Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, still und schmerzlos, das Zeitliche gesegnet hatte. Lorenzen wurde gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde später war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht von des Alten Tode den im Kreise Zunächstwohnenden überbringen sollte, voran der Domina, dann Koseleger, dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.
Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard. Adelheid machte dem gräflichen Hause kurz und förmlich die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter gleichzeitiger Mitteilung, "daß das Begräbnis am Sonn¬ abend mittag stattfinden werde." Der Brief Armgards aber lautete: "Liebe Melusine! Wir bleiben noch bis morgen hier, -- noch einmal das Forum, noch ein¬ mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und das ist für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der größte Trost. Wir gehen nun nach Capri, aber in Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag in Monte Cassino, wo (verzeih meine Weisheit) das ganze Ordenswesen entstanden sein soll. Ich liebe
Dreiundvierzigſtes Kapitel.
Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, ſtill und ſchmerzlos, das Zeitliche geſegnet hatte. Lorenzen wurde gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde ſpäter war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht von des Alten Tode den im Kreiſe Zunächſtwohnenden überbringen ſollte, voran der Domina, dann Koſeleger, dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.
Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard. Adelheid machte dem gräflichen Hauſe kurz und förmlich die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter gleichzeitiger Mitteilung, „daß das Begräbnis am Sonn¬ abend mittag ſtattfinden werde.“ Der Brief Armgards aber lautete: „Liebe Meluſine! Wir bleiben noch bis morgen hier, — noch einmal das Forum, noch ein¬ mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und das iſt für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der größte Troſt. Wir gehen nun nach Capri, aber in Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag in Monte Caſſino, wo (verzeih meine Weisheit) das ganze Ordensweſen entſtanden ſein ſoll. Ich liebe
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0503"n="[496]"/><divn="2"><head><hirendition="#b #g">Dreiundvierzigſtes Kapitel.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, ſtill und<lb/>ſchmerzlos, das Zeitliche geſegnet hatte. Lorenzen wurde<lb/>
gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde ſpäter<lb/>
war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht<lb/>
von des Alten Tode den im Kreiſe Zunächſtwohnenden<lb/>
überbringen ſollte, voran der Domina, dann Koſeleger,<lb/>
dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys<lb/>
ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard.<lb/>
Adelheid machte dem gräflichen Hauſe kurz und förmlich<lb/>
die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter<lb/>
gleichzeitiger Mitteilung, „daß das Begräbnis am Sonn¬<lb/>
abend mittag ſtattfinden werde.“ Der Brief Armgards<lb/>
aber lautete: „Liebe Meluſine! Wir bleiben noch bis<lb/>
morgen hier, — noch einmal das Forum, noch ein¬<lb/>
mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der<lb/>
Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und<lb/>
das iſt für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der<lb/>
größte Troſt. Wir gehen nun nach Capri, aber in<lb/>
Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag<lb/>
in Monte Caſſino, wo (verzeih meine Weisheit) das<lb/>
ganze Ordensweſen entſtanden ſein ſoll. Ich liebe<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[496]/0503]
Dreiundvierzigſtes Kapitel.
Es war Mittwoch früh, daß Dubslav, ſtill und
ſchmerzlos, das Zeitliche geſegnet hatte. Lorenzen wurde
gerufen; auch Kluckhuhn kam, und eine Stunde ſpäter
war ein Gemeindediener unterwegs, der die Nachricht
von des Alten Tode den im Kreiſe Zunächſtwohnenden
überbringen ſollte, voran der Domina, dann Koſeleger,
dann Katzlers und zuletzt den beiden Gundermanns.
Den Tag drauf trafen zwei Briefe bei den Barbys
ein, der eine von Adelheid, der andre von Armgard.
Adelheid machte dem gräflichen Hauſe kurz und förmlich
die Anzeige von dem Ableben ihres Bruders, unter
gleichzeitiger Mitteilung, „daß das Begräbnis am Sonn¬
abend mittag ſtattfinden werde.“ Der Brief Armgards
aber lautete: „Liebe Meluſine! Wir bleiben noch bis
morgen hier, — noch einmal das Forum, noch ein¬
mal den Palatin. Ich werde heute noch aus der
Fontana Trevi trinken, dann kommt man wieder, und
das iſt für jeden, der Rom verläßt, bekanntlich der
größte Troſt. Wir gehen nun nach Capri, aber in
Etappen, und bleiben unter anderm einen halben Tag
in Monte Caſſino, wo (verzeih meine Weisheit) das
ganze Ordensweſen entſtanden ſein ſoll. Ich liebe
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. [496]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/503>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.