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Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899.

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Klöster, wenn auch nicht für mich persönlich. Neapel
berühren wir nur kurz und gehen gleich bis Amalfi,
wenn wir nicht das höher gelegene Ravello bevorzugen.
Dann erst über Sorrent nach Capri, dem eigentlichen
Ziel unsrer Reise. Wir werden nicht bei Pagano
wohnen, wo, bei allem Respekt vor der Kunst, zu viel
Künstler sind, sondern weiter abwärts, etwa auf halber
Höhe. Wir haben von hier aus eine Empfehlung. In
acht Tagen sind wir sicher da. Sorge, daß wir dann
einen Brief von dir vorfinden. Vorher sind wir so
gut wie unerreichbar, ein Zustand, den ich mir als
Kind immer gewünscht und mir als etwas ganz be¬
sonders Poetisches vorgestellt habe. Küsse meinen alten
Papa. Nach Stechlin hin tausend Grüße, vor allem
aber bleibe, was du jederzeit warst: die Schwester, die
Mutter (nur nicht die Tante) deiner glücklichen, dich
immer und immer wieder zärtlich liebenden Armgard."

Armgards Brief kam kaum zu seinem Recht, weil
sowohl der alte Graf wie Melusine ganz der Erwägung
lebten, ob es nicht, trotz Armgards gegenteiliger Vorweg¬
versicherung, vielleicht doch noch möglich sein würde, das
junge Paar irgendwo telegraphisch zu erreichen; aber es
ging nicht, man mußt es aufgeben und sich begnügen,
allerpersönlichst Vorbereitungen für die Fahrt nach
Stechlin hin zu treffen. Des alten Grafen Befinden
war nicht das beste, so daß seitens des Hausarztes sein
Fernbleiben von dem Begräbnis dringend gewünscht
wurde. Daran aber war gar nicht zu denken. Und
so brachen denn Vater und Tochter am Sonnabend früh
nach Stechlin hin auf. Jeserich wurde mitgenommen,
um für alle Fälle zur Hand zu sein. Es war Pracht¬
wetter, aber scharfe Luft, so daß man trotz Sonnen¬
schein fröstelte.


Fontane, Der Stechlin. 32

Klöſter, wenn auch nicht für mich perſönlich. Neapel
berühren wir nur kurz und gehen gleich bis Amalfi,
wenn wir nicht das höher gelegene Ravello bevorzugen.
Dann erſt über Sorrent nach Capri, dem eigentlichen
Ziel unſrer Reiſe. Wir werden nicht bei Pagano
wohnen, wo, bei allem Reſpekt vor der Kunſt, zu viel
Künſtler ſind, ſondern weiter abwärts, etwa auf halber
Höhe. Wir haben von hier aus eine Empfehlung. In
acht Tagen ſind wir ſicher da. Sorge, daß wir dann
einen Brief von dir vorfinden. Vorher ſind wir ſo
gut wie unerreichbar, ein Zuſtand, den ich mir als
Kind immer gewünſcht und mir als etwas ganz be¬
ſonders Poetiſches vorgeſtellt habe. Küſſe meinen alten
Papa. Nach Stechlin hin tauſend Grüße, vor allem
aber bleibe, was du jederzeit warſt: die Schweſter, die
Mutter (nur nicht die Tante) deiner glücklichen, dich
immer und immer wieder zärtlich liebenden Armgard.“

Armgards Brief kam kaum zu ſeinem Recht, weil
ſowohl der alte Graf wie Meluſine ganz der Erwägung
lebten, ob es nicht, trotz Armgards gegenteiliger Vorweg¬
verſicherung, vielleicht doch noch möglich ſein würde, das
junge Paar irgendwo telegraphiſch zu erreichen; aber es
ging nicht, man mußt es aufgeben und ſich begnügen,
allerperſönlichſt Vorbereitungen für die Fahrt nach
Stechlin hin zu treffen. Des alten Grafen Befinden
war nicht das beſte, ſo daß ſeitens des Hausarztes ſein
Fernbleiben von dem Begräbnis dringend gewünſcht
wurde. Daran aber war gar nicht zu denken. Und
ſo brachen denn Vater und Tochter am Sonnabend früh
nach Stechlin hin auf. Jeſerich wurde mitgenommen,
um für alle Fälle zur Hand zu ſein. Es war Pracht¬
wetter, aber ſcharfe Luft, ſo daß man trotz Sonnen¬
ſchein fröſtelte.


Fontane, Der Stechlin. 32
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[497/0504] Klöſter, wenn auch nicht für mich perſönlich. Neapel berühren wir nur kurz und gehen gleich bis Amalfi, wenn wir nicht das höher gelegene Ravello bevorzugen. Dann erſt über Sorrent nach Capri, dem eigentlichen Ziel unſrer Reiſe. Wir werden nicht bei Pagano wohnen, wo, bei allem Reſpekt vor der Kunſt, zu viel Künſtler ſind, ſondern weiter abwärts, etwa auf halber Höhe. Wir haben von hier aus eine Empfehlung. In acht Tagen ſind wir ſicher da. Sorge, daß wir dann einen Brief von dir vorfinden. Vorher ſind wir ſo gut wie unerreichbar, ein Zuſtand, den ich mir als Kind immer gewünſcht und mir als etwas ganz be¬ ſonders Poetiſches vorgeſtellt habe. Küſſe meinen alten Papa. Nach Stechlin hin tauſend Grüße, vor allem aber bleibe, was du jederzeit warſt: die Schweſter, die Mutter (nur nicht die Tante) deiner glücklichen, dich immer und immer wieder zärtlich liebenden Armgard.“ Armgards Brief kam kaum zu ſeinem Recht, weil ſowohl der alte Graf wie Meluſine ganz der Erwägung lebten, ob es nicht, trotz Armgards gegenteiliger Vorweg¬ verſicherung, vielleicht doch noch möglich ſein würde, das junge Paar irgendwo telegraphiſch zu erreichen; aber es ging nicht, man mußt es aufgeben und ſich begnügen, allerperſönlichſt Vorbereitungen für die Fahrt nach Stechlin hin zu treffen. Des alten Grafen Befinden war nicht das beſte, ſo daß ſeitens des Hausarztes ſein Fernbleiben von dem Begräbnis dringend gewünſcht wurde. Daran aber war gar nicht zu denken. Und ſo brachen denn Vater und Tochter am Sonnabend früh nach Stechlin hin auf. Jeſerich wurde mitgenommen, um für alle Fälle zur Hand zu ſein. Es war Pracht¬ wetter, aber ſcharfe Luft, ſo daß man trotz Sonnen¬ ſchein fröſtelte. Fontane, Der Stechlin. 32

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Zitationshilfe: Fontane, Theodor: Der Stechlin. Berlin, 1899, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fontane_stechlin_1899/504>, abgerufen am 24.11.2024.