume hinter
dem Vorgarten lagen bereits in einem hellen Schein —
als Engelke zu dem Kinde herantrat und es weckte.
„Steih upp, Agnes.“

„Is he dod?“

„Nei. He ſlöppt en beten. Un ick glöw, et ſitt
em nich mihr ſo upp de Boſt.“

„Ick grul' mi ſo.“

„Dat brukſt du nich. Un kann ook ſinn, he ſlöppt
ſich wedder geſunn . . . Un nu, ſteih upp un bind di
ook en Doog um ’n Kopp. Et is noch en beten küll
drut. Un denn geih in 'n Goaren un plück em (wenn
du wat finnſt) en beten Krokus oder wat et ſünſten is.“

Die Kleine trat auch leiſe durch die Balkonthür auf
die Veranda hinaus und ging auf das Rundell zu, um
nach ein paar Blumen zu ſuchen. Sie fand auch allerlei;
das beſte waren Schneeglöckchen. Und nun ging ſie,
mit den Blumen in der Hand, noch ein paar mal auf
und ab und ſah, wie die Sonne drüben aufſtieg. Sie
fröſtelte. Zugleich aber kam ihr ein Gefühl des Lebens.
Dann trat ſie wieder in das Zimmer und ging auf den
Stuhl zu, wo Dubslav ſaß. Engelke, die Hände ge¬
faltet, ſtand neben ſeinem Herrn.

Das Kind trat heran und legte die Blumen dem
Alten auf den Schoß.

„Dat ſinn de ihrſten,“ ſagte Engelke, „un wihren
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[495/0502] Es war wohl ſchon ſieben, — die Parkbäume hinter dem Vorgarten lagen bereits in einem hellen Schein — als Engelke zu dem Kinde herantrat und es weckte. „Steih upp, Agnes.“ „Is he dod?“ „Nei. He ſlöppt en beten. Un ick glöw, et ſitt em nich mihr ſo upp de Boſt.“ „Ick grul' mi ſo.“ „Dat brukſt du nich. Un kann ook ſinn, he ſlöppt ſich wedder geſunn . . . Un nu, ſteih upp un bind di ook en Doog um ’n Kopp. Et is noch en beten küll drut. Un denn geih in 'n Goaren un plück em (wenn du wat finnſt) en beten Krokus oder wat et ſünſten is.“ Die Kleine trat auch leiſe durch die Balkonthür auf die Veranda hinaus und ging auf das Rundell zu, um nach ein paar Blumen zu ſuchen. Sie fand auch allerlei; das beſte waren Schneeglöckchen. Und nun ging ſie, mit den Blumen in der Hand, noch ein paar mal auf und ab und ſah, wie die Sonne drüben aufſtieg. Sie fröſtelte. Zugleich aber kam ihr ein Gefühl des Lebens. Dann trat ſie wieder in das Zimmer und ging auf den Stuhl zu, wo Dubslav ſaß. Engelke, die Hände ge¬ faltet, ſtand neben ſeinem Herrn. Das Kind trat heran und legte die Blumen dem Alten auf den Schoß. „Dat ſinn de ihrſten,“ ſagte Engelke, „un wihren ook woll de beſten ſinn.“

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/502>, abgerufen am 24.11.2024.